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Zweiherz

Titel: Zweiherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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nichts an.«
    Sie holte tief Luft. »Geht es doch. Wenn die Stücke gestohlen sind, werde ich sie nicht verkaufen.«
    Sein Blick verfinsterte sich schlagartig. »Sie sind nicht gestohlen, was denkst du eigentlich von mir? Vielleicht hast du es vergessen, aber ich saß nicht im Gefängnis, weil ich irgendwen beklaut habe.«
    Kaye sah ihn betroffen an und fragte sich selbst, wie sie auf die Idee gekommen war, die Silberarbeiten könnten gestohlen sein. Ihr Misstrauen war nicht gerechtfertigt.
    »Die Stücke gehören mir«, brummte Will missmutig. »Ich habe sie von meinem Vater geschenkt bekommen. Mein Urgroßvater hat sie gemacht. Wäre schön, wenn du Sam nichts davon erzählen würdest.«
    »Du solltest sie nicht verkaufen, Will«, sagte Kaye sanft. »Sie sind noch auf traditionelle Weise hergestellt. Von diesen Stücken gibt es nicht mehr viele. Sie sind sehr wertvoll. Aber ihr größter Wert ist, dass sie aus deiner Familie stammen. Gib sie nicht weg. Eines Tages wird es dir leidtun.«
    »Aber mein Vater gab sie mir, damit ich etwas habe, wenn ich Geld brauche. Jetzt brauche ich Geld«, erwiderte er, nicht gewillt, sich von seinem Vorhaben abbringen zu lassen.
    »Wozu?«
    Er hob die Hände. »Warum bist du bloß immer so verdammt neugierig, Kaye Kingley?«
    »War ich schon immer.« Sie lächelte schwach. »Das hat dich nie gestört.«
    »Jetzt schon. Ich will nicht, dass du Fragen stellst. Du sollst die Stücke nur verkaufen. Bitte, Kaye.«
    Das klang beinahe flehentlich.
    »Brauchst du ein Auto?«
    »Du vergisst, dass ich nicht fahren kann.«
    Kaye sah ihm ins Gesicht, halb Mitgefühl, halb Belustigung im Blick. »Oh je, armer Will. Ich könnte es dir beibringen.«
    Jetzt ballte er zornig die Fäuste und schlug mit der rechten auf den Ladentisch. »Natürlich kann ich fahren, aber ich habe keinen Führerschein. Ich bin in den letzten Jahren nicht dazugekommen, ihn zu machen. Und um das Verhör abzukürzen: Ich brauche das Geld für ein Pferd.«
    Ein Pferd also, dachte Kaye und hütete sich, Will noch einmal auszulachen. Sie legte die Silberarbeiten in eine verschließbare Schublade und sagte: »In Ordnung. Wenn das so ist, werde ich versuchen, den Schmuck für dich zu verkaufen.«
    Will atmete erleichtert auf. »Ahééh« , sagte er. »Danke.« In der Tür drehte er sich noch einmal um. »Bitte sag Granpa nichts davon, ja? Ich glaube, es würde ihm nicht gefallen.«
    »Ich könnte dir Geld borgen, Will«, sagte sie hastig.
    »Das könntest du sicher, aber ich will es nicht.«
    »Warum nicht? Ich bin deine Freundin und würde dir gerne helfen.«
    »Du hilfst mir, wenn du den Schmuck verkaufst.«
    »Was ist los mit dir, Will?«
    »Nichts. Warum lässt du mich nicht einfach in Ruhe?«
    »Ich will nur wissen, ob du es noch bist.«
    Eine Minute konnte kurz sein, diese dauerte ewig.
    »Das weiß ich selbst nicht, Kaye«, antwortete Will schließlich und verließ den Laden.

10. Kapitel

    T om Rost parkte seinen schwarzen Jeep auf der Rückseite der Bingohalle zwischen einem großen Müllcontainer und mehreren Plastiktonnen. Darin lagerte der Abfall aus dem Restaurant der Spielhalle: leere Getränkedosen, Pappbecher und -teller und ein Behälter mit Essensresten. Rost stieg aus und fluchte. Es stank faulig und vergammelt, was bei dieser Hitze kein Wunder war.
    Tumbleweeds, große stachlige Pflanzenkugeln, wurden zusammen mit leeren Plastiktüten und vergilbten Zeitungsseiten vom Wind über den staubigen Platz getrieben und blieben im Stacheldrahtzaun hängen, der das Gelände begrenzte. Dahinter nichts als Staub und Steine - bis zum Horizont.
    Verdammtes, vertrocknetes Scheißindianerland, dachte der stämmige Mann mit dem blonden Haarkranz und spuckte verächtlich in den Staub. Es wurde Zeit, dass er seinen Job erledigte und hier so schnell wie möglich wieder wegkam. Den interessierten Touristen würde ihm sowieso bald keiner mehr abnehmen, auch wenn er diese lästige Kamera vor seiner Brust baumeln hatte. Er hatte einen Sonnenbrand auf dem kahlen Schädel und in seinem Motelzimmer im Navajo Nation Inn funktionierte die Klimaanlage nicht richtig. Nachts fror er sich unter der dünnen Decke bald die Zehen ab und tags konnte er es vor Hitze kaum aushalten. Aber er wollte nicht nach einem anderen Zimmer fragen, weil er fürchtete, sonst aufzufallen.
    Ted Northridge, der Besitzer der Bingohalle, kam mit seinem klapprigen weißen Pickup um das Gebäude gefahren und hielt mit quietschenden Bremsen neben Rosts Jeep.
    »Na

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