Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei wie wir: Roman (German Edition)

Zwei wie wir: Roman (German Edition)

Titel: Zwei wie wir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
Vom Netzwerk:
streitet sich mit mir.
    Das war schon immer so.
    Ich erinnere mich gut an unseren ersten wirklich ernsten Fight, an dem beinahe unsere Beziehung zerbrochen wäre. Wir waren damals noch nicht einmal verheiratet, und das Ganze kam für mich ziemlich überraschend.
    Schuld war – ein Spülschwamm aus dem Hause Vileda.
    Wir hatten noch getrennte Wohnungen, aber es war schnell klar geworden, dass wir die meiste Zeit bei Inna verbrachten. Schon allein wegen Julian, denn den konnte sie ja schlecht alleine lassen. (Ich war da anderer Meinung. Ich fand sehr wohl, dass man einen Zweijährigen mit einer Tüte McDonalds vor den Fernseher setzen konnte, um ins Kino zu gehen. Ich machte den Vorschlag nur einmal … )
    In diesen ersten Monaten hatte ich in ihrer Wohnung zunächst den Status eines Gastes. Ich konnte tun und lassen, was ich wollte. Es war herrlich. Sie deckte den Tisch, sie räumte ab, sie kochte den Kaffee, sie sorgte dafür, dass ich immer die größte Portion bekam.
    Dann aber zog sie allmählich die Zügel an. Sie erteilte mir Aufträge: kochen, Tisch decken, abräumen, Geschirr spülen.
    Ich war halt kein Gast mehr, sondern ein Teil ihres Lebens. Wir waren ein Paar. Jeder musste etwas zum gemeinsamen Leben beitragen. Das konnte ich einsehen. Ich bemühte mich mitzumachen, auch wenn ich es zugegebenermaßen an Initiative mangeln ließ. Sie war so, ich war anders. Ich fand, dass es wichtigere Dinge als Ordnung und Sauberkeit gibt. Finde ich übrigens immer noch – zumindest was den häuslichen Bereich angeht.
    Eines Abends war Inna unterwegs, um Julian von seinem Vater abzuholen, wo er einige Tage verbracht hatte. Es war das erste Mal, dass ich alleine in ihrer Wohnung war. Auf dem Küchentisch stand eine Flasche Badreiniger und ein kleiner, gelborangener Schwamm mit einer Saug- und einer Scheuerseite. Interessant. Aber ging mich das etwas an? Natürlich nicht.
    Ich machte mir ein paar Brote, legte mich vor den Fernseher und freute mich auf die Heimkehr der Frau, die zu lieben ich mich entschlossen hatte.
    War ein Fehler. Hätte mich nicht freuen sollen.
    Ich wusste bis zu dem Zeitpunkt nämlich noch nicht, dass Spülschwämme reden können. Dass sie Botschaften aussenden, die jeder normal intelligente Mensch – egal ob Mann oder Frau – verstehen kann. Oder besser: verstehen sollte. Vorausgesetzt, dass er sie verstehen will.
    Das erklärte Inna mir jedenfalls, nachdem sie an dem Abend zurückgekehrt war und mich gemütlich vor dem Fernseher vorfand. Sie war stinksauer. Sie zeigte auf den Schwamm.
    »Und es hat dir nichts gesagt, dass er da liegt?«, fragte sie mich mit der Stimme einer Staatsanwältin, die einen Mehrfachmörder ins Kreuzverhör nimmt.
    »Welche Botschaft hätte ich denn von dem Schwamm empfangen können?«, fragte ich zurück.
    »Mach dich nicht lustig.«
    »Mache ich nicht. Ich meine es ernst.«
    »Komm mal mit.«
    Ich zuckte mit den Schultern und folgte ihr ins Bad. Offenbar sandten Badezimmerwaschbecken und Duschkabinenscheiben ebenfalls Botschaften aus – aber die konnte ich auch nicht verstehen.
    Ich weiß bis heute nicht, was damals eigentlich schlimmer war. Die Tatsache, dass ich den Schwamm auf dem Küchentisch ignoriert hatte. Oder dass ich ihr hinterher erklärte, dass ich ihr Badezimmer für sauber genug hielt. Jedenfalls trieb uns die Geschichte in einen fast einwöchigen Streit, bei dem es schließlich nicht mehr um Kalkflecken und Spülschwämme ging, sondern darum, wie man sich das Zusammenleben vorstellte, ob man bereit war, Verantwortung zu übernehmen. Und überhaupt.
    Angeblich entscheidet sich bei zwei Menschen ja binnen Sekundenbruchteilen, ob sie sich mögen oder nicht. Ich vermute, dass sich ungefähr genauso schnell entscheidet, wie und worüber sie sich streiten.
    Bei Inna und mir sind es Kleinigkeiten. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Eifersucht, Geld, Kindererziehung, Alkohol – hat bei uns nie wirklich eine Rolle gespielt.
    Dafür aber: putzen, einkaufen, aufräumen. Und: anrufen, wenn man abends nicht nach Hause kommt.
    Habe ich nicht getan.
    Darum stecke ich jetzt in Schwierigkeiten.
    D a ich das alles aber weiß, ist mir auch klar, dass ich die verbliebenen Stunden bis zu Innas Heimkehr nutzen muss. Ich muss für gute Stimmung sorgen. Ich muss die Kuh vom Eis holen.
    Ich nehme ein Aspirin und verbringe den restlichen Tag damit, konfliktverhütende Maßnahmen zu ergreifen. Das heißt, ich mache mich daran, den Rasen zu mähen, die Küche auf

Weitere Kostenlose Bücher