Zwei wie wir: Roman (German Edition)
wüsste, dass es unser 13. Hochzeitstag ist, würde ich schwören, dass wir mindestens goldene Hochzeit feiern, wenn nicht gar diamantene, eiserne oder gar Kronjuwelenhochzeit, was weiß ich. Zwei wie wir. Gibt’s nicht noch mal.
Sascha zum Beispiel. Er rollt mit seinem 140 Kilo heran und leckt Inna zur Begrüßung einmal übers Gesicht. »Wenn ich auf Frauen stehen würde, wärst du es, Inna.«
»Ich bin froh, dass du schwul bist, Sascha.«
Er wendet sich mir zu, legt seine schwarz behaarte Riesenpranke auf meine Schulter und sagt mit einem anerkennenden Kopfnicken: »Du Held!«
Mein Vater kommt in Begleitung von Ludmilla, die mal wieder umwerfend aussieht, zumindest wenn man auf 185 Zentimeter große Russinnen mit riesigen künstlichen Brüsten steht. Aber wer tut das nicht? Ludmilla haucht mir Küsse auf die Wangen, was angesichts der Tatsache, dass sie die Freundin meines Vaters ist, verwirrende Gefühle in mir hervorruft. Achim beobachtet mich, lächelt halbseiden. Er weiß es. Dann entblößt er seine strahlend weißen Dritten, die dank seiner sommerlichen Golferbräune noch glitzernder erscheinen. »Mein Junge, ich bin stolz auf dich. Und natürlich auch auf die Kleine hier an deiner Seite.«
»Danke, Achim, amüsiert euch«, sagt Inna lächelnd.
»Ihr seid ein Traumpaar, mein Junge und du.«
»Ich weiß«, sagt Inna. »Allerdings könnten wir bei Gelegenheit noch einmal über die Erziehung sprechen, die du deinem Jungen hast angedeihen lassen. Er war gestern wieder mit seinen nichtsnutzigen Freunden saufen. Und heute ist er zu nichts zu gebrauchen.«
Achim hebt die Augenbrauen, Inna lächelt sauertöpfisch, ich winke ab.
Kurz darauf kommt meine Schwester Ulrike mit ihrem Mann rein, wir umarmen uns und sie sagt: »Wir müssen dringend reden.«
»Sehr dringend«, bestätige ich, und wir wissen beide, dass es natürlich um Achim und Ludmilla geht. Aber wir sind einer Meinung, dass es kein Thema für diesen Abend ist. Denn heute soll alles im grünen Bereich bleiben.
D i e Party kommt schnell in Gang. Unsere Gäste trinken, tanzen, tratschen. Eine Atmosphäre wie bei einem Klassentreffen. Die meisten kennen sich. Es ist Tradition, dass Inna und ich eben auch unsere Expartner einladen. Inna empfängt zum Beispiel Raffael, ihren ersten Freund aus Teenagertagen. Heute ist er ein gestresster Banker, mit 7er BMW und Herzschrittmacher. Oder Tommy, mit dem sie während des Studiums zusammen war und der immer noch in sie verknallt ist. Er hat danach nie wieder eine Beziehung geführt. Und ein paar weitere, mit denen Inna während ihres Studiums zusammen war. Natürlich ist auch Ronny da, Julians schräger Vater, der unter unseren Gästen die Visitenkarten seines Tattoostudios verteilt und Drogen verkauft. Wir laden ihn jedes Jahr aus Tradition ein, obwohl er sich nie um Julian gekümmert hat. Angesichts eines solchen Vaters ist unser Großer richtig gut geraten! Innas einziger Ausrutscher, von mir mal abgesehen.
Inna bekommt von diesen ganzen Typen sehnsuchtsvolle Wangenküsse. Ich bekomme von ihnen neidische Blicke und ein ins Ohr gehauchtes: »Ich könnte dich umbringen, weil du sie abbekommen hast. Aber wenigstens hast du sie glücklich gemacht.«
Das Defilee meiner Exfreundinnen sieht so aus: Susanne, mit der ich zwischen 14 und 21 siebenmal zusammen und wieder getrennt war. Seltsamerweise – oder auch nicht – regt sich heute gar nichts mehr, wenn ich sie sehe. Ist vielleicht einfach zu lange her. Lara dagegen finde ich immer noch heiß. Merit, die meinen alten Freund Karsten geheiratet hat, erzählt mir bei der Begrüßung, dass Karsten nicht mitgekommen sei, weil er das Wochenende lieber mit seiner Geliebten verbringe – was der Grund dafür ist, dass Sabine, ebenfalls eine meiner Ex’, auch nicht da ist, weil sie die Geliebte von Karsten ist. Bei Birgit kann ich mich nur noch daran erinnern, dass sie beim Sex immer beschimpft werden wollte, und ich frage mich, ob ihr Mann Volker, der bei der Volksbank arbeitet, dazu in der Lage ist. Drei andere, mit denen ich mit 22, 25 und 27 zusammen war. Bis zum letzten Kapitel, Inna. Dann war Schluss. Ich meine, dann fing es an.
E i gentlich dachte ich, dass alle schon da sind. Aber dann klingelt es doch noch einmal an der Tür. Ich öffne, und eine attraktive, mittelgroße Anfangvierzigerin mit wilden Locken steht vor mir.
»Hey, Alex. Überrascht? Erinnerst du dich noch an mich?«, sagt sie mit einem Gaunerlächeln.
Mein Hirn lädt etwas zögernd
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