Zwei Toechter und drei Hunde
nach: »Wer war das?«
»Wer?«
»Der Kerl mit dem hochgeschlagenen Kragen, der sich da wegschlich!«
»Hab’ keinen gesehn.«
Er sieht mich besorgt an: »Wir werden vom Geheimdienst überwacht!«
»Quatsch.«
»Glaube mir, Colonel, ich weiß es! Kerle mit hochgeklappten Kragen sind immer vom Ge-Geheimdienst! FBI wahrscheinlich. Wir müssen schnell handeln! Hallo — Taxi!« Das Taxi, das gerade auf >Greife< vorbeifuhr, hält. Er zerrt mich hinein. Langsam werde ich wieder nüchtern und müde.
»Wohin?« fragt der Chauffeur.
»Apollotheater«, sagt Enrico und flüstert mir so laut, daß man es zwei Ecken weit hören kann, zu: »Paß auf, ob wir verfolgt werden!«
»Das ist mir wurscht!« erkläre ich und beobachte den Fahrer, der argwöhnisch die Ohren gespitzt hat und dann den Rückspiegel so dreht, daß er uns sehen kann. Er nimmt etwas aus dem Handschuhfach, das nach Pistole aussieht, und legt es neben sich auf den Sitz. Dadurch werde ich wieder munter: »Was willst du eigentlich im Apollotheater?«
Enrico kneift ein Auge zu: »Kleine Freundin, dritte von links, anschmiegsam und bescheiden. Relativ bescheiden.« Er wirft sich in die Brust: »Hört natürlich in dem Moment auf, wo mir Margot ihr Jawort gibt. Du mußt mich in ihre Familie einführen, versprich es mir!«
»Gemacht.«
Er packt meinen Arm: »Du denkst nicht schlecht von mir, mein Freund?«
»Weshalb sollte ich denn schlecht von dir denken?«
»Wegen des Apollotheaters! Schließlich bin ich ein Mann und außerdem...«, fügt er etwas unlogisch hinzu, »hat sie, glaube ich, ein Verhältnis mit dem Beleuchter, damit der sie günstig anstrahlt.« Er seufzt herzzerbrechend: »Aber wo und wann soll ich eine Frau kennenlernen, die man heiraten kann? Vorlesungen, Präparationen für die Vorlesungen, Zeitschriftenstudium, Fachliteratur, Prüfungen, offizieller Krimskrams, Kegelklub, damit man nicht für hochmütig gehalten wird — wann sollte ich?«
Ich sehe ihn im Schein der vorüberhuschenden Lichter von der Seite an. Der scheint ja auch schon wieder nüchtern zu sein. Und hinter seiner Verliebtheit in Margot steckt ein erheblicher Brocken praktische Vernunft. Der geht bestimmt nicht ein, wenn man ihm Margot wegoperiert. Man muß es bloß so machen, daß er’s nicht übelnimmt.
»Apollotheater!« sagt der Chauffeur und bremst.
Enrico sieht mich an: »Bist du auch schon wieder ziemlich nüchtern?«
»Ja. Das ist doch das Schöne am Gumpoldskirchner, man ist zwei Stunden herrlich besoffen und dann wieder ganz klar.«
»Die Vorstellung ist schon aus!« bemerkt der Chauffeur und mustert uns nach wie vor mißtrauisch, aber nicht mehr so ganz.
Enrico grübelt: »Vielleicht ist sie noch in der Garderobe und schminkt sich ab. Legst du großen Wert darauf, sie kennenzulernen?«
»Nicht den geringsten — falls dich das nicht kränkt.«
»Quatsch!« entscheidet er. »Wir fahren zu mir und schlafen da. Warum haben wir eigentlich nicht meinen Wagen genommen?«
»Weil du Margot intelligenterweise den Zündschlüssel gegeben hast, bevor wir anfingen zu saufen.«
Er nickt beifällig zu dieser etwas schöngefärbten Darstellung des Sachverhalts. Dann zum Chauffeur: »Rubensstraße elf.«
Der Chauffeur, der sich inzwischen wohl von unserer Harmlosigkeit überzeugt hat, lehnt sich wieder zurück und packt die Pistole in den Handschuhkasten.
Enrico wohnt in einem Zwei-Zimmer-Appartement mit allen Schikanen. Die Zimmer groß, die Einrichtung modern, aber nicht snobistisch. Teure Angelegenheit. Solide Vernunft und guter Geschmack, wohin man schaut. Einen Moment werde ich schwach und denke daran, wie nett es wäre, wenn Margot mit diesem netten Mann in dieser netten Wohnung wohnte. Dann aber sehe ich Buddys Augen und Margots strenge Stirnfurche bei Enricos versuchter Vertraulichkeit und weiß wieder, daß es nicht um nette Wohnungen und gesicherte Verhältnisse geht, sondern um Schicksale — und vor allem um das Herrlichste auf der Welt, um Liebe.
Enrico steht vor mir: »Ich habe dir nebenan auf der Couch Decke, Laken und Pyjama hingelegt. Aber zunächst schlage ich einen Whisky-Soda vor.«
»Einverstanden.«
Während wir trinken, fühle ich seine Augen auf mir und weiß, daß es jetzt erst eigentlich losgeht. Zeit gewinnen zum Überlegen!
»Weißt du«, sage ich, »wenn es dir nicht sehr viel ausmacht, könntest du uns außerdem einen steifen Mokka machen!«
»Es macht mir gar nichts aus, bediene dich inzwischen.«
Während ich in der Küche
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