Zwei Toechter auf Pump
ganz krumm ist.
»Tut mir so leid«, sagt sie leise, als ich nur schweigend nicke. »Du hast Wichtigeres zu tun als dich um unsere Weiberaffären zu kümmern.«
Ich nehme ihren Arm: »Ich weiß nicht mal genau, ob das, was ich zu tun habe, wichtiger ist.«
Sie drückt meinen Arm, sagt aber nichts weiter.
Wir halten uns von den Ufersteinen fern, die mit dickem Eis glasiert sind, und stampfen immer am Ufer entlang durch den Schnee.
Margot holt tief Atem und sagt:
»Du mußt mir helfen, Colonel. Die Luzie nämlich, die Luzie Moosmüller — ach, du weißt wieder nicht, welche ich meine. Die Blonde, Große, die im schwarzen Trikot als Krampus ‘rumgegangen ist und sich so an dich drängelte, als du bei Rauschbachers zur Kinderbescherung warst!«
»Ach, die — ja, erinnere mich. Sie drängelte übrigens sehr gekonnt.«
»Eben. Ihr Vater ist Lehrer in Biederstein, und die Mutter ist so ‘ne unruhige Hummel, dauernd auf der Walze. Und sobald beide weg sind, hängt die Luzie ein Tuch ins Fenster, und dann kommen die Jungens — wie die Bienen.«
Die Sonne hat die Nebel überwunden und flammt in dem Eis vor unseren Füßen. Vor den Ufersteinen steht abgebrochenes zerzaustes Rohr, und um jeden Halm hat sich ein Kristallfüßchen aufgebaut, daß es wie tausend Brillanten sprüht. Jedes der Füßchen ist anders zusammengesetzt, aber im Stil sind alle gleich.
»Siehst du diesen Naturbarock?« frage ich. Und als sie nur stumm nickt: »Na, das ist doch nun nicht weiter tragisch. Ich denke da an zwei junge Damen, um die die Jungen auch wie die Bienen schwärmen.«
Sie sieht mich immer noch an. Ihre Augen unter den langen, dunklen Wimpern sind riesengroß, das Stupsnäschen, der herzförmige Mund, die Wangen wie Pfirsiche und unter der Mütze ein paar widerspenstige braune Haarzotteln. In seiner blühenden Unschuld ein bezauberndes Bild.
»Der Unterschied ist aber«, sagt die blühende Unschuld, »daß sie mit den Bengels schläft. Und neuerdings besonders gern mit Buddy. Seitdem sie weiß, daß ich ihn habe. Die pure Niedertracht von dem Biest. Als ob sie nicht genug Exemplare in ihrer Käfersammlung hat!«
Sie merkt gar nicht, daß ich innerlich nach Luft schnappe, sondern starrt nur nachdenklich auf die Kristallränder vor unseren Füßen.
»Ich bin nicht albern, Colonel. Selbstverständlich weiß ich, daß ihr anders konstruiert seid als wir. Buddy ist ein ausgewachsener Mann von neunzehn. Ich fürchte nun, daß ich ihn auf die Dauer verliere. Er neigt nämlich zur Dankbarkeit. Was soll ich tun?«
Ich räuspere mich: »Muß ich mir erst überlegen. Laß uns da ‘raufgehen, den Bach entlang.«
Oben am Bach sitzen Eichelhäher, die sich sonst scheu in den Wäldern bergen, und hacken im Schnee herum. »Die müssen ja einen barbarischen Hunger haben«, meine ich. »Sieh mal, sie fliegen kaum zur Seite, wenn wir Vorbeigehen.«
»Die haben’s trotzdem gut«, erklärt sie düster. »Die haben keine Zeit für Gedanken. Aber ich...« Sie bleibt stehen, preßt die Faust im roten Strickhandschuh gegen die Brust: »Wenn ich nachts so daliege und mir vorstelle, jetzt ist er bei der — und nur, weil ich zu feige bin —, soll ich’s ihm geben, was er braucht, Colonel? Ich liebe ihn doch so furchtbar, Colonel, habe ich denn ein Recht...« Und dann liegt sie mit dem Gesicht in meinem Pelzkragen und schluchzt, daß es sie schüttelt. Ihre Hände krampfen sich so in meine Arme, daß es durch den Stoff hindurch noch weh tut. Ich lege einen Arm um sie und streichele ihre Schultern. Welche furchtbare Verantwortung hat da nach mir gegriffen! Ich ahnte ja, daß da etwas ganz Schweres kommen würde. Meine Skrupel in der vergangenen Nacht waren eine Kleinigkeit gegenüber dieser Wirklichkeit. Was mache ich nur mit diesem kleinen Kerl?
An meiner Brust rührt es sich. Sie wischt sich die Nase an meinem Pelzkragen ab, stemmt sich von mir fort, lächelt. Ich gebe ihr mein Taschentuch, sie putzt sich die Tränen ab, schnaubt sich gewaltig, gibt mir das Tuch wieder: »Das stinkt ja wieder so nach Auto! Gib’s mir, ich wasch’s mit durch.«
»Gut, hier hast du’s. Tja, und nun zu deinen Problemen. Das kann man natürlich nicht im Handumdrehen mit ja oder nein entscheiden. Das bedeutet keineswegs...«, füge ich hastig hinzu, als ich Enttäuschung und Mißtrauen in ihren Augen sehe, »... daß ich mich um eine klare Antwort drücken will. Aber sie muß doch Hand und Fuß haben. Dazu ist mir die ganze Sache viel zu ernst.«
Sie
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