Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
Reisehandschuhe, und die fein genähten Säume streiften ihre von der Arbeit rauen Hände.
Wir fahren nach Bath, jubelte sie heimlich, als die letzten Häuser an ihnen vorüberglitten. Es ist tatsächlich wahr. Sie verließ Buckleigh-in-the-Moor, und das nicht bloß, um einen halben Tag lang auf dem Markt in Tavistock herumzufeilschen, sondern für einen ausgiebigen Aufenthalt in Bath. Und das Trefflichste daran war, dass sie mit Rhys dorthin fuhr. Sie beschloss, all ihre Sorgen und Nöte im Dorf zu belassen, wo sie hingehörten, und diese kostbaren Tage schlicht zu genießen. Ein freudiges Lächeln huschte über ihr Gesicht, und sie löste ihren Blick von dem kleinen Fenster, um ihre Begeisterung mit ihm zu teilen.
Er war eingeschlummert. Die Arme verschränkt, das Kinn auf seine Brust gesenkt. Er hatte seine Füße in den blank polierten Stiefeln besitzergreifend auf ihre Bank gelegt, immerhin weit genug weg von ihrem Kleid. Die Kutsche schwenkte eben in eine Kurve, und ein leise gedämpftes Schnarchen rumpelte aus seiner Brust.
Sie presste die flache Hand vor ihren Mund, um nicht laut aufzulachen.
Nun, er war ein Soldat. Und demnach unweigerlich in der Lage, überall sein Nickerchen zu halten. Da sie wusste, dass sein Schlaf allzu häufig von unangenehmen Träumen gestört wurde, mochte sie seine wohlverdiente Ruhe nicht stören. Im Moment jedenfalls nicht. Er bekäme in Bath wenig genug Schlaf, sofern sie da ein Wörtchen mitzureden hätte.
Sie selber war hellwach. Als die Morgendämmerung die Landschaft erhellte, presste sie ihr Gesicht an das Fensterglas und saugte wissbegierig jede Einzelheit in sich auf. Sie hatte diese Strecke noch nie zuvor passiert, und vielleicht würde sie sie in ihrem ganzen Leben nie wieder sehen.
Nach einer Weile kam die Kutsche schwankend zum Halten. Rhys schrak aus dem Schlaf hoch. Seine Stiefel trafen mit einem dumpfen Knall auf dem Boden der Kutsche auf.
»Kein Anlass zur Besorgnis«, versicherte sie eilig. »Ich glaube, wir halten für einen Pferdewechsel an.«
Er spähte aus dem Fenster. »Wir sind in der Nähe von Exeter. Das ist gut. Sollen wir aussteigen und uns ein wenig die Beine vertreten?«
Sie gingen ein Stück von dem Rasthof weg und schlenderten über einen Waldweg, der an die Landstraße grenzte. Es war erstaunlich, sie waren erst ein kurzes Stück gereist, und schon hier wuchsen viele Pflanzen, deren Namen sie nicht kannte.
»Wir sprechen nie von dir«, sagte sie, seinen Arm fassend. Eine derart günstige Gelegenheit zu einem vertrauten Gespräch fand sich nicht oft.
»Da gibt es auch nicht viel zu berichten.«
»Aber gewiss doch, ich bitte dich. Du bist immerhin weit gereist. Was ist für dich der schönste Ort, an dem du je gewesen bist?«
»Jeder Ort, wo du bist.«
Sie errötete unwillkürlich wie ein junges Mädchen. »Das sagt ein Mann, der beteuert, keinen Sinn für Romantik zu haben. Nein, im Ernst. Ich möchte es wirklich wissen. Die französischen Alpen? Eine belgische Kathedrale? Das Meer?«
»Tulpen.« Er schob sein Kinn vor und starrte unbewegt in das Dickicht aus Gehölz und Gesträuch. Das Schweigen dehnte sich aus, derweil überlegte Meredith hin und her, ob er dem noch etwas hinzufügen wollte. Vielleicht hatte er eine besondere Vorliebe für Tulpen?
»Ein ganzes Feld davon«, sagte er schließlich. »In Holland. Endlose Reihen roter Tulpen. Überspannt von einem strahlend blauen Himmel.«
»Klingt schön.«
»Das war es.« Mit einer traurigen Betonung auf dem Wort war . Er warf einen Blick nach hinten, über seine Schulter, und meinte: »Ich glaube, die frischen Pferde sind angespannt.«
Damit war das Thema für ihn beendet.
Kaum dass die Kutsche ein zweites Mal anfuhr, verschränkte er abermals die Arme vor der Brust und schwang seine Stiefel neben Meredith auf die Bank, als wollte er weiterschlafen. Aber dieses Mal zögerte sie nicht, sein Vorhaben zu vereiteln.
»Tulpen«, griff sie das Gespräch wieder auf. »Also das war dein schönster Anblick. Was war der hässlichste?«
Er schüttelte den Kopf. »Da gab es zu viele, die um diese unlöbliche Auszeichnung wetteifern … Ich würde dir diese Frage niemals beantworten.«
»Niemals? Weshalb nicht?«
»Weil du niemals um die Hölle des Krieges wissen solltest. Du solltest nicht einmal aus zweiter Hand darüber erfahren. Das ist der ganze Grund, warum wir kämpften, um unschuldigen Menschen wie dir so viel Hässlichkeit zu ersparen. Ich will verdammt sein, wenn ich
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