Zwei wie wir: Roman (German Edition)
Die Party ist doch erst heute!«
»Es sind zwei Jubiläen. Das weißt du doch.«
So wie ich meine Hochzeit jedes Jahr von Neuem groß feiere, so begehe ich auch meinen Junggesellenabschied jedes Jahr von Neuem. Ich finde, dass sollte jeder verheiratete Mann tun. Einmal feiert man das Ende des alten Lebens, einmal den Beginn des neuen. Beides ist doch eine Erinnerung wert.
Gestern waren es Gerrit und Sascha, mit denen ich unterwegs war. Genau wie damals, vor dreizehn Jahren. Auch gestern musste ich jede Menge Spott einstecken. Aber auch jede Menge Neid. Sascha konnte es sogar zugeben. Er meinte: »Weißt du eigentlich, dass du der einzige glücklich verheiratete Mann bist, den ich kenne, Alex?«
Woraufhin Gerrit meinte: »Unlogische Aussage, denn glücklich und verheiratet kann es gleichzeitig nicht geben.«
»Bei Alex schon.«
» Dumm sein und Arbeit haben, das ist Glück . – Ich glaube, das Zitat ist von Gottfried Benn.«
»Oh, so literarisch heute«, erwiderte Sascha.
Ich hörte mir das Geplänkel an. Ging es dabei wirklich um mich? Irgendwann unterbrach ich die beiden und sagte: »Hey, wollen wir nicht einfach etwas trinken gehen?«
»Gute Idee.«
»Fantastische Idee.«
Der Abend wurde zur Nacht, und wir fühlten uns wie die Würmer im Tequila. Alles, was zählte, war das Hier und Jetzt. Morgen würde es dafür Kopfschmerzen geben. Und eine pelzige Zunge. Aber den Preis zahlten wir gerne.
J e tzt ist der Morgen nach dem Abend davor. Und ich habe Kopfschmerzen und eine pelzige Zunge. Aber das gehört nun einmal dazu.
Inna möchte aufstehen, aber ich gebe ihre Hand nicht frei. »Ach, komm schon, Inna. Es ist noch nicht einmal Mittag. Zeit genug. Leg dich zu mir … «
»Du bist verrückt, Alex. Und du machst mich verrückt! In sechs Stunden kommen die Gäste und du denkst an …
»… an das, weswegen wir damals geheiratet haben.«
»Deswegen hast du mich geheiratet?«, fragt sie mit gespieltem Ernst.
»Unter anderem.«
»Das hättest du auch so haben können.«
»Ich weiß. Aber seitdem macht es mehr Spaß.« Nicht gelogen. Der erste Sex nach der Trauung. Unvergesslich. Allein dafür hat es sich gelohnt.
»Es wird ein langer Tag, Alex«, sagt sie. Ernst, nicht gespielt.
Sie dreht sich um, steht auf und verlässt das Zimmer. Kurz darauf höre ich sie unten die Kinder anschnauzen. Sie sollen verdammt noch mal mithelfen und nicht nur rumgammeln wie ihr nichtsnutziger Vater. Das bin wohl ich. Also bin ich doch so geblieben, wie ich schon immer war.
A l s ich endlich aufstehe, hat Inna längst das Kommando übernommen. Jetzt ist sie wirklich der General. Sie befiehlt, wir gehorchen. Tische decken, dekorieren, Musik aussuchen, die Caterer anschnauzen, die Lieferanten anschnauzen, die Firma mit dem Partyzelt anschnauzen.
Inna macht jeden wahnsinnig, vor allem mich. Irgendwann wird’s mir zu bunt. Wie jedes Jahr. Schließlich möchte ich auch etwas von meiner Party haben. Und das geht nicht, wenn ich mich vorher total verausgabe. Also lasse ich mich aufs Sofa plumpsen und tue gar nichts mehr.
»Das meinst du nicht ernst«, sagt sie, als sie mich so daliegen sieht.
»Und ob ich es ernst meine.«
»Und wer kümmert sich um alles?«
»Du.«
»Danke.«
»Gern geschehen.«
»Das ist unfair.«
»Kann sein.«
Sie der General, ich der Waschlappen. So ist sie, so bin ich. Jedes Jahr dasselbe. Vor der Party gibt es erst einmal Streit.
Aber das ist das Schöne an langen Beziehungen. Irgendwann weiß man, wann es haarig wird. Es kommt nicht unerwartet. Nichts kommt mehr unerwartet.
12
U m 18 Uhr geht es los, die Gäste erobern das Haus. Gerrits Band fängt im Garten schon an zu spielen, Sektkorken knallen, die Grillkohle knistert.
»Hallo, lange nicht gesehen.«
»Boa, schon wieder ein Jahr rum!«
Inna und ich stehen in der Haustür und schütteln Hände. Ich komme mir vor wie Prinz Philip, der an der Seite von Königin Elisabeth die Parade der Horseguards abnimmt. Meine Königin, Inna, sieht hinreißend aus. Sie trägt ein luftiges cremefarbenes Sommerkleid, leichte Schuhe, die mit Bändern an die Waden geschnürt sind, dezentes Make-up, dezentes Parfum.
Und ich? Jeans und mein United-Kingdom-T-Shirt, dass ich 1986 in London gekauft habe, während einer Drei-Tage-England-Fahrt, an die ich mich kaum erinnern kann, weil ich die meiste Zeit in Camden besinnungslos auf dem Fußboden eines Pubs gelegen habe. Mit den Originalflecken von damals.
Alle kommen und gratulieren, und wenn ich nicht
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