Zwei Toechter auf Pump
ob ich das Recht habe, dieses bezaubernde Kind der Aphrodite aus seinen Südseeträumen zu reißen. Wenn ich nun aber nachgebe? Dann wäre wahrscheinlich kein Halten mehr. Eine erneute, diesmal sehr besorgte Musterung des weiblichen Corpus delicti ergibt, daß es sich um ein voll erblühtes junges Weib handelt, dessen Manometernadel bedenklich über der Gefahrenmarke zittert. Und der Mann? Er sieht einerseits nicht unsympathisch, andererseits aber beängstigend männlich und überdies keineswegs so aus, als ob man eine Alimentenklage gegen ihn mit Erfolg durchsetzen könnte. Geschweige denn eine Eheschließung.
Fred neben mir zeigt auf Jimmy und sagt dann zu Buddy: »Wenn der glaubt, daß er mir so ‘nen steilen Zahn abschrauben kann, ist er schief gewickelt. Den puste ich doch glatt aus der Hose.«
Buddy übersetzt, als ich ihn ratlos ansehe: »Das ist Jazzdialekt. Zahn heißt Mädchen, steil heißt prima und abschrauben heißt wegnehmen. Alles veraltet übrigens. Kein Mensch redet mehr so — außer Fred.«
Jimmy scheint keinen Übersetzer zu brauchen. Er betrachtet den Torero Fred, wobei sich ein gefährliches Grinsen über sein Gesicht verbreitet. Dann zieht er seine Arme so plötzlich unter Susanne weg, daß sie hintenüberkippt, steht auf, streift das Hemd über und steigt aus der Jolle: »Come on, sunny boy, let’s get it over with!«
Fred wird blaß, aber er weicht nicht zurück: »Was sagst du da?«
»Komm ‘raus, ich mach’ dich fertig«, übersetze ich nicht ganz genau, aber mit Vergnügen. Plötzlich ist auch Karl-Friedrich neben mir: »Wir gehen mit, als Sekundanten«, sagt er mit einem Blick auf Buddy.
»Also gut«, meint Fred. Er schwitzt, aber in seinen Augen brennt ein böses Licht. Sie schieben zu viert in Richtung auf den Ausgang ab. Susanne hockt mit glitzernden Augen in ihrer Traumjolle: »Wir müssen auch mit, Colonel!«
»Einen Schmarrn müssen wir! Los, komm ‘raus, steiler Zahn, es ist ein Uhr. Nichts wie in die Falle.«
»Aber sie schlagen sich doch meinetwegen!«
»Stimmt. Und dafür sollte man dich schlagen.«
Sie steigt über die Tische, klappert mit den Augen und legt mir die Arme um den Hals: »Ach, Colonel, lieber Colonel!«
Ich binde mir die Arme wieder ab: »Marsch, ins Bett!«
»Er hat gesagt, er will mich modellieren, als Venus!«
»Die Sorte Venus, die der zustande kriegt, kann er aus jedem Schrotthaufen zusammenschrauben. Hier lang geht’s zur Garderobe.«
»Moment, Colonel, ich muß mal hier ‘rein, ich verliere meinen Rock!«
»Das möchte dir so passen. Du hast ja hoffentlich noch was drunter.«
»Ich muß aber sowieso mal!«
»Das kannst du zu Hause erledigen. Marsch, weiter. Wo hast du die Garderobenmarke?«
»Ich weiß nicht...«
»Aber ich. Die Strippe guckt ja da aus deinem lächerlichen Büstenhalter. Na, wird’s bald? Ich möchte nämlich auch noch was von diesem Abend haben.«
Sie merkt, daß es mir Ernst ist, holt die Marke vor und zieht eine Schippe. Plötzlich ist sie gar nicht mehr verführerisches Weib, sondern trotziges Kind: »Margot muß aber auch gehen!«
»Deine Schwester ist im Gegensatz zu dir ein braves Kind, das sein Wort hält. Sie ist seit halb zwölf im Bett. Hier, schlupf in den Mantel.«
»Woher weißt du denn, daß sie im Bett ist?«
»Weil Buddy sie selber ‘rübergebracht hat.«
Nun ist sie wieder Weib mit tanzenden Koboldlichtern in den Augen: »Na, dann glaube ich’s! Ist er nicht rührend, der brave Buddy?«
»Du solltest dich schämen, nimm dir ein Beispiel an ihr. Klapp den Kragen hoch und mach den Mund zu. Draußen ist es kalt.«
Als wir ins Freie treten, merke ich sofort, daß die Kälte weiter angezogen hat. Ein Dreiviertel-Mond, unter dem die letzten Wolkenschleier dem Gebirge zujagen, scheint durch das eisenstarre Wintergeäst. Die Lichtquadrate, die aus den hohen Fenstern auf den Schnee fallen, lassen ihn bläulich-golden aufflimmern. Rings um den verglasten Mauerwürfel, in dem die Zweibeiner toben und lärmen, stehen ihre vierrädrigen Sklaven, geduldig wartend, mit bizarren Schneegebilden auf ihren Dächern, Kotflügeln und Motorhauben. Mit den Augenöifnungen der von den Scheibenwischern freigelegten Löcher sehen sie aus, als hätten sie sich der närrischen Stunde entsprechend maskiert.
Ich merke, wie Susanne an meiner Seite schaudert. Sie kuschelt sich — trotz Wut — eng an mich.
»Schnell ‘rüber«, sage ich, »du hast ja nicht mal Strümpfe an!«
Da kommen Stimmen und Schatten durch
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