Zwei Toechter auf Pump
gedrehten Neandertalern niedrig gerechnet doppelt soviel wie ich. Aber ich schau’ trotzdem mal nach.«
Im Zimmer sehe ich zunächst nur Brandts dickes Hinterteil und seine Schuhsohlen. Der Rest steckt unter dem Bett. Als er die Tür klappen hört, richtet er sich auf. Mit der Frisur und den dicken Säcken unter den Augen sieht er wirklich wie ein altes Pony aus.
»Sie ist weg!« sagt er.
»Wer — die Schwedin?«
»Idiot! Die Brieftasche!« Er steht auf, kratzt sich den Kopf und sieht sich im Zimmer um.
»Vielleicht hat sie einer von deinem Gang eingesteckt?« frage ich. »Die kleine liebe Schwedin zum Beispiel.«
»Blödsinn. Warum? Außerdem habe ich sie gefragt.«
Sein fester Glaube an die Anständigkeit seiner Mitarbeiter beschämt mich: »Kannst du dich denn nicht entsinnen, wann du sie das letztemal hattest?«
»Wenn ich das wüßte, würde ich nicht hier in deiner Bude ‘rumkriechen.«
»Na, hast du denn drüben die Rechnung bezahlt?«
»Weiß ich nicht.«
»Hast du vielleicht was an der Bar getrunken?«
»Ja — ‘n Cognac.«
»Und bezahlt?«
»Warte mal — ja, doch, ich hab’n bezahlt. Es war ein dolles Gedrängel, und so ‘n Kerl mit enormen Schultern hing noch halb auf mir drauf und wurde pampig, als ich ihn wegschob. Da hab’ ich bezahlt. Also muß sie noch dagewesen sein!«
»Und nachher — hier, beim Ausziehen? Legst du sie bei dir daheim immer irgendwohin, auf den Nachttisch zum Beispiel, oder läßt du sie im Anzug?«
»Ich leg’ sie immer auf den Nachttisch.«
»Kannst du dich erinnern, ob du’s heute nacht auch getan hast?«
»Nein — das heißt, doch — das heißt, nein — ich meine, sie war nicht mehr da! Ich habe sie nicht gefunden, jetzt fällt’s mir ein!« Er betrachtet mich mit erschrocken aufgerissenen Augen: »Mensch, die ist mir geklaut worden, da an der Bar!«
»Möglich.«
»Möglich? Ganz sicher! Was soll ich jetzt machen?«
»Wieviel war drin?«
»Na — ‘ne ganze Menge, zwei- oder dreihundert Mark. Viel hatte ich nicht ausgegeben.«
»Dann würde ich dir raten, ‘rüberzugehen und es dem Wirt zu sagen. Vielleicht hast du sie danebengesteckt, und man hat sie gefunden.«
»Kannst du das nicht für mich machen?«
»Meinetwegen.«
»Schön. Dann haue ich jetzt ab.«
Kaum ist Brandt weg, da klingelt Thomas. Seine Brust hebt und senkt sich heftig. Offenbar ist er den Weg zurück wie wild gestrampelt.
»Ach, richtig, Thomas«, sage ich möglichst gleichgültig. »Geh schon immer in die Garage und nimm dir den Schneeschieber. Ich hole den Mantel.«
»Was für einen Mantel?« fragt der Schloßgeist von oben über das Geländer. Ich schiebe Thomas schnell auf die Garagentreppe und gehe hinauf. Nach kurzer Zeit habe ich die mütterlich-pessimistischen Bedenken über die Weggabe eines — nach einem Weltuntergang immerhin vielleicht noch verwendbaren — Kleidungsstückes besänftigt. Sie will sogar durchaus noch schnell eine aufgeplatzte Naht zunähen und kann nur durch den Hinweis davon abgebracht werden, daß Thomas’ Mutter ja schließlich die Witwe des Dorfschneiders ist.
Dann bringe ich Thomas den Mantel. Er muß ihn oben in der Diele vor dem Spiegel anziehen und wird ganz stumm vor Stolz. Schnell saust er wieder hinunter und betritt hinter mir mit geschultertem Schneeschieber den Garten.
»Schau mal an«, sage ich, »du hast Konkurrenz!«
Drüben vor Bentlers Haus ist eine Gestalt im ärmellosen Lederkoller tätig: Wieder mal der Reiserer-Franz. Wir schütteln uns im Dreieck feierlich die Hände. Dann gehe ich hinein und die beiden Schnee-Experten an ihr Werk.
Drinnen finde ich Susanne im Mädchenzimmer am Fenster über eine Näherei gebeugt. Die kalte Wintersonne fällt auf ihr Haar und läßt es wie eine Gloriole um ihren schmalen Kopf flammen. Prachtvolle Gegenlichtaufnahme, geht es mir durch den Kopf. Laut sage ich: »Draußen schippt wieder dein Reiserer-Franz.«
Sie wirft die Lippen auf: » Mein Reiserer-Franz! Von mir aus kann er schippen, bis er ‘n Meter kürzer ist.«
»Eigentlich müßtest du die Einfahrt freischaufeln. Das ist dir doch wohl klar.«
»Das ist mir gar nicht klar. Margot kann ja...«
»Margot kann gar nicht, denn sie geht jetzt mit mir weg. Außerdem ist nicht sie aus dem Fenster geklettert, sondern du!«
In ihren Augen funkelt Spott, ein allerdings etwas unsicherer Spott: »Also Strafarbeit!«
»Sehr richtig, an Stelle von Popo voll, was eigentlich verdient.«
Darüber will sie sich nun vor Lachen
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