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Zweibeiner sehen dich an

Zweibeiner sehen dich an

Titel: Zweibeiner sehen dich an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon Knight
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Schritt auf die Tür zu, bevor sie krachend aufflog. Ein rotgesichtiger Mann, der ein Gewehr trug, stürmte herein. Sein Haar war unordentlich, seine Augen funkelten vor Wut. Sein roter Morgenmantel klaffte auseinander, so daß man seine mit grauen Haaren bedeckte Brust sehen konnte. Er starrte den Mann im Nachthemd an und schrie „Nadelbach – du ?“. Hinter ihm erschienen mehrere Leute und reckten die Hälse.
    Der Schwarzhaarige blieb einen Moment wie erstarrt stehen, dann wandte er sich zur Flucht. Das Gewehr ging mit ohrenbetäubendem Lärm los und vor Angst zitternd, erkannte der junge Mann, daß sich der Schwarzhaarige hinter den Möbeln zu versteckten versuchte – hinter dem Sofa, den Tischen, dem Schrank. Der Mann im roten Morgenmantel rannte hinter ihm her und feuerte seine Waffe ein zweitesmal ab, so daß der Putz von den Wänden flog. Halbbenommen rollte sich der junge Mann herum und kam auf die Knie. Dabei konnte er einen Blick in das Nebenzimmer werfen, in dem die Frau bewegungslos in ihrem bootähnlichen Bett lag, so, als hätte sie die Besinnung verloren.
    Hinter ihm erklangen Fußtritte. Er duckte sich hinter den zerbrochenen Tisch, als der Schwarzhaarige zur offenen Tür rannte, verfolgt von dem Bewaffneten. Zwei oder drei Männer, die Livr6es trugen, schrien um Hilfe. Ein dritter Knall ertönte, und ein Bild löste sich von der Wand. Der Schwarzhaarige in seinem Nachthemd war draußen im Korridor verschwunden, der Mann im Morgenmantel eilte ihm nach. In den Ohren des jungen Mannes klingelte es, als er sich aufrichtete und an den Nebenraum dachte, in dem sich die zum Balkon führende Flügeltür befand. Die Bediensteten standen ihm im Weg, verschlossen ihm den Weg zur Tür mit ihren Körpern, da in der Aufregung jemand gestolpert war und einige andere mit zu Boden gerissen hatte.
    Der junge Mann ergriff seine einzige Chance mit dem Mut der Verzweiflung und stürmte hinaus auf den Korridor. In der Ferne erklang ein weiterer Schuß. Am Ende des Ganges fand er eine schmale Treppe, rannte – jeweils zwei Stufen überspringend – hinunter, während ihm das Herz bis zum Halse schlug. Als er unten angekommen war, erklangen abermals Schreie, obwohl niemand zu sehen war. Er rannte die zweite Etage hinunter und fand sich in einem engen Hinterzimmer wieder. Eine Tür öffnete sich, und das Gesicht einer fetten Frau erschien. Als sie ihn sah, schrie sie auf und schlug die Tür wieder zu. Der junge Mann rannte geradewegs in eine große Halle, in der sich eine Innentreppe befand. Oben, auf dem Treppenabsatz, erschien plötzlich der Schwarzhaarige. Er keuchte und schien sich kaum noch auf den Beinen halten zu können. Sein Nachthemd flatterte. Hinter ihm tauchte jetzt der Mann im roten Morgenmantel auf und schrie. Das Gewehr krachte erneut. Der Mann im Nachthemd verschwand aus dem Blickfeld, wurde aber weiterhin von dem anderen verfolgt.
    Die große, geflieste Halle war schwach erleuchtet und bis auf einige Topfpflanzen und einer Ritterrüstung leer. Der junge Mann wirbelte herum, entdeckte zwischen zwei Blumenständern eine Gittertür und rannte dorthin. Nervös hantierte er am Öffnungsmechanismus herum; die Tür schwang auf und dann war er in der Dunkelheit verschwunden.
     
    Fünf Stunden später brach der junge Mann erschöpft und mit Fetzen von Gras übersät aus dem Wald und geriet in ein kleines Einkaufszentrum. So gut es ging bürstete er seine Kleider und eilte auf eine Betonkuppel zu, auf der ein Schild mit der Aufschrift ‚U-Bahn’ stand. Der Weg zurück zur Innenstadt in der ruhigen, zylinderförmigen Transportbahn dauerte nur zwanzig Minuten. Als er sich wieder in seiner gewohnten Umgebung befand, machte er sich sofort auf den Weg zum Kaufhof.
    Es war neun Uhr morgens. Die Türen wurden soeben geöffnet. Er hatte sich über nichts in seinem Leben bisher so gefreut.
     

VII
     
    An seinem elften Tag im Warenhaus geschahen seltsame Dinge. Wie gewöhnlich war er hinuntergestiegen, bevor der Verkaufsbetrieb losging und hatte sich an einem Ort versteckt, den er in der Möbelabteilung ausfindig gemacht hatte, und an dem er sich aufhielt, bis sich die Türen öffneten und die Kunden das Geschäft füllten.
    Er hatte Orangen und frische Kekse gegessen, die ihm ausgezeichnet mundeten. Ohne darauf zu achten, wohin ihn seine Füße trugen, landete er in der Abteilung für Damenbekleidung. In der Mitte des Raumes hatte sich eine Menschenmenge um einen bestimmten Platz gebildet. Der junge Mann schlenderte

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