Zwei Seiten
rausgefunden habe, hat Silke ein … Hobby. Sie möchte immer die Erste sein, wenn du verstehst, was ich meine. Julia war wohl eine Ausnahme, schätze ich.«
Es dauerte einen Moment, bis ich verstand. Als ich es tat, verzog ich das Gesicht. »Das ist ja ekelhaft.« Ich hatte für heute Abend genug gehört.
Julia tauchte wieder vor uns auf.
Oliver nahm ihr sofort den Becher aus der Hand.
»Hey!«
»Du hast genug«, grummelte Oliver.
Julias Augen wurden zu Schlitzen. »Seit wann beschtimmst du das?«
»Oliver hat recht«, sagte ich.
Julia betrachtete mich lange. »Fein. Ich war eh nich‘ so durstich.«
Oliver roch am Drink und verzog das Gesicht. »Was zur Hölle ist das?«
Der Inhalt war braun und ich dachte, es sei irgendwas mit Cola gemischt. Als ich aber daran schnupperte, merkte ich, dass es purer Whiskey war. »Oliver, lass sie uns lieber nach Hause bringen.«
Mein Freund stellte den Becher zur Seite und nickte. »Julia, lass uns gehen.«
Sie riss die Augen auf. »Was?«
»Ich bin müde.« Oliver ergriff Julias Hand. »Wir wollen gehen. Aber nicht ohne dich.«
Julia schaute zwischen mir und ihrem Bruder hin und her. »Ich soll die Party vell … verlassen, damit ihr poppen könnt? Warum?«
»Wir wollen nicht …« Ich brach ab. Es machte keinen Sinn, mit der betrunkenen Julia zu diskutieren.
»Lass uns einfach gehen.« Oliver schob Julia etwas unsanft zur Tür.
»Nein.«
»Oliver und ich gehen nicht ohne dich«, sagte ich.
»Dann bleiiibt hier.«
Mittlerweile schauten einige Leute schon zu uns, und ich hatte Sorge, es würde zu einer Szene kommen.
Also beugte ich mich zu Julia und flüsterte: »Ich habe furchtbare Kopfschmerzen. Deshalb möchten wir gehen. Aber Oliver kann dich ja unmöglich hier zurücklassen. Also bitte, komm mit. Für mich.« Ich war stolz auf meinen Erfindungsreichtum.
Insbesondere als Julia bereitwillig mitkam.
* * *
Es war eigentlich noch sehr früh, aber irgendwie schienen die Abende immer früh zu enden, wenn ich mit Mitgliedern der Familie Liebknecht unterwegs war.
Nachdem Oliver seine Schwester in ihr Zimmer gebracht hatte, kam er wieder zu mir. »Willst du hier schlafen?«
Warum eigentlich nicht? »Schlafen, ja. Mehr, nein.« Ich hielt es für angebracht, das von vornherein klarzustellen.
Oliver nickte. »Ist es für dich okay, wenn wir zusammen in meinem Bett schlafen?« Er klang unsicher und wich meinem Blick aus.
»Sicher.«
Nachdem wir uns fertig gemacht hatten, stiegen wir ins Bett und kuschelten uns unter der Decke aneinander.
Es dauerte keine fünf Minuten und ich war eingeschlafen.
Kapitel 7
Ein Geräusch weckte mich. Jemand klopfte an die Tür. Was Schweres lag auf mir. Ich blinzelte. Oliver.
Ehe ich zur Seite rutschen konnte, ging die Tür auf und Julia stand mit einem schnurlosen Telefon in der Hand vorm Bett. Sie ignorierte mich total, als sie näher kam und Oliver an der Schulter berührte.
Außer einem protestierenden Grunzen kam keine Reaktion.
»Oliver, wach auf. Michael ist am Telefon. Du warst vor einer halben Stunde mit ihm verabredet.«
Oliver riss die Augen auf. Er rollte von mir runter und griff nach dem Telefon.
Ich schnappte nach Luft. Ohne den schweren Körper auf mir war das Atmen wesentlich leichter.
»Ja? Ja … Oh … tut mir leid, schätze ich hab … Ja,okay … Ungefähr zwanzig Minuten. Okay. Bis gleich.« Oliver beendete das Gespräch, gab Julia das Telefon zurück und ließ den Kopf aufs Kissen fallen.
»Das ist wirklich das Letzte, weißt du?« Julia wedelte mit dem Telefon. »Er ist extra wegen dir aufgestanden und hat jetzt fast eine halbe Stunde in der Kälte gestanden.«
»Ja, ja«, murmelte Oliver ins Kissen.
Julia sah mich weiterhin nicht an, drehte sich um und ging zur Tür. »Ich mach dir einen Kaffee. Jetzt komm in die Pötte.«
Ich war etwas unsicher, wie ich mich verhalten sollte. Warum spazierte Julia ohne anzuklopfen in Olivers Zimmer, obwohl sie wusste, dass ich höchstwahrscheinlich hier geschlafen hatte? Und wer war Michael?
»Morgen.« Olivers Gesicht war immer noch im Kissen vergraben.
»Morgen.« Nach einer kurzen Pause fragte ich: »Wer ist Michael?«
»Mein Cousin. Julia hat ihn wochenlang bearbeitet, damit er mir endlich ein paar Tricks auf dem Eis zeigt.«
»Tricks?«
Oliver hob den Kopf und sah mich an. »Er macht so eine Art Eiskunstlaufen. So Tanzen auf Eis. Keine Ahnung, wie das genau heißt, und ich will schon seit einer Weile ein paar Tricks von ihm lernen.« Oliver
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