Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.
beendet, ziehen wir weiter nach El Acebo. Im halbverlassenen Ort Manjarín kehren wir auf eine weitere Cola bei den Tempelrittern ein. Die vier kräftigen Männer betreiben hier eine Herberge, die einem Kuhstall gleicht und offerieren den Übernachtungsgästen sowohl Brunnenwasser zum Waschen als auch ein Plumpsklo. Mahlzeiten werden stets gemeinsam zelebriert, verkünden sie und versuchen, Cornelia und mich zu einer Übernachtung zu überreden. Wir kommen tatsächlich ins Grübeln, weil das Flair hier schon irgendwie cool ist. Der Templerorden wurde im 12. Jahrhundert gegründet und ihre Angehörigen sind dafür bekannt, dass sie Jakobspilger unterstützen und beschützen. Früher haben sie sogar das Geld der Pilgernden auf ihrer langen gefährlichen Reise verwaltet und bewacht.
Ritterliche Hilfsbereitschaft hin oder her; wir laufen weiter. Der Abstieg zieht sich lange und ist abschnittsweise sehr steinig und steil. Irgendwann einigen wir beide uns auf eine Pinkelpause und stoppen. Die besten Möglichkeiten sich zu 100 Prozent im Gestrüpp zu verschanzen sind das hier zwar nicht; aber egal, es kommt ja niemand! Radpilger sollen hier die Straße benutzen und auf unserem Weg sind weit und breit keine Menschen in Sicht.
Wir hocken uns also kollektiv an den Rand des Pfades und lauschen schweigend den Geräuschen der Natur. Auf einmal düst, wie aus dem Nichts, urplötzlich ein Fahrradfahrer an uns vorbei, blickt uns in die erschrockenen Gesichter und zwitschert uns zu allem Übel den klassischen Pilgergruß „Buen Camino!“ beherzt zu. Erwidern oder bedanken ist im Moment nicht drin. Lachend wandern wir weiter. Ziemlich erschöpft kommen wir am Abend in El Acebo an. Ist schon erstaunlich, dass wir für 15 Kilometer die gleiche Zeit brauchen, wie für die doppelte Distanz. Unsere erschöpften Gemüter sind jedoch hellwach, als wir vor einem Supermarkt von einer sehr vertrauten Stimme in englischer Sprache gerufen werden: Unsere Ladies! Fantastisch, das sind sie ja doch wieder! Wir fallen uns alle fröhlich in die Arme und machen wie immer Fotos. Zwei Minuten später und wir hätten die Drei nicht mehr getroffen. Gut, dass wir uns gegen eine Nacht bei den Rittern entschieden haben. So haben wir die Möglichkeit ihnen mitzuteilen, dass wir am folgenden Tag mit dem Zug von Ponferrada nach Sarria fahren werden. Aus Zeitgründen wollten sie sowieso noch einmal mit dem Schienenbus ein paar Kilometer überspringen und so verabreden wir uns alle am Bahnhof.
Die Abfahrtzeiten haben Cornelia und ich schon im Touristbüro in Astorga in Erfahrung gebracht. Wir haben uns zwar nicht an einer streng geplanten Zeit festgehalten, aber empfanden es für sinnvoll uns schon einmal zu informieren und zu kümmern.
Genau diese Art von Lebenseinstellung sollten wir auch auf jeden Fall versuchen, mit in den Alltag zu nehmen. Es ist wichtig, erst einmal alle Weichen zu stellen und sich grundlegend zu kümmern, aber sich an starren Lebenszielen festzuklammern, ist wenig erfüllend. Natürlich haben wir Wünsche und Zukunftsideen, aber wenn diese nicht in der erhofften Form erreichbar sind, sollten wir Platz machen für Alternativen und nicht tatenlos vor einem großen schwarzen Loch verharren. Auch wenn wir es uns manchmal schwer vorstellen können, ist doch alles für irgendetwas gut. Wir müssen nur lernen, abwarten zu können. Der Jakobsweg zeigt uns fast tagtäglich, dass es funktioniert. Alles fügt sich von ganz allein. Ob das die erhoffte Erfrischung in der knalligen Mittagssonne ist oder unser verpatztes, erstes Zug-Date mit den Kanadierinnen, das dank Christa ja doch noch zum Happy End führte. Wir werden hier allmählich gelassener, geduldiger und viel entspannter. Ein sehr sicheres und erfüllendes Gefühl.
19. Pilgertag
ETAPPENZIELE: PONFERRADA UND SARRIA
Am kommenden Tag brechen wir 9:00 Uhr an unserem geheimen Campingplatz inmitten von Gestrüpp und flatternder „Anti-Brumm-Beute“ auf. Sehr zeitig in Ponferrada angekommen, nutzen wir die folgenden Stunden zum Bummeln und Kaffeetrinken mit Jochen und Hademar. Die beiden überaus sympathischen Rostocker sticheln sich gegenseitig wie ein altes Ehepaar und brechen bald wieder auf, weil Hademar noch auf der Suche nach einem schönen Motiv zum Malen ist. Er zeigt uns einige seiner wundervollen Bilder und wir sind begeistert von seinen Kunstwerken. Einiges erkennen wir wieder und vieles ist uns auf unserem bisherigen Weg leider gar nicht aufgefallen. Schade! Aber dafür wissen
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