Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
auftauchte.
»Guten Morgen, Mrs. Maddox.«
Meredith, die eben dabei war, ein Backblech mit aufgegangenen Hefewecken in den Ofen zu schieben, nieste, da ihr ein Wölkchen Mehl in der Nase kitzelte. »Mr. Bellamy ist bereits wieder in Richtung London abgereist.«
»Fürwahr, Ma’am. Das dachte ich mir.«
Cora war an diesem Morgen gänzlich ungeschminkt und ihr Gesicht von bezaubernder Natürlichkeit. Keine Cremes oder Puder, die ihren hellen Teint verdeckten, ihre blonden Haare hatte sie zu einem schlichten Dutt hochgesteckt. Ihr Tageskleid aus weichem, chinablauem Musselinstoff war zwar weit ausgeschnitten und hätte gewiss eines züchtigen Kragens bedurft, aber ansonsten war es recht unauffällig in Stil und Qualität.
Überdies war sie ausnehmend hübsch. In ihrer Natürlichkeit vielleicht hübscher noch als gestern. Was Meredith auf den Gedanken brachte, dass das Mädchen zu einem Problem werden könnte.
Es war ihr gar nicht recht, Cora in ihrem Gasthof untergebracht zu wissen, die Alternativen behagten ihr indes noch weniger. In einem Privathaus konnte die Dirne unter gar keinen Umständen bleiben – sei es in einem Londoner Stadthaus oder in der provisorischen Hütte im Hochmoor, die Rhys sich gezimmert hatte. Letzteres wäre ihr ohnehin nicht recht gewesen. Meredith mochte seinen Heiratsantrag zwar ein ums andere Mal abgelehnt haben, das hieß jedoch nicht, dass sie kein Interesse an Seiner Lordschaft hatte. Nicht nach dem gestrigen Tag am See, als nicht viel gefehlt hatte und ihre über Jahre gehegten Fantasien Wahrheit geworden wären.
Sie öffnete die Tür des Backofens, und ein Schwall Hitze quoll ihr entgegen. Unversehens traten ihr Schweißperlen auf Stirn und Schläfen, ihr Nacken wurde unangenehm feucht. Erinnerungen rauschten ihr durch den Kopf.
Wie seine starken Arme sie im See umschlossen hielten. Ihre Zungen, die sich in wildem Begehren vereinigt hatten. Wie sich die heiße, harte Spitze seiner Erektion unter ihrer Berührung anfühlte, seidig wie zweimal gemahlenes Mehl.
Seine Finger, tief in ihr …
Sie schob das Backwerk ungehalten in den Ofen und warf die Tür zu. Reiß dich zusammen, Meredith. Dank ihrer quälenden Tagträume hätte sie beinahe das erste Backblech mit Brotlaiben verbrennen lassen.
»Die Frühstückszeit ist vorüber«, erklärte sie Cora, die Hände an ihrer Schürze abwischend. »Und bis zum Mittagsmahl dauert es noch eine ganze Weile. Aber in ein paar Minuten gibt es frisches Brot. Möchten Sie Kaffee oder Tee?«
»Ich nehme nicht an, dass es hier heiße Schokolade gibt, oder?«
Ein hübsches Gesicht und ein Faible für Süßes? Noch ein Problem. »Bedaure, nein.«
»Dann Tee, bitte.«
Kaum dass Meredith mit dem Kessel herumhantierte, winkte Cora ab. »Oh, lassen Sie mich das machen, Ma’am. Als ich in London wohnte, hab ich immer den Tee für die Mädchen im Haus aufgebrüht. Ich mach das sehr gern.«
Meredith überließ ihr den Kessel. Während sie zusah, wie das Mädchen ihn mit Wasser füllte und aufs Feuer stellte, räusperte sie sich, um ihrer Stimme den nötigen Nachdruck zu verleihen. Dann sagte sie überaus streng: »Hören Sie, Cora. Wir wissen beide, dass dieses Gespräch unausweichlich ist, also können wir es auch gleich hinter uns bringen.«
Die Augenbrauen des Mädchens hoben sich erstaunt, als hätte sie keine Ahnung, worauf Meredith hinauswollte. »Ja Ma’am?«
»Mein Gasthof ist ein anständiges Haus. Die Dorfbewohner, die allabendlich herkommen, werden gewiss Gefallen an Ihnen finden. Deswegen will ich Sie vorab warnen. Auch wenn Sie zu dem Bekanntenkreis von Lord Ashworth zählen, ich werde nicht dulden, dass es hier zu Unfrieden kommt.«
»Oh nein, Ma’am. Ich will gewiss keinen Ärger machen. Ich weiß zwar, dass Mr. Bellamy sich bereit erklärte, für meinen Aufenthalt aufzukommen, aber ich würde lieber selbst für meine Unterkunft arbeiten.«
Meredith’ Augen verengten sich zu Schlitzen. »Ich dachte, ich hätte Ihnen gerade gesagt …«
»Oh, nicht diese Arbeit.« Im Wasserkessel begann es zu brodeln. Cora nahm ein Geschirrtuch vom Tisch und schlang es um ihre Hand, ehe sie den Kessel vom Feuer hob. »Diese Art Leben hab ich nie gewollt. Ich weiß selber nicht recht, wie es dazu kommen konnte. Ich lebte in Dover, dort bin ich aufgewachsen. Meine Mutter, die als Näherin tätig war, schickte mich eines Tages zum Markt. Auf dem Heimweg trödelte ich mit Freundinnen herum, als ein feiner Herr in einer eleganten Kutsche
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