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Zweilicht

Zweilicht

Titel: Zweilicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blazon Nina
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»Ich kann ihn nicht aufhalten.« Sie tauchte ins Dickicht und war verschwunden. Jay hatte keinen einzigen Schritt gehört. Dafür ließ ein anderes Geräusch ihn zusammenfahren. Etwas Schweres brach durch das Unterholz. Buschwerk splitterte, Zweige wurden durchgeschüttelt, als würde etwas Gewaltiges den Stamm streifen. Jay warf einen verzweifelten Blick in die Falle. So viel zum Thema theatralische Versöhnungsszenen , schoss es ihm durch den Kopf. Scheiße, ich habe keine Waffe mehr. Pokern um Sekunden. Hinter ihm die Falle, vor ihm Matt, der sich jeden Augenblick auf ihn stürzen würde. Blitzschnell kroch er zur Seite und schnappte sich einen abgerissenen Ast. Er schätzte die Entfernung zum Fallenrand ein und betete, dass Matt die Falle nicht entdecken würde, bevor es zu spät war. Er brachte den Ast in Position – und hätte beinahe Columbus damit zu Fall gebracht. Gerade noch rechtzeitig zuckte er zurück, als der Alte auf die Falle zustürzte. Ohne Jay zu sehen, wirbelte er herum und riss das Gewehr hoch. Jay glaubte alles in Zeitlupe wahrzunehmen. Der Schuss, der sich löste, ein Schatten, der sich in die Luft katapultierte, ein Brüllen, das ihn taub machte. Columbus ließ sich auf die Knie fallen und feuerte noch einmal, dann duckte er sich unter Matts Sprung. Matt stürzte, überschlug sich und überrollte den alten Expeditor. Eine Schlammkaskade nahm Jay die Sicht. Als er die Augen wieder öffnete, war Matts Brüllen verklungen, ausgerissene Wurzeln und tiefe Krallenspuren im Boden zogen sich bis über den Fallenrand. Columbus lag bewusstlos vor der Falle, von einem gewaltigen Gewicht war seine Schulter tief in den Boden gedrückt worden.
    Jay robbte zu dem alten Mann, hob das Gewehr auf und lud neu durch. Mit zitternden Händen hob er die Waffe und richtete sie auf die Sträucher.
    Sein Finger zuckte schon am Abzug, als eine Gestalt im Nebel erschien.
    Aidan. Mitten im Lauf bremste er und kam schlitternd zum Stehen. Jays Gewehr war direkt auf seine Brust gerichtet. Indiana Jones würde schießen . Hunderte von Heldenszenen liefen vor ihm ab wie eine knatternde, ruckelnde Sequenz in einem Stummfilm. Helden, die töteten und triumphierten. Sieger und Besiegte, wer schneller reagiert, überlebt . Doch mit einem Mal fühlte sich die Waffe in seinen Händen an, als würde sie ihn versengen. Und er erkannte mit absoluter Gewissheit, dass er kein Filmheld war und auch keiner sein wollte.
    Vor ein paar Tagen waren wir noch so was wie ein Team , dachte er bitter. Er schüttelte den Kopf und senkte das Gewehr.
    Rauch wehte herüber und ließ ihn husten. Und als der Qualm sich wieder verzogen hatte, war Jay mit Columbus allein. Vor ihm in der zertrampelten Erde sah er nur Kojotenspuren, keinen menschlichen Fußabdruck. Er legte das Gewehr ab und kroch zu Columbus. Der Expeditor atmete noch, und als Jay seinen Arm hob und sich über den Nacken legte, fiel sein Blick über den Rand der Fallgrube.
    Im ersten Augenblick fürchtete er, seinen Onkel Matt zu sehen. Aber da unten lag ein ganz anderes Wesen. Auf den ersten Blick sah er aus wie der größte Bär, den Jay je gesehen hatte. Auf den zweiten Blick gab es Unterschiede: längere Krallen und Zähne, und ein schwarzes Fell, das zottig und lang war. Das Ungeheuer lag ganz still, kein Atem hob den Brustkorb. Jay wandte sich mit einem Schaudern ab. Mika tauchte zwischen den Sträuchern auf und erfasste die Situation mit einem Blick. Jay packte Columbus an Arm und Bein und schulterte ihn. Dann stolperte er hinter Mika her in Richtung des Hudson River.
    *
    Man sah kein Wasser, nur dichten Flussnebel, der sich in der Morgendämmerung erhob und seine geisterhaften Finger bis zu den Baumkronen ausstreckte. Der Himmel zeigte an den Rändern das ausgefranste Eisengrau der Frühmorgens. Wind hatte sich erhoben und jagte Wolkenfetzen über New Jersey. Jay nahm kaum wahr, wie eine aufgelöste Faye ihm entgegenstürzte, wie Beren auftauchte und ihm dabei half, Columbus ins Uferdickicht zu schleppen. Hier, zwischen mannshohem Schilf, wateten sie ins Wasser und stießen auf ein paar Kanus.
    Jay beobachtete, wie die Kolonisten Columbus in eines davon betteten und die Seile lösten. Faye kletterte zu dem Expeditor ins Boot und nahm ein Paddel. Das Kanu teilte das Schilf und glitt auf den Fluss hinaus. Vor Jays Augen lief alles wie eine Filmsequenz in Zeitlupe ab. Er sah Rauch wehen und Münder sich bewegen, er blickte zurück auf die Ruinen, die sich hinter dem Schilf erhoben,

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