Zweibeiner sehen dich an
und machte einen Bogen um das Ding, um nicht mit ihm in Berührung zu kommen, dann sah er, daß das Ding ein Hund war – ein großes Tier mit spitzen, dreieckigen Ohren und einem abgeflachten Maul. Der junge Mann fröstelte, als er die Augen des Hundes in der Dunkelheit leuchten sah. Aber das Tier stand nur da, wedelte sanft mit dem Schwanz und beobachtete sie von weitem. Sie stießen noch auf zwei weitere dieser gigantischen Bestien. Einmal, als sie den Weg überschritten, ein anderes Mal im Schatten der Bäume in unmittelbarer Nähe des Hauses. Jedesmal hob Horst den Arm und schien etwas zu sagen, woraufhin das Tier reglos stehenblieb und sie beobachtete, während sie vorübergingen.
Sie standen nun in einer Gruppe auf einem Rasenhügel, und Horst legte eine Hand auf die Schulter des jungen Mannes.
„Dort drüben ist der Balkon. Siehst du?“ flüsterte er und deutete in die angegebene Richtung. Zuerst war es dem jungen Mann unmöglich, zu erkennen, wo der Balkon war. In dieser Dunkelheit sah alles ganz anders aus als auf der Fotografie. Dann sah er die französischen Türen im zweiten Stock, etwas verschwommen zwar, aber unverkennbar. Die Fensterbänke und die Stuckarbeiten schienen von der Finsternis geglättet.
„Ist alles klar? – Denk daran: die Treppe hinunter, durch die Eingangshalle, dann die Korridortür öffnen.“ Horst gab ihm einen leichten Schlag auf die Schulter.
„Es ist zu dunkel, Herr Horst“, protestierte der junge Mann schwach.
„Was hast du denn erwartet? Etwa, daß wir für dich das Ganze beleuchten wie einen Vergnügungspalast? Fang’ an!“
„Was ist denn los?“ fragte Otto und krabbelte näher. „Sei still!“ Horst hielt dem jungen Mann die geballte Faust unter die Nase. „Schau sie dir an“, knirschte er. „Du hast versprochen, das Ding mit uns zu drehen. Sieh’ jetzt zu, daß du da hinaufkommst und hör’ auf, Unsinn zu reden. Es wird dir sonst noch leid tun. Hast du mich verstanden?“
Unwillig stand der junge Mann auf und begann den Rasen zu überqueren. Als er zurückblickte, waren die drei anderen Männer zu winzigen Schatten in der Dunkelheit zusammengeschmolzen. Vor ihm ragte die düstere Steinwand empor. Es war ganz und gar nicht das, was er sich vorgestellt hatte. Hätte er sich doch nur nicht wie ein Tölpel gleich mit allem einverstanden erklärt! Er versuchte, sich an die Fotografie zu erinnern. Ja, hier war das Fenster … darüber, auf der rechten Seite, mußte das Ornament sein, das mit den eingravierten Schnörkeln … Der junge Mann suchte nach einem Halt, zog sich hoch und begann zu klettern.
„Liebling, bist du wach?“ In der Dunkelheit war sein dunkelhaariger Kopf auf dem Kissen kaum zu erkennen.
„Mhm“, er wandte ihr sein Gesicht zu und Öffnete die Augen, „Was ist denn, Schatz?“
„Ich glaube, ich habe etwas gehört.“ Das Bett knackte, als er sich auf einem Ellenbogen aufrichtete. „Oberkeller?“
„Ach was, Dummkopf, der kommt nie hierher. Es war irgendein Geräusch.“ Er setzte sich auf und lauschte. Die Räume waren ruhig. „Nichts. Das hast du dir sicher nur eingebildet. Du bist eben leicht zu verängstigen.“ Er streichelte beruhigend ihre Schultern. „Leg’ dich wieder hin und ruh’ dich aus. Sei ein braves Mädchen.“
Sie sank mit einem behaglichen Seufzer in das Bett zurück. „Na schön.“ Ihre Stimme klang schläfrig. „Ruh’ du dich auch aus.“ Der Mann legte sich zurück, gähnte noch einmal und drehte sich auf die Seite. „Ich liebe nur dich, Lorraine“, murmelte er, aber sie schlief bereits wieder und antwortete ihm nicht.
Schweratmend zog der junge Mann sich über das Geländer des Balkons. Welch eine Menge Bäume man von hier aus sehen konnte! Der Rasen lag feucht und grau unter ihm im Sternenlicht.
Hier waren die Türen. Er konnte durch das Glas nichts erkennen, innen war es schwarz wie Pech. Er griff in die Tasche und tastete nach dem Gegenstand, den Horst ihm gegeben hatte, öffnete eine der Klingen – die aussah wie ein kleiner Schraubenzieher – und versuchte, sie in den Spalt zwischen die beiden Türflügel zu schieben. Als er drückte, schwangen sie zurück. Sie waren nicht einmal verschlossen gewesen.
Eine Sekunde lang blieb der junge Mann dort stehen, lehnte die Hand gegen den Türrahmen und lausch te intensiv. Außer seinem eigenen Herzschlag konnte er nichts hören. Er nahm die Taschenlampe und die Schutzbrille, mit der man ihn ausgestattet hatte und setzte sie auf. Jetzt war
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