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Zwei Schritte hinter mir

Zwei Schritte hinter mir

Titel: Zwei Schritte hinter mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah McClintock
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Andere hatten nach Bodenschätzen gesucht oder Fallen gestellt. Und irgendwann wurde das Land aufgegeben, sagte er, weil der Boden zu hart war oder der Siedler krank wurde oder starb. Wenn sich zu irgendeiner Zeit irgendwo jemand niedergelassen hatte, dann bedeutete das, dass es in der Nähe Wasser geben musste.
    Ich ging systematisch die Wiese ab und suchte nach Hinweisen, dass hier einmal eine Hütte oder ein Haus gestanden hatte.
    Ich fand nichts.
    Nichts außer wildem Gras und Unkraut.
    Ich warf einen Blick zurück über meine Schulter, doch ich konnte den Stock, den ich in den Boden gesteckt hatte, um meine Richtung zu prüfen, noch
deutlich erkennen, weil er höher war als das Gras darum herum. Beruhigt, dass ich ihn wieder finden würde, ging ich über die Lichtung hinaus, um nach Wasser zu suchen.
    Ich ging so weit ich es wagte in jede Richtung, doch ich fand immer noch nichts. Entweder war ich über eine natürliche Wiese gestolpert oder es hatte jemand eine Möglichkeit gefunden, hier ohne Wasser zu leben. Oder er hatte einen Brunnen gegraben, der jetzt irgendwo zwischen Bäumen und Gras verborgen lag.
    Schließlich kehrte ich zur Lichtung zurück. Mittlerweile war die Sonne hinter den Baumwipfeln verschwunden und Schatten legte sich über die Wiese. Meine Beine taten noch mehr weh, meine Füße waren wund wie noch nie und mir war schlecht vor Hunger. Ich musste mein Nachtlager aufschlagen. Aber sollte ich auf der Wiese schlafen oder war ich im Wald sicherer? Ich entschied mich für einen Kompromiss. Ich legte meine Plastikplane auf den Boden unter einen Baum am Rand der Lichtung, rollte mich zusammen und wickelte mich in die mottenzerfressene Decke. Dort lag ich, mir mit jeder Faser der möglichen Gefahr bewusst, und fragte mich, wer mich wohl entführt hatte.
    Wo war er hingegangen, nachdem er mich in dieser Hütte zurückgelassen hatte? Was hatte er mit mir vorgehabt?
Was hatte er den beiden anderen Mädchen angetan? War er schon zur Hütte zurückgekehrt? Hatte er festgestellt, dass ich nicht mehr da war? Und wenn ja, was hatte er getan? War ihm meine Flucht vielleicht egal? Das war möglich. Schließlich hatte ich sein Gesicht nicht gesehen. Ich hatte keine Ahnung, wer er war. Vielleicht war er sich sicher, dass ich keine Bedrohung darstellte, selbst wenn ich es schaffte, nach Hause zu kommen. Vielleicht war er auch in diesem Moment unterwegs und suchte ein anderes vierzehnjähriges Mädchen, das allein auf dem Weg nach Hause war. Oder er wusste etwas über diese Wälder, was ich nicht wusste. Vielleicht wusste er, dass ich keine Chance hatte, hier herauszukommen.
    Oder – und der Gedanke drehte mir den leeren Magen um – vielleicht hatte er mich in diese Hütte gebracht und war weggegangen, um darauf zu warten, dass ich flüchtete? Vielleicht war das ja sein Ding – war er möglicherweise ein Psycho, der es liebte, Menschen zu jagen? Ich wusste, dass man das erste der verschwundenen Mädchen irgendwo im Wald gefunden hatte, aber nicht, in welchem. Außerdem wusste ich nicht, in welchem Zustand sie gewesen war. Hatte sie versucht zu fliehen, so wie ich? War sie hungrig und durstig und verängstigt gewesen? Hatte er versucht, sie aufzuspüren, war er vielleicht nahe genug an sie herangekommen, um sie zu beobachten und die
Furcht und Panik in ihren Augen zu sehen? War er dann schließlich gekommen und …?
    Vielleicht beobachtet er mich gerade? Wartet er nur darauf, dass ich einschlafe?
    All meine Sinne waren in Alarmbereitschaft. Meine Ohren lauschten angestrengt auf jedes Geräusch. Meine Augen durchsuchten Bäume, Felsen und Büsche. Ich schnüffelte und wünschte mir den Geruchssinn eines Hundes oder eines Bären. Dabei bemühte ich mich, wach zu bleiben. Ein lautes Knacken irgendwo im Wald ließ mich mit hämmerndem Herzen kerzengerade aufspringen. In den Sekunden darauf hatte es den Anschein, als wäre alles andere verschwunden, alles außer mir und der Ursache dieses Geräuschs.
    Ich sagte mir, dass da nichts war, vielleicht nur ein trockener Ast, der heruntergefallen war. Vielleicht auch ein Tier.
    Vielleicht ein großes Tier. Ein Bär? Oder ein Wolf? Gab es hier Wölfe? Ich begann am ganzen Körper zu zittern. Wölfe jagten in Rudeln. Sie konnten sehr gefährlich sein.
    Irgendwann während der Nacht – ich weiß nicht wann – schlief ich ein.

    Die Sonne weckte mich und instinktiv spannte sich
mein ganzer Körper an. Ich lauschte einen Augenblick, aber ich hörte nur das Zwitschern der

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