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Zweiherz

Titel: Zweiherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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endlich, verdammt noch mal«, fluchte Rost. »Dachte schon, Sie kommen überhaupt nicht mehr. Was ist denn nun mit heute Nacht? Ich will die Sache endlich hinter mich bringen. Mein Auftraggeber wird langsam ungeduldig.«
    Northridge, ein hagerer Mann mit tief liegenden blassen Augen druckste herum. »Ich weiß nicht, es ist ziemlich riskant.«
    »Riskant, riskant«, äffte Rost ihn nach. »Alles, was Geld bringt, ist riskant. Sie haben gesagt, in diesem verdammten Canyon wäre keine Menschenseele.«
    »Da war ja auch lange niemand. Aber es ist Privatland, und neulich, als ich die Lage checken wollte, hab ich zwei Jungs im Canyon gesehen.«
    »Was gehen mich irgendwelche Rotzlümmel an?«, wetterte Rost, der allmählich die Geduld verlor. »In dieser verdammten Wüste kriechen überall Indianer herum.«
    Er holte ein zerdrücktes Päckchen Marlboro aus der Gesäßtasche und bot Northridge eine an, bevor er sich selbst eine Zigarette zwischen die dünnen Lippen steckte und sie anzündete. Nach einem tiefen Zug sagte er, einen Deut versöhnlicher: »Nun kommen Sie schon, Northridge. Wir arbeiten nachts, da wird keiner mehr dort sein. Sie haben mir doch selbst erzählt, dass die Navajos sich in der Dunkelheit vor Hexen und Zauberern fürchten und deshalb nachts nicht rausgehen. Außerdem, die Rothäute wissen doch gar nicht, was sie da Wertvolles haben. Aber uns wird’s eine schöne Stange Geld einbringen. Was ist mit Ihrer Informationsquelle? Haben Sie inzwischen den Standort der dritten Zeichnung?«
    »Noch nicht. Mein Informant lässt sich bitten«, antwortete Northridge.
    »Dann bitten Sie ihn, wenn er’s braucht. Bieten Sie ihm mehr Geld. Was er verlangt, ist nur eine Winzigkeit im Gegensatz zu dem, was wir am Ende dafür einkassieren.« Rost grinste und klopfte Northridge so kräftig auf die Schulter, dass der Mann einen unfreiwilligen Schritt nach vorn machte.
    »Es wird regnen heute Nacht«, war Northridges letzter Einwand. Ein Raucherhusten schüttelte ihn.
    »Umso besser wird der Steinschneider funktionieren«, war die entschiedene Antwort.
    »Also gut.« Northridge seufzte. »Wir treffen uns zwei Stunden vor Mitternacht in Crystal am Ortsausgang. Ich bringe das Stromaggregat und Sie den Steinschneider. Ich hoffe, er macht nicht allzu viel Krach.«
    »Nicht mehr als das Aggregat. Aber es wird niemand da sein, der uns hören könnte.« Rost grinste zufrieden.

    Will und Aquilar hatten das eingesunkene Dach des Hogans vorsichtig abgetragen, die Balken gesäubert und neu aufgesetzt.
    Sie schnitten Weidenzweige im Canyon, und Aquilar zeigte Will, wie man sie fest und dicht um die Balken flocht. Die Arbeit war nicht leicht. Die beiden jungen Männer schwitzten in der Mittagssonne und schrammten sich die Finger wund, bis sie bluteten. Eine Lage Dachpappe kam als Nächstes auf das Weidengeflecht.
    Mithilfe von Aquilars Pinto brachten sie in Kanistern Wasser auf die Mesa, verrührten Lehm und Wasser zu einer dicken Pampe, mischten das Ganze mit Stroh und verschmierten das Dach des Hogans damit. Das war nach traditioneller Navajo-Lebensweise eigentlich Frauensache, aber es war keine Frau da, die diese mühselige Arbeit hätte übernehmen können.
    Während sie gemeinsam am Dach des Hogans bauten, erzählte Aquilar Will von Dingen, die in den vergangenen Jahren im Reservat passiert waren. Da gab es viele Geschichten, traurige und lustige, und manche, die beides zugleich waren. Aquilar berichtete von Zauberern, die Unglück brachten, und von Geistern, die den Menschen halfen. Er erzählte von trockenen Sommern und kalten Wintern. Von schlimmen Krankheiten und großen Festen, von Beerdigungen und Geburten.
    Will hörte aufmerksam zu. Mit all dem vor Augen, was Aquilar ihm schon zuvor erzählt hatte, fügten sich die Ereignisse und Geschichten zu einem Bild, das Will half, die Dinge um ihn herum besser verstehen zu können. Er fragte nur selten etwas, denn Aquilar beantwortete die meisten seiner unausgesprochenen Fragen von selbst.
    Wenn möglich, vermied Will es, das Thema auf seine eigene Person zu lenken. Ihm war nicht danach, aus seiner Vergangenheit zu erzählen. Schon gar nicht darüber, was in den vergangenen fünf Jahren geschehen war. Aquilar wusste, dass er im Gefängnis gesessen hatte, weil durch ihn ein Mensch zu Tode gekommen war. Der Junge war trotzdem mit ihm hier heraufgekommen und half ihm, an diesem Hogan zu bauen. Er hatte sogar von zu Hause eine neue Matratze für das Feldbett mitgebracht. Aquilar war

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