Zwei Toechter auf Pump
glücklich!
Meine Einladung wird von den beiden Mädchen mit beklommener Artigkeit entgegengenommen. Sie fletschen die Zähne wie zwei Gäule, was offenbar freudige Überraschung ausdrücken soll. Unmittelbar nachdem ich wieder in mein Haus zurückkomme, setzt drüben lebhafter Stafettenverkehr der Stifteköppe ein. Anscheinend wird eine ganze Reihe von verabredeten Rendezvous umgeschaltet.
Kurz bevor sie kommen, fällt mir auf, daß beide Hunde verschwunden sind. Weffi finde ich oben unter dem Eßtisch. Er liegt vor einer toten und inzwischen aufgetauten Maus und wedelt schüchtern. Rund um ihn herum lösen sich mehr oder minder große Eisstücke auf, die er sich aus den Pfoten geknackert hat. Ich nehme ihm die Maus weg, gebe ihm dafür sein Bällchen, streichele ihm das Köpfchen, und dann gehe ich hinaus, um die Maus vom Balkon in den Garten zu werfen. Dabei pfeife ich dem kleinen Löwen. Eine Weile ereignet sich gar nichts, dann taucht er aus einem Gebüsch in der entferntesten Ecke des Gartens auf. Er ist über und über mit Schnee bekleistert und sieht mich traurig an. Ich gehe hinunter und lasse ihn durch die Terrassentür ein. Er watschelt an mir vorbei, ohne mich eines Blickes zu würdigen, und steuert die Küche an. In Anbetracht der Schneeklunkern dirigiere ich ihn auf das Badezimmer um, er gehorcht mürrisch: >Du kümmerst dich ja doch nicht mehr um uns!<
Es gibt mir einen Stich. Ich sehe mich um. Da liegt meine Arbeit auf dem Schreibtisch, steht mein neuer Radioapparat, über den ich mich zu Weihnachten so gefreut, meine Bücher, unten in der Garage mein Boxie, an dem ich normalerweise um diese Zeit bestimmt die Stoßstange neu eingefettet und die Batterie kontrolliert hätte. Alles weit weg. Die alten Möbel, meine lebenslangen Freunde, sind plötzlich nur hölzerne Kisten und mein Boxie ein Stahlbehälter mit Rädern. Das Leben und die Jugend haben sie entwertet. Durch eine schmale, unendlich tiefe Kluft fühle ich mich von ihnen getrennt, als ob sie einer anderen Dimension angehörten.
Dann sehe ich, wie die Mädchen drüben das Haus abschließen und auf dem schmalen Trampelpfad durch den fast hüfthohen Schnee herüberkommen. Da weiß ich, daß Leben und Jugend wichtiger für mich sind. Wenigstens im Augenblick. Und dieser Augenblick scheint mir — trotz allem — schön.
Eine halbe Stunde später sind wir im wesentlichen mit Kaffee und Kuchen fertig. Mamachen greift zum Vermouth, und ich gieße den jungen Damen und mir selbst einen Cognac ein. Junge Damen —ja, das sind sie ganz und gar, wie sie da nebeneinander am runden Tisch sitzen. Ihr Benehmen ist ausgesprochen vorsichtig. Die Mama, die das erste Glas ziemlich hastig geleert hat, geht zum Angriff über: »Ich habe da eben die Jungens bei euch gesehen. Die sind doch eigentlich alle viel zu jung für euch!«
»Ja, wo sollen wir denn ältere hernehmen?« fragt Susanne düster, und dann mit einem neckisch herausfordernden Aufflammen in den Augen: »Wie war denn das bei dir, Colonel? Als du so siebzehn, achtzehn warst?«
»Ach, Colonel<, sagt Margot, »erzähl uns doch mal, wann hast du eigentlich angefangen, mit Mädchen zu poussieren?«
Ich durchschaue diese Frage als Ablenkungsmanöver, aber sie kitzelt meine männliche Eitelkeit: »Wann? Na, wartet mal — ja, mit vierzehn Jahren, knapp fünfzehn.«
»So früh schon?« Susanne klatscht in die Hände: »Hach, das mußt du uns erzählen, unbedingt!«
Margot lehnt sich vor und stützt das Gesicht in die Hand: »Ach ja, erzähl!«
Ich werfe einen kurzen Blick auf die Mama, sie sieht besorgt aus. Dann lehne ich mich in den Sessel zurück. Ja, wie war denn das eigentlich —? »Also, meine erste Freundin hieß Erika. Halt, nein, das stimmt nicht. Davor war ja noch die Steffi.«
»Ach, richtig«, sagt die Mama. »Dieser dicke Stoppen von dem Missionar mit den vielen Kindern.«
»Ja, wie hieß er denn nur — weißt du’s noch?«
»Nein.«
»Na, ist ja auch egal. Jedenfalls hatte er in seiner Wohnung sehr wenig Möbel, ich entsinne mich im wesentlichen überhaupt nur an eiserne Betten, weiß gestrichen, und an ein Eßzimmer mit einem großen Tisch und einem Dutzend Stühle. Er war ein ziemlich kleiner Mann mit Spitzbart, hatte eine ebenso kleine, ungesund aussehende Frau, die kränkelte...«
»Kein Wunder, nach den vielen Kindern«, meint Margot.
»Wieviel waren’s denn eigentlich?«
»Das kriege ich heute nicht mehr richtig zusammen, jedenfalls bestimmt zwei Söhne und vier
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