Zwei wie wir: Roman (German Edition)
Zwanzigern an Drogen sterben. Oder ob man sie nicht einfach für bescheuert hält. Mike erzählt Partygeschichten, die er mit Erik erlebt hat, die ich ihm aber nicht abkaufe. Ich weiß, was Erik über Typen wie Mike denkt. Kann sein, dass es gewisse äußerliche Ähnlichkeiten gibt – der Musikgeschmack, die Dreadlocks und Converse-Turnschuhe. Aber sonst ist Erik auf Draht. Mike dagegen sieht eher so aus, als bräuchte er wirklich ständig eine Angela, die ihn anschreit, weil er sonst gar nichts hinbekommt.
Danach legen Sandra und ich uns wieder ins Bett. Wir hören Musik, irgendwann rauche ich auch eine Zigarette, von der mir kotzübel wird. Ich frage mich, wie lange es her ist, dass ich mitten in der Woche einfach im Bett liegen geblieben bin und mich nicht um meinen Sohn, meine Tochter, meine Frau, das Frühstück, den Laden oder sonst irgendetwas gekümmert habe.
Ich kann mich nicht dran erinnern, weil es zu lange her ist. Fühlt sich ganz gut an. Kein Stress, kein Streit, keine bösen Blicke.
Aber jetzt mal ehrlich? All das hier würde mich schneller nerven, als ich Milchkaffee sagen kann. Einfach nicht mehr zeitgemäß.
S e hen wir uns wieder?«, frage ich Sandra zum Abschied.
»Willst du denn?«
Ich zucke mit den Schultern. Sie schiebt die Unterlippe vor. »Ich habe keinen Bock auf Stress, Alex. Du hast schon recht. Es ist nicht mehr wie früher.«
»Was meinst du?«
»Das weißt du genau.«
»Hey, bist du sauer?«
»Nein. Oder ja, vielleicht doch. Keine Ahnung.«
»Wir können ja abwarten. Sehen, wie sich die Dinge entwickeln.«
Sie schüttelt den Kopf. »Tu mir einen Gefallen, Alex. Bring deine Ehe in Ordnung, ja? Ich hasse Typen, die was sein wollen, was sie nicht sind. Tut mir leid.«
»Keine Ahnung, was du meinst.«
»Doch, du weißt genau, was ich meine.«
Wir umarmen uns zum Abschied und wissen beide, dass wir uns so schnell nicht wiedersehen werden.
22
E r st als ich auf der Straße bin, riskiere ich einen Blick auf mein Handy. Vier unbeantwortete Anrufe. Einer von Erik, drei von Inna. Stecke ich in Schwierigkeiten? Vermutlich schon. Wieder eine Nacht weg ohne anzurufen.
I c h melde mich zuerst bei Erik, der wieder halbwegs pünktlich im Schuster’s aufgeschlagen ist und den Laden schmeißt. Gut so. Dann kann ich mir den Tag ja freinehmen. Arbeiten kommt nicht infrage. Der Hormoncocktail in meinem Blut enthält inzwischen zwar deutlich weniger Adrenalin. Aber klar denken kann ich immer noch nicht.
Ich lasse mich durch die Straßen treiben und hänge meinen Gedanken nach. Die Nacht mit Sandra. Der Morgen in der WG . Ein Ausritt in die Vergangenheit. Genau wie vorher schon die Nacht mit Gerrit. Hat gutgetan. Beides. Aber jetzt bin ich wieder zurück in der Gegenwart.
Ich fühle mich erstaunlich ruhig und zufrieden. Es ist so, als hätte ich Schulden beglichen, die ich bei mir selbst hatte.
E s ist schon seltsam, dass man die Dinge ab und zu riskieren muss, um ihren wahren Wert wieder zu erkennen. Das soll jetzt natürlich kein Plädoyer dafür sein, ins Spielkasino zu gehen und seine Ersparnisse auf den Roulettetisch zu legen. Ich meine, dass das Leben eine trickreiche Angelegenheit ist. Und nicht alle dieser Tricks sind sauber. Der Alltag zum Beispiel. Er legt sich wie eine Schicht aus Schimmelpilzen über die Dinge, bis man sie nicht mehr erkennen kann. Natürlich wäre es klug, es gar nicht so weit kommen zu lassen. Aber wem gelingt das schon?
Inna und mir ist es nicht gelungen. Unsere Ehe hat Schimmel angesetzt. Darüber wollte sie mit mir die ganze Zeit reden. Aber meine Ohren waren zugemauert. Das ist jetzt vorbei.
Ich brauchte Luftveränderung, musste mich durchpusten lassen, musste auf neue Gedanken kommen. Mir war das selbst nicht klar. Ein anderes Leben. Einmal reinschnuppern. Das genügt.
Ich möchte mein altes Leben. Ich möchte Inna, das Haus, die Kinder. So wie es vorher war.
Wir müssen darüber reden, was schiefgelaufen ist. Und was wir besser machen können.
Ich möchte mich bei ihr entschuldigen, für den Mist, den ich gebaut habe.
Sie wird sich wundern. Sie wird wissen wollen, was passiert ist. Was mir die Augen geöffnet hat. Ich werde mit ihr nie darüber reden können, weil sie es nicht erfahren darf. Ehrlichkeit hin oder her.
A u f dem Nachhauseweg mache ich am frühen Abend einen Abstecher in Torstens Kanzlei, um mich mit einem Alibi zu versorgen.
Eine schicke Sekretärin, die locker auch als Model arbeiten könnte, lässt mich in die gediegenen
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