Zwei Toechter auf Pump
Zeichenlehrers. Äußerlich ein scheues Reh mit einer dicken braunen Haarkrone und ebenso braunen Kulleraugen. Nach der Schule verloren wir uns aus den Augen, aber später tauchte sie wieder auf, weil sie einen Architekten geheiratet hatte, der zufälligerweise einen Artikel über Architektur bei mir unterbringen wollte, als ich noch Redakteur war. Theo hieß er. Wir kamen ebenso zufällig auf unsere Frauen zu sprechen, und dabei ergab sich die alte Beziehung. Aus der Beziehung wiederum ergab sich die entsprechende Rührung und aus dieser schließlich eine sehr nette Freundschaft. Nach dem Kriege zogen Theo und Luise in dasselbe Dorf wie ich, aber in das sogenannte Oberdorf, wo es von feinen Leuten wimmelt, als da sind pensionierte Ministerialdirektoren, erfolgreiche Porträtmaler, Filmkaufleute und moderne Architekten wie Theo, deren supermoderne Heime dann in der »Eleganten Frau< oder in »Wohnen und Lebern erscheinen.
»Hör mal zu«, sagte Luise jetzt am Telefon, »du gehst doch heute auf diesen Kostümball von den Schützen...«
»Woher weißt du denn das?«
»Woher! Alle gehen doch hin. Also, hör zu! Ich muß leider für drei Tage nach München. Und Theo möchte plötzlich auf diesen Ball, angeblich um Anregungen zu sammeln. Na, du kennst ihn ja! Ich habe ihm ein nettes Kostüm zurechtgemacht und dachte mir, du könntest ihn vielleicht im Wagen abholen und wieder nach Hause bringen. Damit er sich nicht erkältet.«
»Ja, gewiß — aber euer Wagen...«
»Den nehme ich natürlich. Und paß auf ihn auf, du weißt, wie die Weiber hinter ihm her sind!«
»Ja, sicher, gern. Aber ich habe da schon die beiden Mädchen von Bentlers zum Aufpassen...«
»Das kannst du sowieso nicht. Außerdem, wenn da was vorkommt, geht wenigstens keine Ehe kaputt.«
»Ja, ist es denn mit Theo dermaßen schlimm bei solchen Gelegenheiten?«
»Noch schlimmer! Er wirkt auf Frauen schlechthin dämonisch.«
»Ach, du lieber Gott, auch das noch. Na schön, ich hole ihn ab.«
»Bringst du ihn auch wieder heim?«
»Wenn ich noch fahren kann, ja. Sonst kann er ja bei mir schlafen.«
»Gut. Aber paß auf, daß er nicht aus Versehen mit Absicht bei deinen Mädchen landet. Solche jungen Dinger... warum sagst du denn gar nichts?«
»Ich?«
»Ja, du!«
»Na, ich dachte gerade nach. Ich werde ihm meine Couch geben und ihn einschließen.«
»Und wenn er nun durchs Fenster steigt?«
»Dann kann auch nicht viel passieren. Er bricht sich höchstens das Genick. Darunter liegt nämlich die Garageneinfahrt.«
»Ich habe immer gewußt, daß du eine Seele von Mensch bist. Da bin ich also unter Umständen morgen früh Witwe.«
»Unter Umständen. Übrigens hat dir Schwarz immer gut gestanden. Sonst noch was?«
»Ja. Paß auch auf dich gut auf!«
»Dazu werde ich gar keine Zeit haben.« Ich hänge auf. Und steige wieder in die Garage hinab. Als ich eben den Wagen geschwammt habe und mit dem Ledern anfangen will, klingelt wieder das Telefon. Es ist Theo: »Ich wollte nur wissen, ob du mich abholst?«
»Ja, ich hole dich ab. Warum kannst du eigentlich nicht die zehn Minuten bis hier zum >Königsbräu< laufen?«
»Im Kostüm? Wie stellst du dir das vor?«
»Na, zieh dir doch ‘n Mantel drüber, dummes Luder.«
»Dann friere ich trotzdem unten ‘rum.«
»Als was gehst du denn?«
»Als Mephisto. Im schwarzen Trikot, mit dem >Mäntelchen aus starrer Seide< und Degen.«
»Na schön, ich hole dich ab.«
Als ich wieder in die Garage hinunterkomme, steht dort Buddy und ledert den Wagen.
»Ja, Buddy, du bist wohl nicht gescheit? Wie kommst du denn darauf?«
Er scheint verlegen, ein bei ihm gänzlich unbekannter Zustand: »Ich — ich — die Margot hat mir nämlich erzählt, daß Sie so viele englische Bücher haben. Krimis. Und ob Sie mir vielleicht mal einen leihen würden! Englisch, das fällt mir nämlich ziemlich schwer, und da dachte ich mir, wenn ich so ‘n paar Krimis lese, die mich auch interessieren, dann geht’s vielleicht besser.«
»Ausgezeichnete Idee«, sage ich. »Am besten ist, du gehst ‘rauf in die Bibliothek und suchst dir selbst was aus.«
Mein schnelles Einverständnis scheint ihn zu bestürzen: »Nein — bitte, beeilen Sie sich doch nicht so, es hat ja Zeit! Erst möchte ich den Wagen fertigmachen, wenn’s Ihnen recht ist, um mich für das Leihen zu revanchieren.«
»Na schön. Bleib da vorn. Ich nehme mir das Hinterteil vor. Ich wäre längst fertig, wenn mich nicht gerade ein Freund angerufen hätte.«
Er
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