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Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.

Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.

Titel: Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mady Host
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wir, wo es die breitesten Ameisenstraßen, die tollsten Brombeeren und die süßesten Weintrauben gibt. Zum Spätnachmittag schlendern wir Richtung Bahnhof und treffen auch sofort auf Rita, Rochelle und Isabel. Wir kaufen uns zwei Fahrkarten und sind erleichtert, als wir hören, dass die Ladies beim diesmaligen Ticketverkauf anständig behandelt worden sind.
    Nach einer Weile des Wartens bemerken wir, dass wir feste Platzkarten haben und gar nicht beieinander sitzen können. Daraufhin kämpft ein sehr engagierter Sicherheitsmann unermüdlich für zusammenhängende Sitzplätze und ist dabei zum Glück erfolgreich. Dieses Mal springen wir auch nicht bei jedem x-beliebigen Zug auf, sondern warten brav auf das richtige Fahrzeug.
    Die Fahrtdauer beträgt für 90 Kilometer zwei Stunden. Aus irgendeinem Grund bleiben wir nach so einem seltsamen Rumpeln dann auch noch eine Weile an einem Minibahnhof stehen. Gott sei Dank ist scheinbar alles in Ordnung und wir setzten die Fahrt nach einigen Minuten fort. Rochelle erinnert sich mittlerweile an ein ungutes Erlebnis mit der kanadischen Bahn: Als sie einst in ihre Heimatstadt
    Toronto fuhr, entgleiste der hintere Teil ihres Zuges und landete, aus nicht nachvollziehbaren Gründen, ordnungsgemäß zurück auf den Schienen. Rochelle saß im mittleren Teil des Zuges und konnte sehen, wie ein Waggon seitlich heraus schlenkerte und auf wundersame Weise einfach zurückkehrte. Technisch ist das nicht zu erklären, sagt sie. Auch wir erreichen Sarria wohlbehalten. Ab diesem Ort beginnen die letzten 100 Kilometer des Jakobsweges. Jeder der diese Strecke komplett zu Fuß zurücklegt, kann in Santiago seine Pilgerurkunde erhalten. Nach dem Aussteigen sorge ich für einen Mordsgaudi. Um den Bahnhof verlassen zu können, müssen wir direkt über die Gleise laufen. Eine Unterführung oder Ähnliches gibt es hier nicht. Die drei Ladies gehen voran und als sie sich gerade auf den Schienen befinden, sage ich bewusst scherzhaft: „A train is coming!“ — „Da kommt ein Zug!“. „Really?“ — „Wirklich?“ entgegnen sie entsetzt und huschen flink in Sicherheit. Meinen Witz nehmen sie mir nicht übel und es schüttelt uns vor Lachen.
    Als nächstes zerstöre ich das Fotomotiv zweier Asiatinnen. Die Mädels lassen sich gerade knipsen, als ich eine von ihnen beim Umdrehen mit meinem Rucksack erwische. Weil die asiatische Durchschnittsfrau nicht so riesig ist, habe ich die Mädels schlichtweg übersehen. Jedenfalls sorgt mein Opfer durch den verpassten Schub für ein bewegtes Foto. Wie immer, wenn mir so etwas passiert, platzt Cornelia fast vor Lachen und wir stellen uns vor, wie das fertige Foto wohl aussehen werde: Zwei Asiatinnen: eine steht still und lächelt, während die andere der Kamera buchstäblich entgegen segelt. Im Hintergrund mein wuchtiger Zwölf-Kilogramm-Rucksack. Ein beschauliches Motiv! In der hässlichen Stadt Sarria versagen wir in unserer Gelassenheit und nehmen uns vorschnell zwei Betten für gepfefferte zehn Euro in einem Viererzimmer. Wir sind schon um 20:30 Uhr mucksmäuschenstill und nur noch mit Stirnlampen unterwegs, weil das schwedische Ehepaar in unserem Zimmer schon schläft.

20. Pilgertag
    ETAPPENZIEL: NATURCAMPINGPLATZ HINTER SARRIA

    Die Nacht war sehr angenehm und wir müssen erst gegen viertel neun aufstehen. Auf der Suche nach einem Supermarkt stellen wir fest, dass es in der Stadt nur so von Herbergen wimmelt. Unsere Ungeduld bei der Unterkunftssuche am Vorabend wurde zu Recht mit zehn Euro und halbwarmem Duschwasser geahndet. Der Supermarkt macht erst halb zehn auf, so stehen wir also eine viertel Stunde zu früh vor der Automatiktür und sehen sehnsüchtig herein. Die Mitarbeiter darin werden sich wohl ihren Teil denken. Sieht von innen sicher spaßig aus, wie zwei Mädels mit großen Stöcken und Rucksäcken ihre Nasen an der Glasscheibe platt drücken.
    Halb zehn: Die Pforten öffnen sich und wir werden endlich hereingelassen. Für zwölf Euro kaufen wir für zwei volle Tage ein und unser Wagen ist sowohl mit Herzhaftem als auch mit Süßigkeiten gefüllt. Als wären wir Bewohner eines Landes, in dem es nichts Süßes gibt, reißen wir gleich hinter der Kasse sämtliche Keks- und Schokoladenpackungen auf und kosten wild durcheinander.
    Mit einem Zuckerschock, aber dennoch gut gestärkt, verlassen wir den unschönen Ort und treffen dabei auf einen alten Bekannten. Einer der hübschen Radfahrer, die uns am Eisenkreuz unaufhörlich fotografierten,

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