Zwei wie wir: Roman (German Edition)
ein Lachen, das klirrte wie Silberschmuck. Wir waren nicht zusammen. Oder doch? Sie war eine von den Frauen, von denen man nicht die Finger lassen kann, obwohl man es besser täte. Eine, bei der man schon in der Nacht weiß, dass man es am nächsten Morgen bereut. Und trotzdem bleibt. Das war nicht nett, von mir nicht, von ihr auch nicht. Ich habe ihr nichts versprochen.
Und dann lernte ich Inna kennen. Die ernste, erwachsene Inna, die morgens früh aufstand und über meine Abenteuergeschichten von den wilden Nächten lachte, und zwar nicht laut und klirrend, sondern leise und ehrlich. Sie war so gar nicht beeindruckt von den Abenteuergeschichten, und damit beeindruckte sie mich umso mehr. Inna machte es mir schwer. Sie war misstrauisch. Sie misstraute mir. Sie wollte mich, aber nur, wenn ich wollte. Eine, bei der man schon in der Nacht weiß, dass auch der Morgen danach gut wird.
Sandra merkte, was passierte. Sie hatte mich verloren, schneller, als sie es für möglich gehalten hatte. Schneller, als ich selbst es geglaubt hatte. Sie war verletzt, aber sie tarnte es als Verachtung. Verbrenn dir ruhig die Finger, wenn du es brauchst, Alex. Diese Frau ist sowieso nichts für dich. Du und eine Frau mit Kind? Du und Verantwortung? Du und sie? Sandra täuschte sich. Sie zog sich zurück, wofür ich dankbar war. Wir verloren uns aus den Augen. Und jetzt ist sie auf einmal wieder da.
M i tternacht, es riecht nach schal gewordener Bowle und Aioli, Julian bedient die Anlage und spielt Hip-Hop, was nicht wenigen Gästen auf die Nerven geht. Gerrit kümmert sich drum, und kurz darauf bringt Siebzigerjahre-Funk unsere Gäste zum Tanzen. Eis klirrt in Gläsern, das helle Lachen von Frauen, das Gegröle übermütiger Männer. Einer davon bin ich. Ich stoße mit jedem an, den ich kenne. Und da ich alle kenne, stoße ich oft an. Inna rollt mit den Augen, ich mit der Zunge.
Ich stehe mit Sandra ganz am Rand des Gartens, kann es immer noch nicht fassen, dass sie hier ist. Wir quatschen. Ihr Leben im Zeitraffer, mein Leben im Zeitraffer. Das hast du wirklich getan? Nein! Doch! Ist ja Wahnsinn! Ein Gespräch wie ein Pingpong-Match. Ich, du, wir. Damals, heute, morgen. Unglaublich! Sandra lacht, erzählt mir von ihren zurückliegenden Jahren, von Reisen, Männern, Projekten, Foto-Ausstellungen. Von ihrer Mutter hier in Hamburg, um die sie sich jetzt kümmern möchte. Sie ist noch genauso überdreht wie damals. Irgendwie lächerlich, trotzdem faszinierend. Eine Fassade, hinter der es anders aussehen dürfte. Aber eben eine beeindruckende Fassade.
»Und du? Ich meine, Inna und du? Gut?«, fragt sie dann.
»Sehr gut«, sage ich. Inna, Julian, Emma, das Haus, die Urlaube, die letzten Jahre. Ich gebe ihr einen Überblick. Sie beugt sich zurück, als wenn sie mich dadurch besser sehen könnte.
»Gratuliere«, sagt sie dann, aber mit der spöttischen Betonung, mit der man das Wort zu jemandem sagt, der über eine Bananenschale gerutscht und ganz knapp nicht hingefallen ist.
»Es läuft echt super. Ich meine, nach so vielen Jahren«, sage ich.
»Muss man das dazusagen? Nach so vielen Jahren ?«
So billig kriegt sie mich nicht. »Muss man nicht, kann man aber. Du weißt doch, was ich meine.«
»Eben. Und ich kann’s nicht glauben, dass du das bist, Alex«, sagt sie.
Sie will kämpfen, ich nicht. Ich zucke gelassen mit den Schultern. »So kann man sich täuschen.«
»Fragt sich nur, wer von uns.«
Ich muss lachen, dann sehe ich sie kopfschüttelnd an.
Sie ist für einen Moment verunsichert. »Findest du das witzig?«, fragt sie.
»Allerdings«, sage ich. Ich meine gar nicht sie, sondern mich selbst. Die Nummer, die sie durchzieht, ist so durchschaubar, dass es kracht. Und trotzdem kriegt sie mich. Sie weiß, dass ich es weiß. Sie schießt mir zwischen die Füße, und ich tanze für sie. Obwohl sie keine Ahnung hat, worum es eigentlich geht. Ich denke an die zurückliegenden Wochen, an unser Wochenende am Meer, den Streit mit Inna wegen der durchzechten Nacht mit Gerrit, an den Videoabend, als Inna einfach aufgestanden und nach oben gegangen ist. Und jetzt taucht zufällig Sandra auf.
Ich glaube übrigens an Zufälle. Inna nicht.
A l s Sandra kurz verschwindet, um sich etwas zu trinken zu holen, kommt Inna auf mich zu. »Wie wäre es, wenn du dich auch einmal wieder um die anderen Gäste kümmerst?«, fragt sie.
»Das tue ich, Schatz.«
»Ach ja?«
»Klar. Ich habe zum Beispiel mit … na ja, mit anderen geredet, angestoßen
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