Zwei Maenner fuer Miss Darcy
herunter und schlendert durch das Büro zurück.
»Tut mir leid, Niall«, spreche ich in den Hörer und achte gleichzeitig darauf, das Voodoo-Magazin dieses Mal auch wirklich in meinem Papierkorb verschwinden zu lassen. »Eine meiner Kolleginnen hatte eine Frage, die leider keinen Aufschub duldete.«
»Kein Problem«, erwidert Niall. »Sie kommen doch am kommenden Wochenende herüber und verstreuen die Asche, nicht wahr, Darcy? Das hätte sich Ihre Tante sehr gewünscht. Und wenn Sie dann schon mal da sind, können Sie sich gleichzeitig auf der Insel umschauen. Das kann doch nicht schaden, oder?«
Er hat Recht; ich werde einfach nur ihre Asche verstreuen. Wenigstens das bin ich meiner Tante Molly schuldig, nicht wahr? Das bedeutet schließlich nicht, dass ich mich sofort zu irgendetwas verpflichte.
»Na gut«, seufze ich ins Telefon. »Sie haben gewonnen, Niall. Ich komme am Wochenende. Sie arrangieren alles mit diesem Handwerker?«
»Dermot. Natürlich. Sie werden es nicht bedauern, Darcy, da bin ich mir ziemlich sicher.«
Vielleicht, denke ich, während Niall mich über alle wichtigen Details der Anreise informiert. Aber mal ehrlich – wird der Besuch einer abgelegenen Insel Mitte Januar meine Entscheidung dahingehend beeinflussen können, dass ich plötzlich dort leben will? Die einzige Möglichkeit, wie das passieren könnte, besteht darin, dass der Ausflug mein Gedächtnis wachrüttelt und es einige der verlorenen Erinnerungen an meine Tante wieder hergibt, die immer noch beharrlich in dem verschlossenen Karton in meinem Kopf versteckt sind.
5
A ls ich an diesem Abend in meine Wohnung zurückkehre und die Post aufhebe, die kreuz und quer auf der Fußmatte vor der Tür verteilt liegt, ist mir schon klar, was es mit der Mehrzahl der Briefe auf sich hat, und das, ohne sie zu öffnen: Es sind Rechnungen. Ich werfe sie auf den kleinen Tisch neben der Tür, auf dem schon all die anderen Rechnungen einen eigentlich ganz hübschen weißen und braunen Stapel bilden. Danach betrete ich die Wohnung, um zu sehen, ob Roxi zuhause ist. Aber die Stille, die mich beim Eintreten empfängt, ist ein erster Hinweis darauf, dass sie nicht da ist – neben der Tatsache, dass die Wohnung immer noch halbwegs aufgeräumt aussieht, so wie ich sie heute Morgen verlassen habe. Wäre Roxi zuhause, würde die letzte Ausgabe von OK! oder Heat auf dem Sofa herumliegen, und MTV würde lautstark über den Bildschirm flimmern. Satelliten-TV ist ein Luxus, ohne den ich gut leben könnte; meine hartverdienten Kröten würde ich eher für neue Schuhe oder eine Tasche ausgeben. Doch Roxi hatte mal eine Weile lang diesen Freund, der uns ein System installiert hat, mit dem wir umsonst schauen können. Damals hielt ich es für das Beste, nicht allzu viele Fragen zu stellen. Aber so ist meine Mitbewohnerin eben: In dem Pub, in dem sie arbeitet, lernt sie so viele Leute kennen, dass man vorher nie genau weiß, wen sie abends mit nachhause bringt. Allerdings muss ich mir keine Sorgen um Roxi machen; sie schafft es immer, wieder auf die Füße zu fallen. So ist sie eben.
Darum fange ich also ausnahmsweise einmal umgeben von einer wohligen Stille an, mich aufzubrezeln, um gleich auszugehen. Als ich mein brandneues und in einen Kleidersack gehülltes Stella-McCartney-Kleid aus dem Schrank hole, genieße ich die Vorfreude darauf, mich endlich in diese hinreißende Kreation zu hüllen. Seit ich das Kleid kurz vor Weihnachten bei Selfridges entdeckt habe, bin ich verzweifelt auf der Suche nach einer passenden Gelegenheit, um es zu tragen. Es ist ein kurzes creme- und rosafarbenes Etuikleid, das von oben bis unten mit den atemberaubendsten Pailletten besetzt ist. Bei meinem ersten, eher beiläufigen Blick auf das Preisschild war ich beinahe in Ohnmacht gefallen. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich nach dem Anprobieren mindestens eine Minute lang in der Umkleidekabine gestanden und darüber nachgedacht habe, ob ich nicht doch lieber abwarten sollte, ob es nicht im Schlussverkauf nach Weihnachten heruntergesetzt wird. Aber was, wenn es vorher verkauft würde? Was, wenn das Kleid hier das letzte war? Etwas so unfassbar Schönes konnte ich mir doch nicht durch die Lappen gehen lassen! Ich musste es einfach haben.
Vor unserem bodenlangen Spiegel (wir mussten die halbe Seite eines Fensters damit zustellen, damit er ins Schlafzimmer passte – aber wer braucht schon echtes Tageslicht?) drehe ich mich hin und her. Beim Anblick meines Spiegelbildes
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