Zweifel in Worten
begriffen, wie wichtig ihm die beiden Männer waren, die sich offenbar bei Wagner aufhielten.
Die Haustür war kein nennenswertes Hindernis für Vito, Colin folgte ihm dichtauf. Nahkampfspezialisten wie die beiden würden Wagner innerhalb von Sekundenbruchteilen ausschalten – nicht töten.
„Nach links“, murmelte Colin für Gabriel kaum verständlich und er blinzelte, als er beobachtete, wie Vito sich nach links bewegte und direkt vor ihm stehenblieb. Wie ein lebendiger Schutzschild. Colin öffnete eine Tür im Flur, die offenbar in einen Keller hinabführte. Sie besaß nur auf der Außenseite eine Klinke, von innen musste man anscheinend mit einem Schlüssel öffnen.
Einmal mehr überzeugten ihn Vito und Colin davon, dass sie die besten der Besten aus seiner Firma waren: Sie entdeckten die fehlende Klinke ebenfalls und Vito suchte ohne irgendwelche Absprachen etwas, um die Tür am Zufallen zu hindern. Colin ging die Treppe hinab und Vito folgte ihm, erst jetzt konnte Gabriel hinterher.
Er wusste, sie alle konnten sich auf Colins Instinkte verlassen. Es war nicht nötig, das ganze Haus zu durchsuchen, wenn er zielstrebig in den Keller marschierte. Nur dort würden sie Wagner und mit viel Pech auch Frank und Sam finden.
In dem kleinen Kellerflur wurde es unangenehm eng, deshalb blieb Gabriel auf der letzten Stufe stehen, bis Colin auf eine Tür zeigte. „Sam.“
Ohne weitere Diskussionen ging Vito darauf zu, doch Colin ergriff ihn am Arm und schüttelte den Kopf, bevor er auf eine andere Tür zunickte. Vito schien zu verstehen und sie gingen in den entsprechenden Raum.
„Boss, geh zu Sam.“ Er stutzte, es kam nicht oft vor, dass Colin ihm mehr oder weniger einen Befehl gab, aber er folgte dieses Mal wortlos und öffnete die dritte Tür von Links, um mit aufgerissenen Augen stehenzubleiben und einen Schrei zu unterdrücken.
Er war auf den Knien, bevor er es richtig begriff. „Frank! Sam!“, hauchte er fassungslos.
„Er ist tot“, sagte Frank und schluchzte. „Ich hab ihn umgebracht. Er ist nebenan.“
Gabriel blinzelte zweimal, dreimal und begriff, dass Frank nicht von Sam sprach, den er fest an sich gedrückt hielt, während er auf dem Boden hockte.
Beide boten einen schrecklichen Anblick.
„Er wacht nicht auf, Engel! Ich habe alles versucht!“
Mit zitternden Händen streckte Gabriel Finger nach Sams Hals aus. Er suchte hektisch nach einem Puls und atmete erleichtert aus.
„Wir rufen einen Arzt, Liebling. Wie geht es dir?“ Seine Stimme zitterte ebenso wie seine Finger. Er streckte sie nach Franks Wange aus und wischte die Tränen weg, die unaufhörlich aus seinen Augenwinkeln rollten.
Danach zückte er sein Handy, aber eine Hand legte sich sacht auf seine Schulter.
„Vito ruft schon jemanden an. Nebenan liegt Wagner mit gebrochenem Genick. Du gehst trotzdem besser nicht in den Raum.“ Colin sagte das so bestimmt, dass Gabriel schauderte. Irgendetwas an dem Raum nebenan würde ihn also entweder wütend machen oder halbtot ängstigen. Wollte er es wissen? Er sah zu Frank, dessen Unterkiefer verkrampft aussah. Er schüttelte leicht mit dem Kopf.
Bitte geh nicht in den Raum , sagte der Blick von ihm und Gabriel war versucht, dieser Bitte nachzugeben – vorerst.
Colin beugte sich über Sam und Vito kehrte zurück.
„Notarzt ist unterwegs. Wir sollten ihn aus dem Keller bringen.“
Gabriel nickte und erhob sich, um beiseitezutreten.
Colin und Vito ergriffen Sams Schultern und seine Beine und brachten ihn hinaus, in der Zeit zog er Frank vom Boden hoch und presste ihn an seine Brust. „Hab keine Angst mehr, der Notarzt wird ihm helfen.“
Frank schauderte nicht weniger als er selbst. Als sich seine Arme um ihn schlangen, atmete Gabriel dennoch auf. Was auch immer hier passiert war, was auch immer sich im Nebenraum abgespielt hatte, sie lebten. Sam und Frank lebten.
„Komm, Liebling. Gehen wir nach oben zu Sam, ja?“
Frank nickte abgehackt, bewegte sich aber nicht. Deshalb zog er ihn vorsichtig mit sich zur Treppe und endlich schaffte Frank es, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
~*~
Frank zögerte kaum merklich, als Gabriel ihn an der wieder geschlossenen Tür vorbeischob und zur Treppe lotste. Nie wieder wollte er an das denken, was in jenem Raum geschehen war. Nie wieder!
Und doch suchten ihn die Bilder, die Gerüche, die Geräusche schon jetzt heim. Er hatte einen Menschen getötet. Und es war kein echter Unfall gewesen. Nicht nachdem, was Sven gesagt und getan
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