Zweibeiner sehen dich an
entgegenzusetzen? Haben Sie ihn unter Drogen setzen lassen? Was haben Sie dazu zu sagen?“
Grück druckste herum. Dann sagte er mit ernster Stimme: „Irgendwie kam das Tier zu einem Stück Sei fe. Der Wärter, der dafür verantwortlich war, wurde …“
„Seife?“ echote Wilenski. „Ja, Seife. Die Sodium- und Potassiumsalze in der Seife haben auf diese Zweifüßler eine toxische Wirkung. Sie müssen bedenken, daß wir es hier schließlich nicht mit menschlichen Wesen zu tun haben.“ Er hob seine plumpe Hand. „Lassen Sie mich nun aber fortfahren“, sagte er über das Gemurmel des Publikums hinweg. „Wir haben es hier mit einem ausgekochten Schwindel zu tun, einem schmutzigen Reklametrick! Wenn Sie nach Beendigung meiner Erklärung immer noch davon überzeugt sind, daß die Seele eines Menschen den Körper dieses Tiers bewohnt – dann verspreche ich Ihnen bei allem, was mir heilig ist, daß ich Martin Naumchik freilassen werde.“
Begeisterung in der Halle. Der Zweifüßler schloß die Augen und tastete nach seinem Stuhl. Seine Erleichterung war so groß, daß er die folgenden Worte kaum vernahm.
„Wir hier im Zoo tappten zunächst ebenso im Dunklen wie Sie, das kann ich Ihnen versichern. Wie sollte so etwas auch möglich sein? Wir haben die Geschichte des Zweifüßlers natürlich nicht einen Augenblick lang geglaubt – aber wie sollten wir uns sein merkwürdiges Verhalten erklären? Wir waren am Ende unserer Weisheit, meine Damen und Herren – bis wir auf den Gedanken kamen, den Käfig des Zweifüßlers einer genauen Untersuchung zu unterziehen. Dann … stellen Sie sich unseren Schreck vor, als wir dies hier fanden …“
Die Kamera schwenkte zurück, Grück machte eine halbe Drehung und streckte seine Hand mit einer dramatischen Geste einem Instrument entgegen, das auf einem Tisch hinter ihm lag. Ein Assistent holte es näher heran und der Zweifüßler erkannte, daß es sich um ein kleines Tonbandgerät handelte, eins von der gleichen Art wie jenes, welches Opatescu benutzt hatte. Es lief ihm kalt den Rücken hinunter.
„Unter den Matratzen des Zweifüßlers“, fuhr Grück nun fort, „fanden wir dieses Tonbandgerät versteckt.“
„Wie konnte es dorthin gelangen?“ dröhnte Wilenski. Grück wandte sich mit einem unbewegten Ausdruck um. „Das untersuchen wir noch. Und ich kann Ihnen versichern, daß die Schuldigen, wenn sie gefaßt werden, mit der vollen Strenge des Gesetzes gestraft werden: Unser Hauptinteresse besteht momentan darin, den entlassenen Wärter ausfindig zu machen und zu verhören.“ Er ging einen Schritt an den Tisch heran und berührte das Tonbandgerät. „Ich möchte, daß Sie alle hören, was es mit diesem versteckten Gerät auf sich hat. Hören Sie gut zu!“ Er schaltete das Gerät ein und nach einem Augenblick sagte eine tiefe, männliche Stimme: „Hör’ zu und wiederhole: Mein Name ist Martin Naumchik … ich wurde 1976 in Asnieres geboren … ich bin Journalist und arbeite für Paris Soir … mein Vorgesetzter dort ist Monsieur Claude Ehrichs …“
Undeutliches Gemurmel durchdrang das Glas des Käfigs. Der Zweifüßler wandte unbewußt seinen Kopf und sah eine Gruppe von Menschen, die sich um ein tragbares Fernsehgerät geschart hatten. Er nahm wahr, daß sich ihre Fäuste ballten und hörte sie empört schreien. Es fielen Worte wie „Scharlatan!“ und „Lügner!“ Mit dem Gefühl, verloren zu haben, wandte er sich von dem Fernsehgerät ab, das nun die Gesichter der Zuhörer zeigte. Er sah, daß die unerwartete Überraschung allmählich zynischem Verständnis und Ärger Platz machte. Die Anwesenden erhoben sich langsam, einige verließen die Pressekonferenz und der Zweifüßler sah den rotbärtigen Mann, der kopfschüttelnd hinaus auf den Gang marschierte. „Warten Sie!“ schrie er, aber der Mann auf dem Bildschirm konnte ihn nicht hören. Der Saal leerte sich langsam, die monotone Tonbandstimme hörte auf zu reden. Grück sah sich triumphierend und mit einem leisen Lächeln auf den Lippen um. Wenzel erschien, um mit ihm zu sprechen. Grück nickte geistesabwesend, seine Lippen schürzend. Er pfiff.
„Und so“, sagte die Stimme des unsichtbaren Sprechers, „ist durch diese dramatische Enthüllung der Mythos um den menschlichen Zweifüßler geklärt. Dank gebührt vor allem Herrn Dr. Grück, dem Direktor des Berliner Zoos, wegen seiner lückenlosen Erklärung dieser schwierigen Situation. Wir schalten nun zurück in unser Studio.“ Der Bildschirm
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