Zwei Toechter auf Pump
‘n paar Jungs.«
»Hm. Wer denn?«
Susanne grient: »Buddy, Thomas, Karl-Friedrich.«
Ich sehe sie vor mir: Buddy ist der kleine dunkle, drahtige, der Sohn des Sägewerkbesitzers. Netter Kerl. Wird trotz des vielen Geldes ziemlich streng gehalten. Sein Taschengeld vergrößert er unter anderem dadurch, daß er im Sommer auf dem Geländer der Landungsbrücke balanciert. Kostet für den, der sich diesen Artistenakt bestellt, fünfzig Pfennig. Er ist bisher nur zweimal dabei ins Wasser gefallen. — Thomas ist der Sohn der verwitweten Dorfschneiderin, ein großer, athletischer Kerl, sehr still und bescheiden und von bemerkenswert guten Manieren. — Und Karl-Friedrich ist etwas ganz Semmelblondes mit vorstehenden Karnickelzähnen, Sohn des pensionierten Direktors, der an der Kirche wohnt. Ein Bücherwurm, aber auch ein netter Kerl. Außerdem — zu fünft kann ja nichts passieren.
»Meinetwegen«, sage ich. »Aber um neun Uhr ist Schluß, Kinderchen.«
»Ja, Colonel.«
»Sagt mal, der Buddy...«
Margot hebt den Kopf: »Ja, was ist mit ihm?«
»Ich habe gehört, er soll nicht sein Abitur machen, sondern jetzt schon ins Geschäft vom Vater?«
Wieder wechseln die beiden einen Blick: »Er hat sich’s anders überlegt«, meint Margot dann betont beiläufig. »Er will doch ‘s Abi machen.«
»Aber ich denke, die Schule macht ihm keinen Spaß?«
»Wem macht schon die Schule Spaß?« sagt Susanne, und dann kichern sie beide. Irgend etwas ist dahinter, weiß der Himmel, was. Ich komme mir dumm vor und stehe auf: »Na, dann werde ich mal wieder.«
Sofort sind auch die beiden auf den Beinen. Ich bekomme wieder je einen Kuß, Margot hilft mir in den Mantel, und Susanne hält mir die Tür auf. Cocki und Weffi quetschen sich an mir vorbei ins Freie.
Ich stampfe noch hinunter zum See. Die Sonne, eine breitgedrückte Feuermelone, sinkt gerade in den blaugrauen Dunst des Horizontes. Ihr Schein reißt eine Glutfurche in den stählernen Schild des Sees. Das Rund der vereisten Berge blinkt orange. Der Eisvogel zischt wie eine kleine, bunte Rakete an mir vorbei ins Bootshaus, wo er sein Nest hat. In der eisfreien Rinne, dort, wo der Krebsbach in den See mündet, ist ein Schwarm Bleßhühner vor Anker gegangen. Ein paar Krähen marschieren auf dem Eis umher und sehen ihnen beim Tauchen zu. Ich warte, bis die Sonne herunter ist und die Berge rot zu glühen beginnen. Dann gehe ich heim.
»Na?« fragt die Mama.
»Na ja — zwei Mustermädchen.«
»Das habe ich dir doch gesagt!«
»Addi muß sie ja ganz fürchterlich zusammengestaucht haben, ehe sie weggefahren ist.«
»Es sind zwei liebe, nette Mädchen!«
»Tja — offenbar.«
Punkt sieben Uhr erscheinen die Bürstenköpfe. Sie kommen natürlich per Rad, trotz des Schnees, und wir verfolgen ihre Ankunft hinter der Gardine. Es sind aber nicht drei, sondern fünf. Zwei davon kenne ich nicht. Die Mami kennt sie auch nicht. Der eine ist ein Langer mit einer Brille, und der andere ein untersetzter Schwarzer, breit wie ein Gorilla.
»Das sind schon ältere«, sagt die Mama. »Möchtest du nicht ‘rübergehen und feststellen, wer das ist?«
»Ich denke gar nicht daran. Fünf Stück — was soll denn dabei passieren? Wahrscheinlich lauter Akquisitionen von Susanne. Außerdem ist ja Margot da, die sich nichts aus den Bengels macht und aufpaßt.«
Bald darauf ertönt der erste Mambo, und die Vorhänge werden zugezogen. Wir sehen nur noch die Schatten der tanzenden Paare.
Unser Abendbrot verläuft einsilbig, die Mama sieht immer wieder auf die Uhr. Nach dem Essen verliefe ich mich wieder in meinen Jugendartikel. Plötzlich erscheint die Mama:
»Es ist fünf vor neun, und sie tanzen immer noch!«
»Na, laß sie doch, es ist ja noch nicht neun.«
»Was machen wir aber, wenn es neun ist, und sie immer noch tanzen?«
»Dann gehe ich ‘rüber und blase den Zapfenstreich.«
Aber Schlag neun Uhr ist drüben Schluß mit der Musik, man hörte Stimmengebrabbel, dann flammen ein paar Lichtpunkte auf, offenbar Zigaretten, und gleich darauf klingeln die Fahrräder. Die Mama gähnt: »Na, so um halb zehn gehe ich noch mal hin und sehe nach, ob alles in Ordnung ist!«
»Das wirst du nicht tun. Es ist grimmig kalt draußen, und außerdem bist du müde.«
Um halb zehn gehe dann ich noch mal hinüber. Die beiden Hunde bleiben draußen im Garten. Sie heben erst die Beine, und dann fangen sie an, im Schnee zu graben. Drinnen ist schon alles dunkel. Erst mache ich die Runde durch die
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