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Zweifel in Worten

Zweifel in Worten

Titel: Zweifel in Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathan Jaeger
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meine. Möchtest du einen Cappuccino oder Tee?“
    Er dachte darüber nach. „Danke, Mama. Dafür, dass du nicht weiter nachfragst ... Ich ... muss noch über so vieles nachdenken.“
    „Also?“
    „Hm, Tee wäre toll. Danke!“ Er zog sie in einem spontanen Anflug von Sehnsucht an sich und drückte sie.
    „Schon gut, Junge. Du wirst eben immer mein Liebling bleiben!“ Sie machte sich sanft von ihm los und doch sah er, dass sie sein Zusammenzucken ob dieses ‚Titels‘ bemerkte. Zu seiner Erleichterung schwieg sie, aber ihn katapultierte dieses eine unschuldige Wort in ein bodenloses Loch. Er fiel und fiel, schaffte es nicht einmal, sich an seiner Mutter festzuklammern, die aus dem Zimmer verschwand.
    „Ich bringe dir gleich den Tee.“
    Er hörte ihre Worte wie von fern. Unwirklich.
    Das andere, dieses ‚Liebling‘ war zu präsent, zu aktiv in seinem Inneren. Frank versuchte, sich für den Aufprall zu wappnen, doch als er kam und ihn atem- und hoffnungslos zurückließ, wusste er, dass Nichts und Niemand ihn vor der Einsamkeit beschützen konnte.
    Bilder, grausam und so wahr, tauchten vor seinem inneren Auge auf, ebenso Bilder, die von Liebe und Nähe zeugten.
    Ein unendliches Gemisch aus Gut und Böse bildete sich in ihm, ließ ihn zittern und schluchzen. Er hatte sich doch nicht freiwillig aus dem Staub gemacht!
    Nur aus Angst! Vor der Seite in ihm, die so vollkommen übertrieben reagiert hatte! Vor sich selbst. Wenn er zu so etwas fähig war, wer war dann vor ihm sicher, wenn er fürchtete, jemand könnte Sam oder Gabriel etwas antun?
    Er wusste genau, für Gabriel hätte er genauso reagiert. Aber der war weit weg und nicht in unmittelbarer Gefahr gewesen! Sam dagegen schon. In viel zu großer Gefahr, nur weil er, Frank, seine Liebsten mit in seine Vergangenheit gerissen hatte!
    Wieder und wieder verfluchte er sich für seine Geschwätzigkeit, für seine Schwäche, mit der er Sam und Gabriel offenbart hatte, wer sein Besucher gewesen war.
    Das alles war so schrecklich falsch!
    Er rollte sich auf dem Sofa zusammen und bekam nur am Rande mit, dass jemand die Tür öffnete und wieder schloss. Niemand sprach mit ihm und er war froh darüber.
    Seine Gedanken versuchten, sich auf das Schöne zu konzentrieren. Auf die Nähe, die Liebe und Sehnsucht, auf die Zeit, die er mit Gabriel und Sam hatte verbringen dürfen. Er dachte an Florenz, an den Pool, das Schlafzimmer, an die Lust und Leidenschaft, die er dort erfahren und geschenkt hatte.
    Er sah hellblaue und Kornblumenaugen. Er sah das Lächeln und spürte die tiefe Zuneigung – alles, was er nun verloren hatte.
    Wegen Sven, wegen seiner Gesprächigkeit, wegen seiner Angst.
    Und er hasste sich dafür.
    Stunde um Stunde lag er da und weinte, sein Tee war längst kalt, draußen wurde es dunkel, der Fernseher flimmerte noch immer vor sich hin. Wer hatte den Ton abgestellt? Seine Mutter?
    Er schniefte, suchte nach Taschentüchern und putzte sich die Nase. Sein Blick fiel auf den Teebecher. An dessen Rand und auf der Oberfläche des Getränks hatte sich bereits der ungenießbare Teefilm gebildet. Trotzdem trank er einen Schluck davon, nur um sich hinterher zu schütteln.
    Es war bereits nach zwanzig Uhr. Vielleicht sollte er nach unten gehen? Zu seinen Eltern? Irgendetwas musste er doch tun, wenn er aus dieser endlosspirale an Leid und Selbstvorwürfen entfliehen wollte.
    Aber, würde das wirklich etwas bringen? Er war, wer er war, daran änderten auch Normalität und alte Gewohnheiten nichts mehr.
    Er konnte sich nicht einfach in eine Zeit verkriechen, die vor dem Kummer lag. Zu viel barg die Vergangenheit, zu viel Schönes.
    Er müsste es aufgeben, ungeschehen denken. Aber das wollte er nicht! Seine Liebsten waren real, warm und gut. Ihnen gab er zu keinem Zeitpunkt die Schuld an seinem Verhalten. Sie hatten reagiert, niemals agiert.
    Er seufzte tief, zog an seinem verknitterten Hemd herum und ging nach unten in die Küche. Er hatte Hunger, und dort würde er alles finden, um sich ein paar Brote zu schmieren.
    Seinen halbvollen Teebecher nahm er mit, brühte sich unten frischen Tee auf und kramte Aufschnitt aus dem Kühlschrank.
    Der Duft des Jasmintees zog durch den Raum und beruhigte ihn. Er saß am Küchentisch und biss in sein erstes Brot – mit Teewurst – als es klingelte.
    Der sanfte Mehrfach-Gong ließ ihn zusammenzucken. Wieso eigentlich? Hier im Haus seiner Eltern war nie irgendetwas Schlimmes passiert! Er brachte sich zur Ruhe, indem er tief

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