Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
Kännchen mit frischer Sahne. Das Geschirr war bunt zusammengewürfelt, Krümel lagen auf dem karierten Tischtuch verstreut. Für Meredith sah es schwerlich so aus, als wäre das ein schicksalhaftes Omen, aber dennoch – sie glaubte, seine Beweggründe zu verstehen. Das wärmende Sonnenlicht schien strahlend hell auf sie beide hernieder, sodass sie ihre Unzulänglichkeiten nicht voreinander verbergen konnten. Sie hatte sich heute Morgen das Haar nicht ordentlich hochgesteckt. Auf einen zufälligen Betrachter wirkten sie gewiss wie ein Paar, das sein tausendstes gemeinsames Frühstück einnahm und nicht das erste.
Sein Blick senkte sich warm in ihren. »Es fühlt sich einfach richtig an, nicht wahr?«
Ja. Ja. Es war das Richtigste, das sie je gefühlt hatte, gleichzeitig war dieses Gefühl tief beunruhigend.
»Kämpfen Sie nicht dagegen an«, sagte er. »Heiraten Sie mich.«
Nicht dagegen ankämpfen? Was er da von ihr verlangte, war im höchsten Maße ungerecht. Er war vierzehn Jahre lang fort gewesen, und jetzt kam er eines schönen Morgens hereinspaziert und machte Versprechungen, dass er seine sämtlichen Verpflichtungen erfüllen und nie wieder fortgehen werde? Er erwartete von ihr und den Dorfbewohnern, dass sie ihre unter schwersten Mühen erworbene Eigenständigkeit aufgeben und ihre Zukunft abermals in die Hände eines Ashworth legen sollten? Er bot ihr einen Traum, forderte indes von ihr, dass sie den sicheren Boden der Realität verließ, um danach zu greifen.
Nein, sie durfte diese Chance nicht ergreifen. Nicht auf der Grundlage eines Beinahekusses und irgendeines imaginären Winks des »Schicksals«.
Es kostete sie Mühe, die Worte herauszubringen. »Nein, Rhys. Ich kann Sie nicht heiraten.«
Seine Augen blitzten auf, und seine Hand ballte sich zur Faust. Ein Hauch von Verärgerung glitt über seine Züge. Eigenartig, nachdem er gegenüber den aufgebrachten Dorfbewohnern derart kühl und gefasst geblieben war. Einen Herzschlag lang war er wieder der Rhys, den sie vor vielen Jahren gekannt hatte: ungestüm, aufbrausend, unbeherrscht. Unwiderstehlich.
Es währte lediglich Bruchteile von Sekunden, dann hatte er seine Emotionen wieder unter Kontrolle. Seine Kiefermuskulatur entspannte sich, und er glättete mit seiner flachen Hand das Tischtuch.
Von allen Gründen, warum er Buckleigh-in-the-Moor wieder verlassen musste, war das der überzeugendste. Sie könnte es nicht ertragen, mit anzusehen, wie dieser Ort Rhys’ Charakter brach.
»Nun.« Sie stand mit wackligen Beinen auf. »Sie haben einen langen Tag vor sich.«
»Das habe ich, Mrs. Maddox.« Er wirkte niedergeschlagen, als er sich vom Tisch erhob. »Fürwahr, das habe ich.«
»Soll ich Darryl anweisen, dass er Ihr Pferd sattelt?«
»Nein, nein. Ich werde ihm einen Tag Ruhe gönnen.«
»Ach … dann beabsichtigen Sie wohl, noch eine Nacht hierzubleiben?«, forschte sie leicht verwirrt.
»Ich beabsichtige, für immer hierzubleiben.«
Sichtlich bestürzt setzte sie sich abermals hin. »Haben Sie mich nicht verstanden, Mylord? Verzeihen Sie, wenn ich mich unklar ausgedrückt habe, aber …« Gott, besaß sie überhaupt die Kraft, ihn ein zweites Mal abzuweisen? Das erste Mal war ihr schon schwer genug gefallen.
Er schenkte ihr ein Lächeln und strebte zur Tür. »Grämen Sie sich nicht, Merry Lane, ich habe Sie verstanden. Ich weiß, dass Sie sagten, Sie können mich nicht heiraten. Aber ich weiß auch, dass Sie mich heiraten werden. Gut Ding will Weile haben.«
Nachdem Rhys im Obergeschoss verschwunden war, stürzte Meredith sich in die Arbeit. Das war nicht weiter schwierig. Es gab immer etwas zu tun, und an diesem Morgen hätte sie sogar Aufgaben begrüßt, die sie an anderen Tagen langweilig und sinnlos fand. Sie hatte gerade das Frühstücksgeschirr abgeräumt, als Mrs. Ware eintraf, um in der Küche ihr Zepter zu schwingen. Tischtücher mussten gebügelt, Zinnkrüge mit Sand geschrubbt werden. Morgen Nachmittag würde die Postkutsche durch den Ort kommen, und je nach Wetterlage und Straßenverhältnissen machte der Kutscher dann Rast im Three Hounds, um die Pferde zu versorgen und den Passagieren derweil Gelegenheit zu geben, eine kleine Stärkung zu sich zu nehmen.
Kurz vor Mittag gönnte sie sich eine kurze Pause. Sie schlug eine von den Zeitungen auf, die Gideon am Vorabend mitgebracht hatte, und glättete das zerknitterte Papier auf dem Schanktresen. Die Zeitungen waren eigentlich für die Gäste bestimmt, aber Meredith war die
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