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Zweibeiner sehen dich an

Zweibeiner sehen dich an

Titel: Zweibeiner sehen dich an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon Knight
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„Hier ist Fritz, der Zweifüßler. Ich möchte Herrn …“
    „Warum nicht gleich so?“ fragte die Telefonistin. „Ist mit deiner Arbeit etwas nicht in Ordnung?“
    „Meine Arbeit ist fertig. Es geht um etwas sehr Wichtiges. Würden Sie mich jetzt bitte mit …“
    Sie unterbrach ihn erneut. „Ist etwas mit dem Käfig nicht in Ordnung?“
    „Nein. – Ich muß Grück sprechen! Schauen Sie … wie immer Sie auch heißen mögen, Fräulein … reden Sie nicht so viel und verbinden Sie mich mit …“
    „Ich bin Fräulein Müller“, sagte sie kalt, „und ich habe die Anweisung, Privatgespräche von Tieren nicht zu verbinden! Wenn es sich also nicht um einen Notfall handelt oder um die Arbeit …“
    „Ich sagte, es ist dringend!“ brüllte der Zweifüßler mit anwachsendem Ärger. Er schrie in die Sprechmuschel: „Sie idiotisches Weib! Wenn Sie mich nicht sofort mit Grück verbinden, werde ich Ihnen die Polizei auf den Hals hetzen, verdammt noch mal! – Stellen Sie jetzt sofort eine Verbindung her, oder – Hallo, hören Sie noch? Hallo! Fräulein Müller!“ Die Leitung war tot. Mit zitternden Fingern begann der Zweifüßler, ein zweites Mal zu wählen. Das Licht auf der Wählscheibe pulsierte.
    Der grünliche Kopf Emmas tauchte im Türrahmen auf, als er sich umdrehte. „Was starrst du mich so an?“ fragte er und der Kopf verschwand wieder. Der Zweifüßler setzte sich an den Schreibtisch und ballte seine dreifingrigen Hände. Es war ihm nicht mehr zuzumuten, hier herumzusitzen, während die Freiheit immer näher rückte. Wenn sich seine Situation von Grund auf änderte, konnten sie ihm zumindest reinen Wein einschenken, anstatt ihn hier in der Ungewißheit schmoren zu lassen. Wessen Leben war es schließlich, um das es hier ging? Aber was konnte man schon von diesen aufgeblasenen Bürokraten anderes erwarten. Sie waren ohnehin nicht in der Lage, weiter als bis zu ihren Nasenspitzen zu sehen. Laßt die Wartenden ruhig in ihrem eigenen Saft schmoren, was kümmert das uns?
    Wenn sie ihn doch nur hier herausließen! Ha, er würde ein Expose in der Redaktion abliefern, das sich gewaschen hatte! Welch eine Reportage! Schockieren de Enthüllungen über die Unmenschlichkeit der Zoowärter! Seine Nervosität steigerte sich beträchtlich. Er sprang auf. Laßt mich hier heraus! Laßt mich hier heraus! Mehr will ich ja gar nicht! Der Rest wäre dann eine Kleinigkeit …
    Er blieb stehen und lauschte. Ja, da war das Geräusch wieder. Die Tür öffnete sich. Der Zweifüßler rannte hin, aber es war nicht der Mann im grauen Mantel, sondern Rudi, der Picklige, mit seinem Karren. „Ach, du bist es“, sagte der Zweifüßler und wandte sich enttäuscht ab. „Klar bin ich es“, erwiderte Rudi. „Wer sollte es auch sonst sein? Wer macht schließlich hier die ganze Drecksarbeit, ohne dafür ein Wort des Dankes zu ernten?“ Er schob den Karren in den Büroraum, murmelte vor sich hin, ohne den Zweifüßler anzusehen. „Füttert Dr. Grück etwa das Rhinozeros oder die Feuervögel? Wer schleppt das Futter herum? Wer füttert die Boa Constrictor? Wenzel etwa? Mistet Rausch die Eselställe aus oder ich? – Ihr Zweifüßler seid noch halb so schlimm, schließlich räumt ihr euren Kram selbst weg. Aber manche Tiere … du würdest nicht glauben, wie schmutzig sie sind. Sie scheißen auf den Boden, wie es ihnen gefällt. – Aber so ist das Leben nun mal. Die einen leben wie Gott in Frankreich, die anderen müssen bis zu den Ellenbogen in der Scheiße wühlen.“
    Mürrisch nahm er einen kleinen Gegenstand von seinem Karren und warf ihn auf den Schreibtisch, der ihm am nächsten war. „Hier hast du ein Stück Seife. Du sollst dich waschen, weil man dich interviewen will. Ich soll dafür sorgen, daß du dich beeilst. Mach schnell, sonst stecke ich wieder einen Rüffel ein.“
    Das Herz des Zweifüßlers begann wild zu schlagen. „Hast du interviewen gesagt?“ stammelte er. „Wer … was …“
    „Ja, interviewen. Das ist alles, was ich weiß. Irgendein Zeitungsmensch möchte was über dich schreiben. Soll er doch.“ Rudi wendete seinen Wagen und machte Anstalten zu gehen. Hinter dem Rücken des Zweifüßlers erklang ein Geräusch. Als er sich umwandte, sah er Emma, die nervös auf der Schwelle ihres Zimmers stand. „Rudi“, piepste sie, „Rudi, war te doch …“ Aber der Wärter war bereits verschwunden, ohne ihre Worte gehört zu haben; vielleicht hatte er auch keine Lust, sich umzudrehen. Er schloß die Außentür

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