Zwei Toechter auf Pump
auch ‘n bißchen daran mitgewirkt hat?«
»Töchter werden nur von den Müttern erzogen!«
»Verzeihung.«
Da tut sich die Tür auf, und die beiden erscheinen. Es verschlägt einem ja immer ein bißchen den Atem, wenn man vertraute Menschen plötzlich ganz verändert und geschminkt im hellen Tageslicht sieht. Susanne hat sich aus etwas blau-weiß Gestreiftem eine Art Männer-Pyjama zurechtgemacht, zu dem sie einen blau-weißen Papierzylinder und einen Spazierstock trägt, an dem eine rote Papierrose angebunden ist. Margot hat sich einen Mop als Perücke über den Kopf gestülpt, die Augen mit Schminke langgezogen, das Gesicht ist gelb bemalt. Sonst ist sie etwas spärlich bekleidet: Büstenhalter, um den linken Oberarm ein paar Messingringe, blaues, kurzes Röckchen und um die Fußgelenke ein paar Bijouterie-Armbänder der Mutter.
Die Mama ist sichtlich beeindruckt, besonders von Susanne: »Sehr nett, Susannchen, sehr nett! Hast du denn unten ‘rum was an? Bißchen dick um die Hüften!«
»Ja, ich hab’ was drunter«, sie schießt einen keuschen Blick auf mich, »damit man in der Hose die Formen nicht so sieht.«
Margot bläst die Lippen auf und macht: »Pöh!«
»Du brauchst dich über deine Schwester gar nicht zu mokieren«, sagt die Mama. »Schließlich seid ihr schon erwachsene Mädchen, mit allerhand vorn und hinten. Könntest du nicht wenigstens den Nabel mit irgend was so ‘n bißchen zumachen, Margot? Was soll eigentlich dieses Kostüm vorstellen?«
Margot dreht sich einmal um ihre Achse, wobei das duftige blaue Röckchen hochfliegt und ein ganz abnorm kurzes Höschen enthüllt: »Ich bin Amen Heteb, die Ägypterkönigin. Vielleicht kann ich mir einen Rubin in den Nabel kleben — irgend so ‘n Stück rotes Glas natürlich nur. Ich glaube, so was trug man damals auch im alten Ägypten, stimmt das, Colonel?«
»Wie — ach so, ja, möglich. Ich muß mal drüben in meiner Steinsammlung nachsehen, vielleicht finde ich was Geeignetes.«
Die Mama sieht nun zunehmend bedenklich aus, aber bevor sie etwas sagen kann, ist draußen ein Hupen, und die Hunde, die derweilen mit ihren schneenassen Füßen auf der Couch in Teddys Arbeitszimmer gepennt haben, fahren mit Gebrüll ans Fenster.
»Ach, um Gottes willen, die Kohlen!« schreit die Mama. »Ich gehe schon ‘rüber«, sage ich.
»Nein, das mache ich! Das kannst du nicht. Ich muß die Säcke zählen und aufpassen, daß die Männer mir nicht alles volltrampeln.« Sie hastet in die Diele und kämpft mit ihrem Mantel. Susanne hilft ihr dabei.
»Lieb von dir, mein Kind«, sagt die Mama. »Sehr lieb von dir. Was soll eigentlich dein Kostüm vorstellen?«
»Kavalier aus Nymphenburger Porzellan.«
»Sehr schön — sehr schön. Margot, bei dir weiß ich allerdings nicht...«
»Paß auf«, unterbreche ich, »daß du draußen nicht ausrutschst. Und gib den Kohlenmännern nicht wieder soviel Vermouth zu trinken. Das letztemal haben sie den halben Zaun mitgenommen, als sie abfuhren.«
Sie hat die Tür aufgerissen und eilt den engen Schneepfad entlang. Cocki fährt so dicht an ihren Beinen vorbei, daß er sie um ein Haar umwirft. Weffi hoppelt mit gellendem Gebell hinterher, traut sich aber nicht an ihrem Mantel vorüber. »Und trink du selber auch nicht soviel!« rufe ich hinter ihr her.
Aber sie hört gar nicht mehr. Ich sehe, wie sie drüben von einem der Kohlenleute mit einer galanten Verbeugung begrüßt wird. Es ist der schöne Alfred, Mamas ebenso stiller wie später Schwarm. Sie findet, daß er ein >ausgesprochen schöner Kerl< sei, >besonders, wenn er gewaschen ist<. Sie hat ihn einmal in diesem Zustand auf der Straße getroffen und ist seitdem hingerissen von ihm. Ich drehe mich grinsend um und finde, daß auf der Diele eine heftige Diskussion zwischen den Mädchen im Gange ist.
Die Königin Amen Heteb erklärt: »Der Colonel wird schon was für meinen Nabel finden. Und wenn er nichts findet, gehe ich eben so.«
»Ich würd’ mir auf jeden Fall was ‘reinmachen«, meint der Nymphenburger Kavalier spitz, »so schön ist er nicht.«
Die verlängerten Augen flammen: »Du hast’s nötig, du Schraube, du saublöde! Du falscher Tugendpinsel! — Ich werde dir mal was zeigen, Colonel!« Und ehe es Susanne sich versieht, springt Amen Heteb wie eine Katze auf sie zu, packt einen kleinen Haken an Susannes Hals und reißt einen Reißverschluß auf. Der Nymphenburger Kavalier sinkt in zwei Hälften rechts und links an ihr herunter, und vor mir steht
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