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Zwei Schritte hinter mir

Zwei Schritte hinter mir

Titel: Zwei Schritte hinter mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah McClintock
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wieder, dieses Gefühl der Panik, das mir über den Rücken, die Arme und Beine entlang bis in meine Finger und Zehenspitzen kroch – glaubte sie, dass ich wieder davongelaufen sei? Glaubte sie, dass ich es ihr vielleicht heimzahlen wollte? Saß sie vielleicht zu Hause und wartete darauf, dass ich aufgeben und sie anrufen würde oder wie früher schon einmal, hereinkommen würde, immer noch voller Groll und Vorwürfe?
    War sie froh, dass ich weg war, zumindest für eine Weile? In letzter Zeit war ich so eine Nervensäge gewesen. Vielleicht vermisste sie mich gar nicht. Vielleicht war sie erleichtert, dass sie sich mein Gemaule wegen Gregg nicht mehr anhören musste. Vielleicht war sie genauso zornig auf mich wie ich auf sie.

    Ich war schon lange böse auf meine Mutter.

    Es hatte eines Tages angefangen, als mein Vater aus der Stadt zurück nach Hause gefahren war. Ein paar Mal im Monat fuhr er zu Meetings hin und her. Vor jeder Fahrt ging er zur Bibliothek und suchte sich ein paar Hörbücher. »Wenn ich schon auf dem Hin- und Rückweg stundenlang im Auto sitzen muss, kann ich die Zeit wenigstens sinnvoll nutzen«, meinte er. Er hörte nie Romane, sondern nur ernste Sachen wie Bücher über Geschichte oder Politik.
    Ich hatte es mir Hunderte Male vorgestellt – wie mein Dad den Highway entlangtrödelte und leise zum Hörbuch nickte, wie er es immer tat, wenn er sich konzentrierte. Dabei beobachtete er auch den Verkehr und hielt vorsichtig den korrekten Abstand zwischen sich und dem vor ihm fahrenden Auto ein. Mein Vater rückte niemandem auf die Stoßstange. »Wenn man zu dicht auffährt, kann man nicht mehr rechtzeitig anhalten, wenn etwas passiert«, sagte er immer. Mein Vater war ein sehr vorsichtiger Mann.
    Er sah auch regelmäßig in den Rückspiegel. Wenn jemand zu dicht auf ihn auffuhr, wich er immer auf die rechte Fahrspur aus, um denjenigen vorbeizulassen.
    Vielleicht hatte er auf die drei Spuren des entgegenkommenden Verkehrs gesehen, aber wahrscheinlich eher nicht. Was dort geschah, spielte für einen vorsichtigen Fahrer keine Rolle. Es kam nur auf das an, was auf seiner Seite passierte. Mein Dad hatte nichts übrig für
Leute, die langsamer fuhren, um sich Unfälle auf der anderen Straßenseite anzusehen. Er nannte sie Gaffer.
    Wenn ich recht habe und er sich auf den Verkehr direkt vor und hinter ihm konzentrierte, dann hatte er den riesigen Sattelschlepper wahrscheinlich nicht bemerkt, der auf der rechten Spur der anderen Straßenseite fuhr. Er hatte wahrscheinlich nicht gesehen, dass einer seiner Reifen gefährlich wackelte. Er hatte nicht gesehen, dass sich der Reifen schließlich losriss. Den Polizeiexperten nach, die alle möglichen Vermessungen von Bremsspuren und Entfernungen anstellten, hatte er den Reifen nicht mit hundertfünfzig Stundenkilometern vom Laster fliegen sehen. Er hatte nicht gesehen, wie er auf der sechs Zoll hohen Trennmarkierung auf dem Grasstreifen in der Mitte auftraf und von da aus direkt in die Luft sprang.
    Etwa um die Zeit, als der Laster seinen Reifen verlor, lief ich mit Allison aus der Schule nach Hause, in der Hoffnung, dass meine Mom nicht da war. Wir hatten gerne das Haus für uns, damit wir tun konnten, was wir wollten, ohne dass meine Mom ständig fragte: »Was macht ihr zwei da?« Aber Mom war nicht weg, sie war in der Küche und kochte das Mittagessen.
    »Hallo Mädchen«, begrüßte sie uns fröhlich, als wir hereinkamen.
    »Hallo Mrs Rawls«, antwortete Allison. Sie war immer sehr höflich.

    Ich nicht.
    Ich ignorierte meine Mutter. Ich nahm eine Tüte Chips aus dem Schrank und zwei Dosen Wasser aus dem Kühlschrank und dann zerrte ich Allison nach oben in mein Zimmer, bevor meine Mom sie in ein Gespräch verwickeln konnte.
    Da blieben wir, bis Allison um halb sechs zum Essen nach Hause musste. Als ich sie nach draußen brachte, hielt ein Auto vor unserer Tür. Ein Polizeiauto. Meine Mutter musste die Reifen in der Einfahrt knirschen gehört haben, denn sie rief: »Ist das dein Vater?«
    »Es sind die Cops«, rief ich zurück. Ich weiß noch, dass ich mich fragte: Was machen die denn hier? Die Blödmänner müssen die falsche Adresse haben.
    Meine Mutter kam an die Tür und wischte sich die Hände an der Schürze ab. Ihr Gesichtsausdruck verwirrte mich. Sie schien besorgt.
    Es war nicht irgendein Polizist, der bei uns aufgetaucht war, es war Clark Adderly, der Polizeichef. Er kam den Weg zu unserer Tür hinauf.
    »Guten Abend Trish«, sagte er und nahm die

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