Zwei Toechter auf Pump
das bläuliche Mondlicht auf uns zu. Es sind zwei, die einen dritten in der Mitte führen. Mit dem dritten ist irgend etwas nicht in Ordnung. Dann sehe ich, daß es Buddy und Karl-Friedrich sind, die den Fred zwischen sich schleppen. Wir hören, wie er mit etwas undeutlicher Stimme murmelt: »Aber mein Magenhaken war nicht schlecht, das müßt ihr zugeben!«
»Nimm mir’s nicht übel«, meint Buddy, »aber das war ein Tiefschlag, ein ausgesprochenes Foul.«
»Foul!« murmelt Fred empört. »Hast du das gehört, Karli?«
»Na ja«, kommt die ruhig-diplomatische Antwort, »er saß ‘n bißchen tief, ist schon wahr.«
Nun stehen wir uns gegenüber. Susanne schreit auf: »Fred — wie siehst du denn aus?«
Fred hat ein dunkelblaues linkes Auge, das schon halb zugeschwollen ist, eine aufgespaltene Lippe, die sein Torerokostüm vollgeblutet hat, und eine Beule an der linken Kinnladenseite, ziemlich genau am richtigen Punkt.
»Kleinigkeiten«, murmelt er. »Wir gehen jetzt ‘rein und saufen’s weg. Au!«
Er hält sich den Mund, und ein paar Tropfen Blut rinnen durch seine Finger.
»Du mußt ja auch dauernd quasseln«, sagt Buddy. »Davon wird’s nur schlimmer.«
»Wie ist es denn ausgegangen?« frage ich.
»Knockout in der ersten Runde«, erklärt Karl-Friedrich wich tig.
»Aber mein Magenhaken...«, wiederholt Fred, »au!«
»Wo ist denn dieser Amerikaner?«
»Der ist erst an ‘n Baum gegangen, weil ihm nach dem Tiefschlag übel war«, sagt Buddy, »und dann, glaube ich, zu Ihnen ‘rüber, Colonel.«
»So. Na, ich werde mich mal um ihn kümmern. Aber erst bringe ich dich nach Hause, Susanne.«
»Soll ich sie bringen?« bietet sich Buddy an.
»Nee, laß man, Junge. Du hast genug von deinem Abend geopfert.«
»Ich bring’ sie aber gern!«
»Nehm’s für geschehen. Kümmert euch um eure Boxleiche da.«
Susanne reißt sich von mir los, stürzt sich auf Fred und gräbt in ihrem Mantel nach einem Taschentuch. Mit dem Tuch tupft sie seine Lippe ab: »Ich gehe mit! Wir müssen ihn doch verbinden!«
Ich befördere sie mit einem an Cocki weidlich ausprobierten Ruck wieder an meine Seite: »Das können die beiden anderen viel besser. Wenn Sie wollen, Fred, rufe ich den Arzt an.«
Er lächelt schief: »Danke, nicht nötig!« Und dann triumphierend zu den beiden anderen: »Na, jedenfalls habe ich dem Penner seinen Zahn abgeschraubt!« Und damit verschwinden sie im Lokal.
Susanne preßt meinen Arm, und im Mondlicht sehe ich, wie ihre Augen glänzen: »Er hat sich für mich geschlagen! Ist das nicht aufregend?«
»Ich habe dir schon gesagt, was ich davon halte, du steiler Zahn. Wo hast du denn deinen Hausschlüssel?«
»Den hat Margot.«
»Na, servus. Die schläft doch wie ein Murmeltier.«
»Die schläft nicht.« Sie klopft an die Scheibe, und drin ist auch gleich Licht hinter den Gardinen. Dann macht Margot auf, im Schlafanzug: »Wie ist es ausgegangen?«
»Ach toll!« sagt Susanne. »Fred hättest du sehen sollen! Mit seinen Wunden! Wie im Film! Aber der Jimmy hat auch was abbekommen, so, daß ihm übel wurde!«
»So, und jetzt Tür zu und ins Bett!« kommandiere ich. »Vor allen Dingen du, Margot, sonst holst du dir noch was. Ich komme gleich wieder vorbei und sehe nach, ob das Licht auch aus ist.«
Ich muß mir einen Pfad durch den Garten hinüber zu meinem Haus stampfen. Unten liegt die verdämmernde Fläche des Sees mit den schattenhaften Linien der Landungsbrücke, der Schnee knirscht, und die Sterne flimmern grün und blau. Wie tröstlich, daß das alles unbeirrt neben dem Getobe da hinten weiterexistiert.
Dann wundere ich mich, woher eigentlich Margot gleich wußte, daß dieser Boxkampf stattgefunden hat — na ja, wahrscheinlich haben es ihr Buddy und Karl-Friedrich erzählt, sind schnell mal ‘rübergelaufen. Der Dorftelegraf hat jedenfalls mal wieder gut gearbeitet. — Und woher wußte Susanne, daß Margot noch nicht schlief? Sonderbar.
Daheim mache ich einen Rundgang durch das Erdgeschoß. In Frauchens Bett liegen Brandt und dieser Jérôme. In der Bibliothek hat sich Jimmy zwei Sessel zusammengerückt, hängt dazwischen und stöhnt im Schlaf. Die Sensation aber finde ich in meinem Zimmer. Bei voll aufgedrehter Heizung liegt die Schwedin im königlich-schwedischen Badekostüm. Das heißt, sie hat nur die Heizung an. Dazu brennt die Tischlampe. Die Decke hat sie — wohl wegen der Hitze — weggeworfen, und über die Stühle verteilt hängt ihre sehr dürftige Garderobe. Neben ihr
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