Zwei wie wir: Roman (German Edition)
und Julian im Schuster’s auftauchen und beteuern, dass sie sich freuen würden, wenn Inna und ich wieder zusammenkämen.
All das tut mir unglaublich gut. Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass Inna auf keinen meiner vielen Annäherungsversuche reagiert.
Davon kann ich mich dreimal in der Woche morgens überzeugen, wenn ich neben ihr herjogge. Sie ignoriert mich immer noch und meistens schenkt sie mir nicht einmal ein Lächeln zum Abschied.
W e nn ich es richtig sehe, ist Inna zweimal in der Woche in Winterhude. Beim Tai Chi«, sagt Erik eines Tages zu mir.
»Ja, das stimmt.«
»Wieso fährst du jeden Morgen nach Sasel raus, um neben ihr zu joggen, anstatt sie einfach mal da abzupassen?«
»Erstens weil das mit dem Joggen nach Zufall aussieht. Und zweitens hängt da doch dieser Robby rum.«
»Ach, und vor dem hast du Angst, oder was?«
»Nein, keine Angst. Nur … ich habe einfach keine Lust, den beiden dabei zuzugucken, wie sie miteinander rummachen. Das muss nun wirklich nicht sein«, entgegne ich unwirsch.
»Na ja. Vielleicht ist es gar nicht so toll mit ihnen. Oder du könntest dafür sorgen, dass es nicht so toll ist.«
Ich blicke Erik überrascht an. Gar keine schlechte Idee, denke ich.
S c hon am nächsten Abend bin ich Teilnehmer eines Tai Chi-Kurses, der von Robby geleitet wird und in dem Inna als fortgeschrittene Schülerin assistiert. Als ich reinkomme, passiert zunächst gar nichts. Inna sieht mich zwar – aber dann ist es so, als wäre ich aus Glas. Robby verhält sich genauso. Die beiden ignorieren mich. Aber immerhin schicken sie mich auch nicht wieder raus.
Neben mir stehen im Übungsraum ungefähr fünfzehn andere Anfänger, die mir beweisen, dass sich das Aussehen des typischen Tai Chi-Schüler in den zurückliegenden Jahren gewaltig verändert hat. Nur drei oder vier der Teilnehmer sehen aus wie ich es mir vorgestellt habe, also unsportlich, kränklich und esoterisch.
Ansonsten sind da zwei junge, schlanke, durchtrainierte Frauen, ein paar ebenso schlanke und durchtrainierte Rentner und ein paar ebenfalls ziemlich fitte Mittvierziger, die mir schon im Vorraum unaufgefordert erklärt haben, dass sie endlich mal etwas anderes als Krafttraining und Ausdauersport machen wollten. Etwas für den ganzen Körper halt. Und für die Seele gleich dazu.
Inna und Robby, die weiterhin so tun, als wenn sie mich nicht kennen würden, begrüßen uns Teilnehmer mit einer Verbeugung. Dann erklären sie uns, dass Tai Chi eine alte chinesische Bewegungskunst sei, die zwar in erster Linie als Gesundheitssport gilt, aber durchaus auch kämpferische Elemente hätte. Beides würden sie uns nun erst einmal demonstrieren.
Robby vollführt daraufhin ein paar Bewegungen, die nach einer Mischung aus Kung-Fu in Slowmotion und Schwanensee unter Drogen aussehen. Dazu murmelt er ein paar Begriffe wie Der Phönix breitet seine Schwingen aus oder Die Schlange kriecht am Boden lang . Aha.
»Und wieso ist das eine Kampfkunst?«, fragt daraufhin einer der jungen Kerle.
»Kann ich euch gerne zeigen«, erklärt Inna lächelnd. Sie lässt ihren Blick durch den Raum schweifen, bis er bei mir zum Stehen kommt. Dann sagt sie: »Komm du doch mal nach vorne.«
»Ich?«
»Ja, du. Na los, nicht so schüchtern. Immerhin hast du dich ja auch hierhergetraut.«
Die übrigen Teilnehmer lachen. Ich habe ein ganz mieses Gefühl. Ich trete aus der Menge. Dann packt Inna mich mit einer blitzschnellen Bewegung am Kragen und wirft mich mit einem rasanten Fußfeger zu Boden.
»Autsch«, sage ich.
»Hat’s etwa wehgetan?«, fragt sie laut und deutlich. Dann beugt sie sich zu mir und sagt so leise, dass nur ich es hören kann: »Geschieht dir recht.«
»Du übertreibst, Inna.«
»Selbst schuld, wenn du hier einfach so aufkreuzt.«
Dann steht sie auf und sagt wieder mit lauter Stimme: »Hat es jeder gesehen?«
»Nein, können Sie es noch einmal zeigen«, sagt daraufhin eine der jungen, gut aussehenden Frauen. Na, danke auch.
Nachdem ich wieder aufgestanden bin, lässt Inna mich einen Faustschlag in Richtung ihres Gesichts simulieren. Sie packt mich am Handgelenk und hebelt mich, sodass ich unter einem Schmerzensschrei in die Knie gehe.
Dann beugt sie sich dicht neben mich und flüstert in mein Ohr: »Was in Gottes Namen willst du hier, Alex?«
»Das weißt du doch, Inna. Ich will in deiner Nähe sein.«
»Und darum tauchst du hier einfach so auf? Obwohl ich dir gesagt habe, dass ich nichts von dir hören oder sehen
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