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Zwei Seiten

Zwei Seiten

Titel: Zwei Seiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Grey
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betrachtete mich einen Moment und stand dann auf. Er nahm einige Kleidungsstücke aus dem Schrank und verschwand ins Bad.
    Ich stand auch auf und folgte dem Geruch von frischem Kaffee. Mein Blick wanderte an mir runter. Olivers Shorts und T-Shirt sahen an mir zwar lächerlich aus, aber zum Kaffeetrinken würde mein Outfit reichen.
    In der kleinen Küche stand Julia und bereitete etwas auf der Arbeitsplatte zu. Als sie sich irgendwann umdrehte, zuckte sie zusammen.
    Ich mied es, Julia anzusehen. »Entschuldige. Ich wollte dich nicht erschrecken.«
    »Es war nicht dein Fehler. Ich war im Gedanken.« Ihre Mundwinkel zuckten. »Guten Morgen.« Julia hatte blutunterlaufene Augen und war leichenblass.
    »Guten Morgen«, sagte ich. »Wie geht es deinem Kopf?«
    »Frag nicht.« Sie wandte sich wieder der Arbeitsplatte zu.
    Ich versuchte erfolglos, über ihre Schulter zu schauen. »Was machst du da?«
    Julia trat zur Seite. »Die beiden werden sicher ein paar Stunden beschäftigt sein, da wollte ich ihnen einen kleinen Snack machen.« Sie wickelte einen Stapel Brote in Alufolie und holte eine Flasche Wasser aus einem der unteren Küchenschränke.
    Oliver kam wenige Augenblicke später in die Küche und Julia drückte ihm alles in die Hand. Er schaute kein bisschen erstaunt und nahm es entgegen. »Danke.« Oliver gab mir einen kurzen Kuss auf den Mund. »Es tut mir wirklich leid, Scarlett. Ich mach‘s wieder gut, ja? Oh, und mach‘s dir in meinem Zimmer bequem, wenn du möchtest. Bleib so lange du willst.« Kaum hatte er ausgesprochen, verschwand er auch schon wieder.
    Julia und ich standen einen Moment stumm in der Küche.
    Irgendwann ging sie zum Kühlschrank. »Setz dich. Ich mach Frühstück.«
    »Schon gut. Mach dir keine Mühe. Ich werde besser gehen.«
    Julia drehte sich um und stemmte die Hände in die Hüften. »Willst du wegen mir gehen?«
    »Du siehst aus, als ob du Ruhe brauchen könntest, anstatt dich um einen Gast zu kümmern.«
    »Ich mach Frühstück, ob du hier bist oder nicht.«
    Ach, warum eigentlich nicht? Es war ja nur Frühstück. Und ich hatte Hunger. »Kann ich wenigstens was helfen?«
    Sie blickte sich um und schließlich an sich herab. »Trink doch erst mal ‘nen Kaffee, während ich mir eine Hose anziehe.«
    Ich sah an Julia runter und schnell wieder hoch. »Okay.«
    * * *
    Frühstück mit Julia war eine erstaunlich angenehme Sache.
    Julia erzählte mir, wie sie Olivers Kostüm für die Party aufgetrieben hatte und wie furchtbar es für sie gewesen war, ein so knappes Kostüm zu tragen.
    Ich wechselte irgendwann das Thema. »Bereitest du Oliver immer Snacks zu?«
    Julia betrachtete mich eingehend. »Du bist die Erste, die
    mich das je gefragt hat.« Sie starrte eine Weile ins Leere. »Seit wir zusammen wohnen, achte ich darauf, dass er immer alles hat, was er braucht. Meine Eltern wohnen fast zwanzig Kilometer von hier und meine Mutter hat ihn immer etwas verwöhnt. Schätze, ich habe das jetzt ein bisschen übernommen.« Sie beugte sich vor. »Ganz ehrlich, bis heute habe ich darüber nie nachgedacht.«
    Lesbe oder nicht, Julia war nett, intelligent und fürsorglich. Vielleicht, nur vielleicht konnten wir miteinander auskommen. Aber konnte ich ihre … sexuelle Orientierung wirklich vergessen?
    »Und was ist mit dir? Hast du Geschwister?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin Einzelkind.«
    »Wohnen deine Eltern weit weg?«
    »Meine Mutter wohnt hier ganz in der Nähe. Etwa zehn Minuten mit dem Auto.«
    »Und dein Vater?«
    Ich schloss für einen Moment die Augen. »Mein Vater starb vor ein paar Jahren.« Ich schluckte. »Er hatte ein unentdecktes Aortenaneurysma. Eines Tages brach er auf der Arbeit ohne Vorwarnung zusammen. Es kam jede Hilfe zu spät.« Obwohl es schon so viele Jahre her war, kämpfte ich mit den Tränen.
    Julia legte ihre Hand für einen Augenblick auf meine.
    Es war eine rein freundschaftliche Geste, und ich lächelte sie dankbar an.
    »Das tut mir sehr leid, Scarlett. Habt ihr euch sehr nahe gestanden?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Schätze ja.« Wirklich? »Nein, eigentlich nicht. Er war kein Mensch, der andere nah an sich ran ließ.« Ich seufzte. »Er war eher der kritisierende Typ.« Ich betrachtete Julia. »Weißt du, was ich meine?«
    Sie schaute mich ausdruckslos an. »Ich bin nicht sicher.«
    Vermutlich würde ein Beispiel helfen. »Es war an meinem vierzehnten Geburtstag. Meine Eltern hatten eine Überraschungsparty für mich organisiert und

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