Zwei Toechter und drei Hunde
Gumpoldskirchner Stimmung vor tausend Jahren.«
»Ich sagte dir, ich hätte nichts gesehen, aber das stimmte nicht.«
Er ist plötzlich wieder da: »Dann habe ich mich also nicht getäuscht! War es — der andere?«
Ich nickte.
Er mustert mich: »Und warum hast du mir das nicht gesagt?«
»Weil ich dich — wie ich dir schon mitteilte — gern mag.«
»Verstehe ich nicht! Und was hat das vor allem mit deinem Glücksfall zu tun? Wenn ich das gewußt hätte, wäre ich diesem Bürschchen...«
»Wenn du es gewußt hättest«, lüge ich ohne jedes Bedenken, »lägst du jetzt mit gebrochener Kinnlade und einigen sonstigen Beschädigungen im Krankenhaus, denn dieses Bürschchen ist ein hervorragender Boxer, Mittelgewicht, einer von der gefährlichen Sorte. Ich kann’s beurteilen, ich habe selber geboxt. Außerdem hat dieser junge Mann die Absicht, dich in der Vorlesung zu besuchen, wenn du weiterhin versuchst, dich Margot zu nähern, und dich in publico wegen Belästigung einer Studentin in deine Einzelteile zu zerlegen. Es wäre für dich das Ende gewesen, meinst du nicht auch?«
Die Augen in seinem Gesicht sind riesengroß. Ein Schauer läuft durch seinen Körper. Die Übertreibung der Buddyschen Fähigkeiten hat ihre Wirkung nicht verfehlt.
»Und Margot?« fragt er nach einer Weile heiser. Er liebt sie wirklich, der arme Kerl.
»Margot hat ihm erklärt, es wäre aus zwischen ihnen, wenn er dich zusammenschlüge.«
»Aus? Warum? Der Kerl ist doch eigentlich im Recht!«
»Diese Erkenntnis ehrt dich, Enrico. Aber mir scheint es, als ob Margot dich gern mag«, lüge ich völlig bedenkenlos noch einmal, »wenn sie dich auch nicht liebt. Sie hat sogar, bevor du aktiv wurdest, so richtig ein bißchen geschwärmt von dir. Wie wäre es, wenn ihr es ruhig dabei ließet? Noch ist von keiner Seite irgend etwas Entscheidendes gesprochen worden. Laß die ganze Sache unter den Tisch fallen — und vergiß nicht, dem gütigen Lenker zu danken.«
Er grübelt eine ganze Weile vor sich hin: »Das verstehe ich nicht. Warum willst du mich, wenn du all das wußtest, in die Familie einführen? Das wäre doch verrückt unter diesen Umständen! Aber vielleicht hast du mir das bloß so versprochen, um deine kleine Margot zu schützen. Vielleicht hast du sogar angenommen, ich würde sie aus Rache durchs Examen fallen lassen.«
»Bevor ich dich kennenlernte, fürchtete ich das allerdings.«
»Und jetzt nicht mehr?«
»Nein.«
»Danke.«
»Bitte. Aber ich führ’ dich trotzdem in die Familie ein.«
»Was soll das?«
»Ich will dir was sagen. Du kannst es als Rat eines älteren annehmen oder nicht. Ich möchte nur eins nicht — daß du es übelnimmst.«
Er lächelt kläglich: »Nach allem, was du mir schon verpaßt hast, kann es nicht viel schlimmer kommen.«
»Es ist auch nicht schlimmer. Zunächst kann ich dir eine Analyse deiner seelischen Situation nicht ersparen.«
»Schieß los. Noch einen?«
»Ja, einen kleinen — halt!«
»Also, die Analyse!«
Noch weiß ich gar nicht, was ich sagen soll, habe nur so drauflosgeredet, um Zeit zu gewinnen. Aber plötzlich erhebt sich aus Gumpoldskirchner und Whisky strahlend eine Idee, die Idee aller Ideen — eine Patentlösung: »Also — die Analyse«, sage ich. »Sie ist sehr kurz: Du hast dich bisher deiner Karriere wegen nicht entschließen können zu heiraten. Es liegt nicht daran, daß du nicht die richtige Frau oder doch die annähernd richtige gefunden hättest. Du wolltest sie nicht finden, weil du deine Karriere anbetest. Sie war deine einzige Geliebte. Aber die Karriere ist eine kalte Geliebte, und jeder Mensch hat nur ein gewisses Quantum an — na, sagen wir mal, seelischer Körperwärme. Eines Tages war die zu Ende, und du begannst dich — zunächst nur unterbewußt — nach zusätzlichem Wärmenachschub umzuschauen. Deine Überlegungen, die du mir erzähltest: keine Heirat von Kollegentöchtern, sind meiner Ansicht nach richtig. Ich verstehe auch, daß du sonst nicht viel Auswahl hattest. Was blieb dir also: der weibliche Teil deiner Studentinnen, und darunter war nun Margot. Hübsch, liebenswürdig, gescheit, jung und von einem großen Liebeserlebnis wie von innen heraus erleuchtet. Ganz zwangsläufig nahmst du Kurs auf sie, aber da sind zwei große Hindernisse. Erstens ist da der Buddy.«
»Gegen den ich keine Chance habe, weil er so viel jünger ist.«
»Das ist natürlich völliger Unsinn. Ich kannte eine vollkommen glückliche Ehe zwischen einem
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