Zweifel
drückte Sam auf den Knopf der Sprechanlage neben der Tür.
»Ja? Kann ich Ihnen helfen?«, entgegnete eine blechern verzerrte Stimme.
Sam räusperte sich. »Ich… ich bin Sam Raintree. Ich bin hier, um Dr. Broussard zu sehen.«
»Oh, ja. Kommen Sie rein.« Die Stimme verstummte und die Türen schwangen plötzlich auf. Sam holte tief Luft und zwang seine Beine, sich zu bewegen und ihn in den hellen geschäftigen Raum hinein zu tragen. Seine Füße fühlten sich bleischwer an und er hatte das Gefühl, als würde ein riesiges Gewicht auf seiner Brust lasten.
Er folgte den Anweisungen auf dem Schild neben der Tür, blieb stehen, um sich die Hände an einem großen Waschbecken zu waschen, und ging dann zum Empfangspult. Eine Schwester mit kurzen, ergrauenden Haaren erwartete ihn dort freundlich lächelnd.
»Mr. Raintree? Ich bin Marlene, die verantwortliche Schwester für Bo.« Sie legte eine Hand an Sams Ellenbogen und führte ihn zu einer würfelartigen Glaskabine auf der abgewandten Seite des Raumes. »Bo ist noch sehr benommen von den Schmerzmitteln, aber er ist wach und einigermaßen bei sich. Er hat schon nach Ihnen gefragt.«
»Oh.« Sam schluckte. Sein Herz raste und er fühlte sich schwindelig und schwach. »Kann... kann ich einfach reingehen?«
»Natürlich. Sie haben fünf Minuten. Ich gebe Ihnen Beschied, sobald sie um sind.« Sie runzelte die Stirn. »Geht es Ihnen gut?«
»Alles in Ordnung.« Sam versuchte zu lächeln, aber es misslang gründlich. »Ich mache mir nur Sorgen, das ist alles. Bo ist ein... ein guter Freund.«
Marlene blickte ihn voller Mitgefühl an. »Natürlich. Ich bin draußen ganz in der Nähe, falls Sie etwas brauchen, Sam.« Sie drückte kurz seinen Arm, ging dann wieder zum Empfangspult hinüber und ließ Sam allein vor der mit einem Vorhang verhüllten Glastür stehen.
»Du schaffst das«, flüsterte Sam. Er stählte sich innerlich, schob die Tür auf und ging hinein.
Bo lag mit geschlossenen Augen auf dem Bett, dessen Kopfende leicht aufgerichtet worden war. Weiße Kabel schlängelten sich oben aus seinem Krankenhausnachthemd und verbanden ihn mit einer Maschine, die seinen Herzschlag überwachte. Sam kam das Piepsen viel zu schnell vor.
Durch die Kanülen an beiden Armen wurden drei verschiedene Flüssigkeiten in Bos Körper getropft. Die Geräte, die dicht an dicht um Bos Bett herum standen, fiepten und summten.
Als er sich dem Bett näherte, starrte Sam auf Bo hinunter. Sein Gesicht war aschfahl und mit Schweißperlen bedeckt, das Haar, das sich aus dem Zopf gelöst hatte, wirkte matt und zerzaust. Unter dem dünnen Laken hob und senkte sich Bos Brust in flachen, stoßartigen Atemzügen. Er sah kein Stück besser aus als vor einigen Stunden, als Sam ihn zuletzt gesehen hatte.
Unfähig sich zu beherrschen, beugte sich Sam über Bo und küsste ihn auf die Brauen. Die Haut war feucht und brennend heiß unter seinen Lippen. »Ich bin hier, Bo.«
Bos Lider flatterten. »Sam«, murmelte er und seine Finger klammerten sich um Sams Handgelenk. »Ich will nicht sterben, Sam.«
‚Fuck‘.
»Du wirst nicht sterben. Ich lass‘ dich nicht gehen!«
»Es vergiftet mich. Sie können es nicht aufhalten.« Bo starrte zu Sam hoch und seine Augen glänzten fiebrig. »Hab‘ dich grad erst gefunden, Sam... Will das nicht verlieren...«
Sam drückte Bos Handfläche gegen seine Wange und kämpfte die aufsteigenden Tränen nieder. »Red keinen Unsinn! Du wirst wieder gesund.«
Falls Bo ihn gehört hatte, zeigte er keine Reaktion. »Meine Jungs... Sean und Adrian... Kann nicht sterben, ohne sie gesehen zu haben...« Sein Gesicht verzog sich. »Muss sie sehen... Bitte...!«
»Wir finden die Nummer nicht, Bo. Kannst du...« Sam brach ab und bekämpfte mit aller Kraft das Zittern in seiner Stimme. »Kannst du uns die Nummer von Janine’s Eltern sagen? Damit wir sie anrufen und Sean und Adrian hierher bringen können?«
Bos Augen schlossen sich erneut und einen schrecklichen Moment lang fürchtete Sam, er hätte wieder das Bewusstsein verloren.
»In meinem Handy«, nuschelte Bo schließlich. »Handschuhfach.«
»Welches? Im SUV oder in deinem Auto?«
»SUV.« Bo zwang sich dazu, die Lider zu öffnen und schenkte Sam den Hauch eines Lächelns. »Danke. Dass du gekommen bist... Wollte dich sehen.«
»Ich gehe nicht weg. Ich werde hier sein, wann immer sie mich reinlassen. Die anderen sind auch alle da. Wir lassen dich nicht allein.« Sam drückte einen sanften Kuss auf Bos
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