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Zwei Toechter auf Pump

Zwei Toechter auf Pump

Titel: Zwei Toechter auf Pump Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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er mit der Schule fertig ist, die Fabrik. Ich dachte überhaupt, das wäre schon der eigene Wagen, aber der hier hatte ja ‘ne Biedersteiner Nummer.«
    »Selbstfahrerzentrale Schmidt, der Wagen für jeden Geschmack«, sagt Mühlner.
    Ich lache: »Sie sind wirklich großartig! Viel zu schade für dieses Dorf.«
    Er legt sein verpickeltes Gesicht schief: »Na, vielleicht bring’ ich’s auch weiter, wenn ich hier mal einen Erfolg habe. Sie können mich ja dann in die Zeitung bringen, Sie haben doch Beziehungen zur Presse!«
    »Darauf können Sie sich verlassen«, sage ich mit Überzeugung. Ein eigentümlicher Ausdruck tritt in sein Gesicht, den ich im Moment nicht deuten kann: »Na schön«, sagt er. »Nett von Ihnen!« Und dann gibt er mir die Hand.
    Ich sehe ihm nach, wie er den Weg zum See hinunterstampft. Komischer Kerl.
    Was soll ich mit diesem angebrochenen Nachmittag machen? Hm. Ich bleibe im Garten stehen und polke nachdenklich an der Lippe. Plötzlich habe ich eine Idee: Ich werde versuchen, an der Saubucht Wild zu schießen — natürlich nur mit dem Teleobjektiv —, solange noch Schnee liegt. Über Nacht hat sich nämlich der Föhn gewaltig betätigt, und überall tropft und rinnt es. Von den Dächern hängen Eiszapfen, an denen die Tropfen mit der Regelmäßigkeit kleiner Uhrwerke zur feuchtschwarzen Erde rollen.
    Zunächst stöbere ich die beiden Hunde auf und sperre sie in der Bibliothek ein, mit der strengen Order an die Mama, sie keinesfalls aus dem Haus zu lassen. Man ist nämlich vor dem kleinen Löwen niemals sicher. Er kann noch so maulen und anschließend verschwunden sein — aus irgendeinem Dickicht sind zwei goldene Augen bestimmt auf Herrchen gerichtet, und die großen Ohren registrieren jeden seiner Schritte. Wie oft habe ich mir schon eingebildet, ihn abgehängt zu haben, und dann kam er nach einer halben Stunde angerast, mit den Riesenohren, die wie Windmühlenflügel um seine Schläfen rotieren.
    Dann suche ich mir meinen Fotokram zusammen, ziehe mir zwei Paar Unterhosen an — für den Hochsitz — und stampfe los. Als ich am Ende des Dorfes ankomme, dort, wo die Wiesen gegen den Wald ansteigen, sehe ich doch tatsächlich im Garten der Weißgerbers schon ein Bündel Schneeglöckchen. Sie machen ihrem Namen Ehre, indem sie den Schnee hochgestemmt haben und nun unter einer Kappe von gefrorenen Diamantspitzen hocken wie eine Kurkapelle unter dem Muschelbaldachin.
    Ich gehe den Hügel hinauf. Es ist gut, daß ich die Keilhosen anhabe, denn dort liegt noch viel Schnee, manchmal sinke ich bis an die Knie ein. Oben allerdings, auf der Hochfläche und am Anfang des Waldes, gibt’s nur wenig Schnee. Fraglich, ob ich das Wild noch an der Saubucht-Raufe >schießen< kann, es findet vielleicht schon allerhand im Wald. Mal sehen. Ich wende mich, ehe ich in den Wald tauche, noch einmal dem Dorf zu. Es liegt in der Tiefe wie ein Häufchen bunter Würfel, die ein Riese auf ein weißes Tischtuch geschüttet hat. Unter mir, am Fuß des Hügels, wo der Weg zwischen der Schreinerei und der Schmiede endet, steht Karl-Friedrich. Er hat einen langen Stock in der Hand. Jetzt kommen noch zwei Mädels und dann ein Junge und umringen ihn. Weiß der Himmel, was für ein Streich da wieder ausgeheckt wird. Diese ewig brodelnde, unruhegetriebene Jugend! Na, für eine Weile wenigstens bin ich sie jetzt los.
    Ich tauche in den Wald ein, und wie immer strömen mir aus seinem weiten grünen Atem neue Kräfte zu. Immer wieder bleibe ich stehen, immer wieder trinken meine Augen die dunklen Behänge der Tannen an den Rändern, immer wieder lausche ich dem leisen Rascheln und Knarren der Wipfel, dem dumpfen Plumpsen, mit dem der tauende Schnee auf das Moos fällt, dem keckernden Schrei des Hähers. Ich schleiche mich gegen den Wind an und untersuche dann die Umgebung der Raufe mit dem Glas. Nichts. So gehe ich denn im Baumschatten weiter, bis ich an die Wildkanzel komme. Ich klettere hinauf, vorsichtig, weil man nie weiß, wie weit die Leiter im Winter morsch geworden ist. Oben fege ich den Schnee leise vom Sitzbrett, lege die Decke darüber, die ich mitgenommen habe, und fixiere dann das Teleobjektiv auf die Futterraufe. Wieder Stille. Ich kann jetzt, über die Schonung hinweg, die faserigen weißen Wolken sehen, die durch den blaßblauen Himmel ziehen. Auf den Wiesen draußen bellt ein Hund, ein Volk Rebhühner, offenbar von ihm aufgescheucht, purrt auf die kleine Lichtung und läßt sich für ein paar Minuten nieder. Nach

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