Zwei sündige Herzen: Roman (German Edition)
persönlich dir von diesen Grausamkeiten berichte.« Er drehte den Kopf zum Fenster. Ende der Diskussion.
Sie seufzte, wünschte, er würde sich ihr nicht verschließen. Wenn er nur wüsste, wie viel von seinem Schmerz sie bereits mit ihm empfunden hatte.
»Danke«, sagte sie.
»Wofür?«
»Für deinen Kriegsdienst. Für den Kampf um dein Vaterland. Ich vermag mir vorzustellen, dass du das nicht allzu oft hörst.« Die Dorfbewohner hatten ihm bislang gewiss keinen Dank gezollt, sie selber eingeschlossen. »Soweit ich weiß, war dein Regiment das höchstdekorierte in ganz England.«
»Woher weißt du das?«
»Ich hab es einmal in der Zeitung gelesen.« Nein, nicht einmal oder zweimal. Sondern gleich mehrere Dutzend Male.
»Mir wurde die Ehre zuteil, mit vielen guten, fähigen Männern im Heer zu dienen.«
»Du warst einer von jenen guten, fähigen Männern. Du hast sie angeführt .«
Er zuckte mit den Achseln. »Ich bin hier. Viel zu viele von ihnen sind das nicht mehr.«
Ihr fehlte der Mut, das einzugestehen, aber sie wusste tatsächlich von jeder Kokarde, Medaille und Auszeichnung, die man ihm verliehen hatte. Es waren beinahe so viele, wie er Narben davongetragen hatte. Der Gedanke, dass er diese Blessuren beseelt von der unfassbaren Vorstellung, er könnte ihr und anderen damit ein wenig von der Hässlichkeit ersparen, hingenommen hatte…
»Ich bewundere dich«, sagte sie.
Der Ärmste. Sein Mienenspiel schwankte unversehens zwischen Bestürzung und Entsetzen. Als hätte sie ihm kein Kompliment gemacht, sondern ihn mit einem gereizten Stinktier beworfen. Wahrscheinlich wäre er Letzterem sogar eher gewachsen gewesen.
»Fürwahr, Rhys. Ich bewundere dich. Und ich wünschte, du würdest deine herausragenden Leistungen selber anerkennen, statt deine Erfolge dauernd auf irgendeine Fügung des Schicksals zurückzuführen.« Sie schenkte ihm ein durchtriebenes Lächeln. »Was das angeht, gedenke ich, dir zu Ehren eine Tafel in der Taverne anzubringen, in die ich deinen Namen und Offiziersrang eingravieren lasse. Unser lokaler Kriegsheld.«
Er lachte ausweichend und rieb sich die Augen. »Es gibt etliche Spielarten von Courage auf dieser Welt, und die meisten haben nichts mit dem Schlachtfeld zu tun.« Er senkte seinen Blick in ihren, warm und aufrichtig. »Das Three Hounds ist ein Monument für deine Tapferkeit, Meredith Lane Maddox. Und ich werde dir jede Kokarde kaufen, die ich in Bath finden kann.«
Oh. Ein Riesenkloß verengte ihr die Kehle. Und ihr Herz … ihr Herz schmolz dahin. Es bedeutete ihr ungemein viel, dass er um die harte Arbeit wusste und die Liebe begriff, die sie in diesen Ort gesteckt hatte.
»Was ist denn?« Er neigte sich vor, bis seine Knie gegen ihre stießen. »Was bedrückt dich?«
»Ich bin bloß ein bisschen müde«, schwindelte sie.
Er erhob sich von seiner Bank, um sich neben sie zu setzen. Dann legte er einen Arm um ihre Schultern, bettete ihren Kopf an seine Brust. Sie nahm einen tiefen Atemzug und genoss den tröstlich männlichen Duft, den er verströmte.
»Und?«, forschte er. »Hast du es bequem?«
Sie nickte.
»Dann schlaf jetzt. Du hast den ganzen Tag zum Ausruhen.«
Sie versanken in ein gefälliges einträchtiges Schweigen, das in mancher Hinsicht beredsamer war als ihre Gespräche. Impulsiv streckte sie einen Arm nach ihm aus, um seine freie Hand in ihre zu nehmen. Er verschränkte seine Finger mit ihren. Sein Daumen ruhte auf ihrem Handgelenk, direkt auf ihrem beschleunigten Puls. Sie konnte der Verlockung nicht widerstehen, sie kuschelte sich an ihn und in seine Wärme und tat so, als würde sie schlafen. Doch das war mitnichten der Fall. Sie war hellwach, nicht willens, auch nur einen einzigen Moment zu verpassen. Eine vollkommen neue Landschaft in satten Grüntönen glitt draußen vorüber, und sie bekäme vielleicht nie wieder in ihrem Leben Gelegenheit, diese zu betrachten, gleichwohl mochte sie ihre Wange nicht von seinem Revers heben. Stattdessen schloss sie die Augen, sich sehr genau jeder Regung bewusst, die er bei ihr auslöste. Jedes Sehnen, jede Lusterregung, jeder süße Schmerz.
Auch das war eine Erfahrung, die sie vielleicht nie wieder in ihrem Leben machen würde.
15
D a die Straßen trocken waren, erreichten sie Bath gerade, als die späte Sommersonne den Horizont küsste. Rhys war über die Maßen von dem schönen Wetter und seiner schönen Begleiterin angetan.
Meredith klebte mit großen Augen und leicht geöffneten Lippen am Fenster,
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