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Zwei Toechter auf Pump

Zwei Toechter auf Pump

Titel: Zwei Toechter auf Pump Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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Töchter. Der älteste Sohn ging in meine Klasse, war also, wie ich, ungefähr fünfzehn Jahre. Er hatte ein ganz rundes Gesicht und erfrorene Hände. Und dann war noch eine ältere Schwester da, an die erinnere ich mich, ein hübsches Mädel, aber schon sechzehn. Sie hatte einen festen Freund. Wenn sie von dem erst bei Dunkelheit zurückkam, wurde sie von den Geschwistern über eine Ziegelmauer gehievt, die Glasscherben obendrauf hatte. Von da ging’s durch den Garten in den Hintereingang und oben noch über einen Balkon in ihr Zimmer. Es war sehr kompliziert. Tja, und dann war da noch die Zweitälteste Tochter, Steffi, ein Jahr jünger als wir. Sie hatte dasselbe runde Gesicht wie ihr Bruder, zwei große, veilchenblaue Augen und lange dicke braune Zöpfe, die ihr fast bis in die Kniekehlen hingen, so richtige starke Pferdehaare.
    Eigentlich war ich ja noch ein Kind um diese Zeit. Meine ganze Leidenschaft war Soldatenspielen. Ich hatte eine große Armee und Kriegsschiffe und Holzhäuser und Brücken und Bäume und zusammensetzbare Papptafeln, die dann Flüsse und Wiesen und Hügel ergaben, auf denen ich meine Indianerschlachten oder meine Kämpfe aus Napoleons Zeit ausfocht. Mein Großvater, bei dem ich nach dem frühen Tod meines Vaters mit der Mama lebte, brachte mir von seinen Dienstreisen immer neue Schachteln voll Soldaten mit. Während ich meine Phantasieschlachten schlug, tobte draußen von Galizien bis nach Flandern, von der Nordsee bis zu den Dardanellen in furchtbarer Wirklichkeit der Erste Weltkrieg. Aber davon merkten wir Kinder nichts oder nur sehr wenig. Es gab zwar schlecht zu essen, das war schlimm. Andererseits aber wurden viele Lehrer eingezogen, und das war fein, denn mit dem Ersatz konnten wir machen, was wir wollten. Manche unserer Mitschüler erschienen mit schwarzen Armbinden, dann war draußen ein Bruder gefallen oder vielleicht auch der Vater. Aber uns focht das nicht an. Ich hatte weder Bruder noch Vater, und von den Missionskindern war auch keines im Feld, und Bombenangriffe erreichten damals das Hinterland noch nicht. Der Krieg war irgendwo ganz weit weg, nur in den Zeitungen und Verlustlisten.
    In unserer Klasse nun gab es ein paar ältere, die schon mehrmals sitzengeblieben waren, und einer davon hieß Reubling, Kurt Reubling, ein massiver Bursche mit Kneifer, der einen kleinen Schnurrbart trug und eine tiefe Stimme hatte. Sein Gesicht war oval und groß und wäre eigentlich ganz hübsch gewesen, wenn er nicht immer so merkwürdige rote Flecke auf den Backenknochen gehabt hätte wie aus Schminke. Kurt Reubling also zeigte immer einen Schlüssel herum und erklärte, das sei der Hausschlüssel einer verheirateten Frau, mit der er ein Verhältnis habe.«
    Die Mama räuspert sich, aber die beiden Mädchen schlagen die Hände zusammen und amüsieren sich: »Weiter, Colonel, ist ja himmlisch!«
    »Na ja, also — der Reubling, der stach mir in die Nase. Ich war nämlich sehr ehrgeizig und wollte immer die erste Geige spielen. Kurt mit seinem Schlüssel zur verheirateten Frau hatte mich total ausgestochen. Darum fühlte ich mich verpflichtet, unbedingt auch eine Freundin zu besitzen. Ich fragte den Missionarssohn — wie hieß der denn bloß —, ach ja, Ottfried Weber! Weißt du noch, Mulleken?
    Wenn er zu uns kam, war immer seine erste Frage: >Gibt’s heute Eier?< Eier gab es nämlich bei Missionars selten, weil die zu teuer waren. Er bekam auch abgelegte Sachen von mir und ab und zu nicht mehr ganz standfeste Soldaten und Trainwagen mit drei Rädern und verbogenen Deichseln, die er sich selbst reparierte. Ich ließ ihn auch immer von mir abschreiben, weil er sich in der Schule sehr schwer tat. Als ich ihm nun erklärte, ich brauchte unbedingt eine Freundin, zog er pflichtgemäß die Stirn in Falten und dachte angestrengt nach.
    >Was willste denn mit so ‘ner blöden Gans?< fragte er schließlich.
    >Ich werd’ schon sehen, was ich damit mache. Man muß eben so was haben, das verstehst du nicht.<
    >Nee, das verstehe ich bestimmt nicht!< sagte er. >Das gackert doch nur durch die Gegend, und frech sind sie wie Affendreck, und du mußt nachsichtig und vorsichtig sein mit ihnen, weil’s doch Mädchen sind — ein blödes Volk.< Plötzlich erhellte sich sein Gesicht: >Wie wär’s denn mit Steffi?«
    Steffi — darauf war ich noch gar nicht gekommen. Nicht mal schlecht, die Idee. Ich kannte sie ja nur vom Trapper- und Indianer- und Räuberspiel als einen ziemlich festen Brocken, der mir beim

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