Zwei Seiten
es.«
»Das ist was?«, fragte Nathalie.
»Julias Weihnachtsgeschenk.« Ich strahlte Nathalie an. »Meinst du nicht, es ist perfekt?«
Nathalie starrte auf den Anhänger. »Es ist erst Oktober.« Sie schaute mich an. »Bist du nicht etwas früh dran?«
»Besser zu früh als zu spät«, sagte ich. »Komm schon, lass uns reingehen.« Ich zerrte sie ins Geschäft.
»Du willst Julia wirklich Schmuck schenken?«, fragte Nathalie, während sie mir zum Verkaufstresen folgte.
Ich ignorierte den lächelnden Angestellten und betrachtete Nathalie. Hoffentlich ging die alte Leier jetzt nicht schon wieder los. »Ja, wieso?« Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte ich mich zum Verkäufer um. »Der rechteckige Anhänger, ist der aus Silber?«
»Ja. 925er Silber«, sagte der Angestellte.
»Sehr gut. Ich nehm ihn und … kann ich auch was eingravieren lassen?«
Nathalie hob eine Augenbraue, sagte aber nichts.
»Du und ich haben eine Weile Freundschaftsringe getragen«, sagte ich. »Da hat sich auch niemand was bei gedacht.« Warum konnte Nathalie es nicht endlich mal gut sein lassen? »Ein Anhänger ist etwas absolut …«
»Was möchten Sie denn eingraviert haben?«, unterbrach mich der Verkäufer mit dem Anhänger in der Hand.
Ich tippte mit dem Finger ans Kinn. Was würde passen? Hm … »Ich hab‘s. Schreiben Sie auf die Vorderseite ›Diagnose Freundschaft‹. Und auf die Rückseite ›Julia und Scarlett‹.« Ich wandte mich Nathalie zu. »Was meinst du? Klingt das gut?«
Nathalie winkte ab. »Ich geb auf.«
Ich schüttelte den Kopf und gab dem Verkäufer ein paar Geldscheine.
Beim Verlassen des Ladens sagte Nathalie: »Das war nicht gerade billig.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Seit zwei Wochen arbeite ich jetzt im ›Limericks‹. Allein vom Trinkgeld vom vergangenen Wochenende kann ich den Anhänger bezahlen.«
»Was sagt eigentlich Julia zu deinem neuen Job im Irish Pub?«, fragte Nathalie.
Ich grinste. »Sie sagt, ich stinke nach der Arbeit immer wie eine ganze Brauerei. Aber sie weiß ja, ich brauche das Geld. Außerdem gibt sie mir nach langen Schichten manchm…« Oh verdammt. Warum war mir das denn nun wieder rausgerutscht? Wasser auf die Mühlen.
Nathalie hob beide Augenbrauen. »Was gibt sie dir?«
Ihr Grinsen gefiel mir gar nicht. »Ach, nichts«, murmelte ich und ging etwas schneller.
Zügig schloss Nathalie zu mir auf. »Komm, sag schon. Ich verspreche auch, keine dummen Kommentare zu bringen.« Sie hob zwei Finger. »Großes Indianerehrenwort.«
Das glaubte sie doch wohl selber nicht. Mist, warum hatte ich bloß wieder drauflosgeplappert, ohne nachzudenken? Ach, egal. »Manchmal gibt Julia mir eine Fußmassage.« Ich wedelte mit der Hand und tat so, als würde ich den Inhalt des Schaufensters vor uns wahnsinnig interessant finden. Bis mir bewusst wurde, dass ich vor der aktuellen Dildokollektion von Beate Uhse stand.
Nathalie folgte meinem Blick und öffnete den Mund. Doch es kam nichts heraus.
Ich ergriff die Flucht. Gott, wie peinlich. Als ich nach einigen Schritten Nathalie neben mir vermisste, drehte ich mich um.
Meine Freundin betrachtete ganz interessiert einen Gegenstand in einer Ecke des Schaufensters.
Wollte ich wirklich wissen, was sie da so interessierte?
Nathalie wendete sich mir zu. »Hat einer deiner Freunde schon mal ‘nen Cockring ausprobiert?«
* * *
Julia hob den Deckel von einem der beiden Töpfe auf dem Herd. »Mmh, was gibt‘s? Spaghetti Bolognese?«
Ich nickte. »Wie war‘s im Krankenhaus? Gab‘s irgendwas Aufregendes? Du kommst spät.«
Julia probierte mit einem kleinen Löffel die Soße. »Die ist klasse. Du kochst mittlerweile richtig gut, weißt du das?«
Ich strahlte von einem Ohr zum anderen und tätschelte ihren Arm.
Julia setzte den Deckel wieder auf den Topf. »Ich hab heute den Papierkram nachgeholt, der in den letzten Wochen liegen geblieben war.« Sie lehnte sich gegen die Arbeitsplatte neben den Herd. »Manchmal fühle ich mich mehr wie eine Sekretärin als wie eine Ärztin.«
»Eine nach ihrem praktischen Jahr aber verdammt gut bezahlte Sekretärin.« Julia öffnete den Mund, doch ich kam ihr zuvor. »Setz dich hin, ich hab Hunger.«
Julia schmunzelte und nahm am Küchentisch Platz.
Wir aßen einige Augenblicke in Stille, dann sagte Julia: »Hast du gesehen? Es hat heute noch mal geschneit.«
Wirklich? Ich hatte den ganzen Tag gelernt und gar nicht aus dem Fenster geschaut. Es war zwar mittlerweile Ende November, aber trotzdem war
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