Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
einen Vorgeschmack auf ihr künftiges Dasein als Lady Ashworth vermittelte.
»Ein perfekter Gentleman? Im Ernst?« Sie lehnte sich mit einer Hüfte an den Tresen. »Glaubst du wirklich, es gelingt dir, den ganzen Tag mit mir allein in einer Kutsche zu verbringen und dann nächtens in derselben Kammer, in einem Bett, ohne der Versuchung zu erliegen?«
Er tat so, als dächte er nach. »Nein.«
Sie schüttelte den Kopf und lachte glockenhell.
»Dann kommst du also mit?«, drängte er.
»Ja. Ja, ich begleite dich. Töricht wie ich bin. Ich möchte Bath für mein Leben gern einmal sehen.«
»Das ist erst der Anfang«, prophezeite er. »Es gibt so viele Orte, die wir gemeinsam besuchen können. Wir könnten aufs Land fahren, Merry. Den Kontinent bereisen, wenn es das ist, was du magst. Da draußen eröffnet sich dir eine ganze Welt, die es zu entdecken gilt.«
»Wie amüsant. Das mit der ganzen Welt. Aber der einzige Ort, an dessen Entdeckung mir mit dir gelegen ist, ist die Unterseite eines Lakens.«
»Glaub mir, sie haben jede Menge Laken in Bath.«
Sie lächelte. »Eine Nacht, Rhys. Dein Auftritt als perfekter Gentleman wird nicht lange währen. Du wirst das Bett mit mir teilen, noch ehe die Nacht vorüber ist.«
»Ich nehme dich beim Wort. Weil ich mir gewiss bin, dass dein Ehrgeiz als verwitwete Gastwirtin den Tag nicht überdauern wird, an dem du die Grenzen von Buckleigh-in-the-Moor passierst. Bevor die Nacht vorüber ist, werden wir offiziell verlobt sein.«
Damit waren die Kampflinien gezogen. Für eine Weile verharrten sie stumm und musterten einander, fühlten die prickelnde sinnliche Erregung, die sie umgab und die sich zwischen ihnen entlud, ähnlich der aufgeladenen Elektrizität in einem Gewittersturm.
»Es ist verblüffend«, meinte er gedehnt.
»Was?«
»Das.« Er gestikulierte in den leeren Raum zwischen ihnen. »Na das hier.«
Es war verblüffend. Die Spannung zwischen ihnen war nahezu unerträglich und würde seinen Fortpflanzungsorganen vermutlich dauerhaften Schaden zufügen. Aber es war auch eine wundervolle Erfahrung, die er nie zuvor gemacht hatte. Sie wollte ihn, er wollte sie, und die Luft um sie herum schwelte vor Verlangen. Das war der Impuls, der ihn so lebendig machte, so getrieben, so zielgerichtet.
Weil sie seine Zukunft war. Und irgendwo in ihrem Innersten, ungeachtet ihrer anderslautenden Beteuerungen, wusste sie es auch.
Mit einem trockenen Grinsen brachte er die Hand zu einem scherzhaft zackigen militärischen Gruß an die Stirn und wandte sich zum Gehen.
»Rhys?«
Er verharrte in seiner Bewegung. Eine abwegige Hoffnung keimte in seiner Brust, dass sie ihn vielleicht doch noch erhörte und seinem Werben nachgab. Die Reise nach Bath könnte ihre Hochzeitsreise werden.
»Was hältst du davon, wenn du die Hunde mitnimmst?«, fragte sie. »Ich kann sicherlich ruhiger schlafen, wenn ich weiß, dass du nicht allein bist.«
Er nickte und pfiff den Jagdhunden. Nicht ganz das, was er sich erhofft hatte, gleichwohl wollte er sich damit zufriedengeben. Fürs Erste.
14
O h Ma’am. Es steht Ihnen fabelhaft. Man sieht wahrhaftig nicht, dass es das Kleid einer Dirne war.«
»Sind Sie sicher?« In der Morgendämmerung drehte und reckte Meredith sich unschlüssig vor dem Spiegelglas. Es war der größte Spiegel im Gasthof, der ihr schönstes Gastzimmer schmückte, dennoch gelang es ihr nicht, ihr Gesamtbild angemessen in Augenschein zu nehmen.
Zweckmäßigere und größere Spiegel, fügte sie im Geiste ihrer Einkaufsliste hinzu.
Zwei Wochen waren vergangen, seit Rhys die Einladung nach Bath ausgesprochen hatte. Warum hatte sie bloß bis zum letzten Augenblick mit dem Packen gewartet?
»Die Farbe ist schön«, sagte sie und strich mit ihren Händen über die rubinrote Seide. Trugen adlige Damen tatsächlich solche Farben? »Sind Sie absolut sicher, dass ich darin nicht aussehe wie eine Dirne? Das wäre entsetzlich.« Sie warf Cora einen schuldbewussten Blick zu. »Ich meine … Ich bitte vielmals um Verzeihung, meine Liebe.«
Cora lächelte. »Aber Mrs. Maddox. Ich verstehe Sie voll und ganz.«
Tat sie das? Nun, in dem Fall wünschte sich Meredith, Cora würde ihr ein wenig auf die Sprünge helfen. Zumal sie sich selber nicht mehr verstand. Auf der einen Seite beabsichtigte sie, morgen früh für mehrere Tage mit einem Gentleman zu verreisen, allein wohlgemerkt und mit dem erklärten Ziel, ihn nach allen Regeln der Kunst zu verführen, auf der anderen Seite hegte sie in
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