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Zwei wie wir: Roman (German Edition)

Zwei wie wir: Roman (German Edition)

Titel: Zwei wie wir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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Vordermann zu bringen, das seit Ewigkeiten wackelnde Kellerregal zu reparieren und schließlich auch noch ein üppiges Abendbrot vorzubereiten.
    Anschließend gehe ich mit weit geöffneten Ohren durchs Haus und horche, welche Gegenstände und vor allem welche Spülutensilien möglicherweise noch zu mir sprechen könnten.
    Die folgenden Stunden verbringe ich dann damit, die Gartenmöbel zu schrubben, die Hecke zum Nachbargrundstück zu stutzen und die Oberfläche des Sideboards im Wohnzimmer mit Holzkitt zu bearbeiten. Dann hole ich so tief Luft, das ich für ungefähr eine Viertel Stunde nicht mehr atmen muss, spritze die Mülltonne mit dem Gartenschlauch aus und entferne sogar noch angeklebte Reste mit einem alten Lappen.
    Ich finde, das sollte genügen, um mein Verhalten in der Nacht auszugleichen.
    E i nige Dinge sind komplizierter, als man denkt. Das Zusammenleben mit einer Frau gehört zweifellos dazu. Auch wenn man diese Frau schon seit vielen Jahren kennt und weiß, wie sie funktioniert.
    Sie ist dennoch immer wieder für eine Überraschung gut.
    Als Inna gegen sieben Uhr abgekämpft nach Hause kommt, empfange ich sie an der Tür. Wir küssen uns, ich nehme ihr die Tasche ab und führe sie, natürlich ganz beiläufig, durchs Haus. Inna macht große Augen, sagt aber erst einmal gar nichts.
    Schließlich setzen wir uns auf die Terrasse, wo ich sie mit einem Aperol Spritz verwöhne und sie erwartungsvoll ansehe.
    »Und? Was sagst du, Engel?«, frage ich schließlich.
    Inna feixt. »Sag mir nicht, dass du gelobt werden möchtest, Alex.«
    »Nicht?«
    »Ich wüsste nicht, wofür.«
    »Na ja, ich habe immerhin … « Ich gebe Inna einen kleinen Überblick über all die Dinge, die ich im Laufe der zurückliegenden Stunden erledigt habe. Dinge, für die ich sehr wohl gelobt werden möchte. Sonst hätte ich sie ja nicht getan.
    Inna trinkt einen Schluck von ihrem Spritz, lehnt sich im Stuhl zurück und sagt: »Schade, Alex. Echt schade.«
    »Was genau meinst du?«
    »Oh, ganz einfach. Wenn ich es richtig verstehe, musst du dir erst eine ganze Nacht mit deinem nichtsnutzigen, sexsüchtigen, alkoholkranken Freund Gerrit um die Ohren schlagen, danach besoffen im Morgengrauen nach Hause kommen und schließlich ein gewaltig schlechtes Gewissen haben – nur um danach endlich das zu tun, worum ich dich seit Monaten sowieso schon bitte. Wobei es ausschließlich um Dinge geht, um die ich dich eigentlich gar nicht bitten möchte, weil du sie auch einfach so machen könntest. Schließlich tust du mir keinen Gefallen, oder so, Alex. Du tust diese Dinge nicht für mich . Du tust sie für uns .«
    In diesem Augenblick muss ich an das Gespräch denken, dass ich letzten Abend mit Gerrit geführt habe. Als es darum ging, dass man sich in einer Ehe gute Phasen dadurch erarbeitet, dass man eben in weniger guten Phasen durchhält.
    Aber worüber beschwere ich mich? Es ist eine Tatsache, dass es Magnetismus nur da gibt, wo Plus und Minus ist. Wenn sie heute im Radio durchgeben würden, dass Hamburg mal wieder von den Engländern bombardiert wird – warum auch immer – , dann weiß ich, dass es mir egal wäre. Egal, solange ich wüsste, dass Inna in Sicherheit ist. Und die Kinder.
    Und darum bin ich bereit, so etwas wie das hier durchzuhalten.
    W e nn man sich sowieso wieder verträgt, könnte man sich das Streiten doch eigentlich auch sparen. Aber natürlich ist diese Philosophie viel zu einfach. Mit der gleichen Begründung könnte man sagen, dass Joggen bescheuert ist, weil man ja nirgendwo hin möchte. Oder dass sich morgens aufstehen nicht lohnt, weil man abends sowieso wieder ins Bett geht.
    Aber es geht nun einmal nicht nur nach mir. Sondern auch nach Inna. Nicht: einer wie ich. Sondern: zwei wie wir.
    Es ist inzwischen halb neun am Abend. Ich sitze mit Inna bei unserem Vorort-Italiener und kaue auf einem Rucola-Salat herum, während sie sich ein paar Tomaten mit Mozarella schmecken lässt. Dazu schlürfen wir einen gut gekühlten Chardonnay und werfen uns verstohlene Blicke zu, so als hätten wir vor dem Essen noch mal eben eine Bank überfallen oder ein Auto geklaut.
    In Wahrheit haben wir uns einfach nur gestritten. Und zwar so laut und so intensiv, dass japanische Seismologen die Erschütterungen vermutlich noch auf der anderen Seite der Welt aufgezeichnet haben und demnächst eine Tsunami-Warnung für Hamburg und Norddeutschland herausgeben.
    So gesehen hatte mir die ganze Putzerei nichts genutzt. Jedenfalls nicht, wenn ich

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