Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
keinster Weise den Wunsch, dass besagte Verführungskünste in einer Vermählung mündeten. Außerdem war sie besorgt, dass sie in einem roten Kleid wie ein Flittchen aussah. Das passte alles nicht ganz zusammen.
Sie zupfte den Ausschnitt höher. »Ich bräuchte gewiss einen Spitzeneinsatz.«
»Ich glaube nicht, Ma’am. Das Kleid ist nicht sonderlich tief ausgeschnitten, und Sie …« Das Mädchen verstummte abrupt und räusperte sich verlegen.
»Und ich hab auch nicht sonderlich viel, was sich zur Schau stellen ließe.« Meredith lächelte und strich über ihren kleinen, spitzen Busen. »Sie haben zweifellos recht. Und Sie haben gute Arbeit geleistet, es passt jetzt wie angegossen.«
»Bis auf den Saum hatte ich gar nicht viel zu ändern. Sie und die frühere Besitzerin haben recht ähnliche Maße.«
»Dann ist es gar nicht Ihr Kleid?«
»Oh nein. Ich habe nie etwas besessen, das auch nur halb so erlesen gewesen wäre.«
»Woher stammt es denn dann?«
»Als Mr. Bellamy mich im Blue Turtle in Hounslow untergebracht hatte, logierten dort auch ein Lord und seine Geliebte. Nun, die beiden führten in aller Herrgottsfrühe eine lautstarke Unterredung draußen im Hof. Er hatte sie vor die Tür gesetzt; kurz darauf warf er ihre Kleider aus dem Fenster.«
Cora schüttelte den Kopf. »Nach dieser Szene begriff ich, dass ich nie wieder die Hure irgendeines Mannes sein wollte. Die Dame, der jene Kleider gehörten, hatte das, was sich Mädchen wie ich wünschten – einen reichen Beschützer, der uns hübsche Dinge kauft und uns gut behandelt. Indes, als er ihrer überdrüssig geworden war, warf er sie wie Unrat auf die Straße. Ich wollte niemals so werden wie diese Frau.«
Ein kleines Lächeln huschte über Coras Lippen. »Letztlich war die feine Lady zu stolz, um ihre Garderobe vom Boden aufzusammeln. Sie ließ sie einfach liegen, stieg in ihre Kutsche, und das war’s dann. Also hob ich die Sachen auf und bürstete den Schmutz aus, so gut es eben ging. Ich nahm mir vor, sie irgendwann später für mich abzuändern, aber sie stehen Ihnen besser als mir.« Sie faltete sorgsam ein Kleid aus moosgrünem Baumwollgeorgette zusammen, das mit cremefarbiger Spitze abgepaspelt war, und legte es in Meredith’ Truhe. »Nehmen Sie das mit als Tageskleid. Und diesen Reiseumhang.«
Gerührt schloss Meredith das Mädchen in eine warme Umarmung. »Danke. Sie bekommen die Garderobe zurück, das verspreche ich Ihnen.«
»Nun, ich habe den überschüssigen Stoff im Saum vernäht, nur für den Fall«, räumte die andere ein. Dann begann sie, die Reihe winziger Häkchen im Rücken der Robe zu öffnen.
Derweil Cora ihr aus dem roten Seidenkleid und in ihre schlichte, praktische Reisetracht half, schärfte Meredith dem Mädchen bis ins Kleinste ein, was es bei ihrer Tätigkeit im Gasthof zu beachten galt. Wo sie den zusätzlichen Vorrat an Madeira aufbewahrte, falls zufällig wohlhabende Gäste einkehrten, dass Cora eine gute Stunde vor Feierabend damit beginnen sollte, die Getränke mit einem Schuss Wasser zu verdünnen, und wo sie Skinners Mutter fand, wenn er mal wieder einen schlechten Abend hatte.
»Seien Sie nicht gar so ängstlich, Ma’am«, beruhigte Cora sie und packte das seidene Gewand ein. »Mit Unterstützung von Mr. Lane, Darryl und Mrs. Ware werde ich alles hervorragend zu meistern wissen.«
Meredith hätte gerne hinzugefügt, dass Cora sich im Notfall auch auf Gideon Myles verlassen könnte, sie traute ihm indes nicht mehr. Seit Rhys’ »Unfall« in den Ruinen hatten sie kaum zwei Worte miteinander gewechselt. Sosehr ihr die Vorstellung widerstrebte, dass Gideon dafür verantwortlich zeichnete, es war die einzige Erklärung, die einen Sinn ergab.
Wie Rhys selber vermutete, hätte ein Angreifer die schändliche Tat im Ernstfall gewiss vollendet, demzufolge war der Vorfall als Warnung gemeint gewesen. Nicht bloß als Warnung an Rhys, nein auch an sie . In einigen wenigen Wochen war die Gnadenfrist von zwei Monaten, die Gideon ihr eingeräumt hatte, verstrichen. Neulich abends hatte sie gegenüber Rhys verlauten lassen, dass Gideon seine Drohung wahrmachen und ihn töten werde, wenn er das Dorf nicht alsbald wieder verließe.
Sehr zu ihrer Verärgerung hatte Rhys darüber nur gelacht. Er weigerte sich, Gideon als einen Gegner wahrzunehmen, den man nicht unterschätzen durfte. Zwar hatte Meredith keinen Zweifel daran, dass Rhys aus einem fairen Kampf mit seinem Kontrahenten als Sieger hervorgehen würde, aber das
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