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Zweilicht

Zweilicht

Titel: Zweilicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blazon Nina
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während sie im Gehen telefonierten. Broker hetzten auf dem Weg zur Arbeit an Cafés und Geschäften vorbei. Jay wusste nicht, wie lange er Ivy schon folgte. Die Luft war wie eine scharfkantige Raspel, die jedes Atemholen zur Qual machte. Er konnte nur erahnen, dass Ivy in Richtung Central Park lief.
    Die Hochhäuser wuchsen immer höher in den Himmel, das Licht in den Straßenschluchten wurde noch dunkler. Der Trump Tower ragte links von ihnen auf, ein bronzefarbener Monolith, in dem sich ein Flugzeug spiegelte. Vor einem Juweliergeschäft blieb Ivy stehen und zog an einem Lederband an ihrem Hals. Zum Vorschein kam eine Art Flöte, oder eher ein durchbohrter Knochen. Ivy holte tief Atem und blies hinein. Ein flirrender, schriller Ton vibrierte durch die Luft. Jay sah sich um, aber niemand schien sich dafür zu interessieren. Dafür erhaschte er in der Scheibe des Juweliergeschäfts einen Blick auf sich selbst. Er erschrak darüber, wie er aussah. Sein Haar war wirr, die Augen lagen tief in den Höhlen. Er wirkte erstaunlich abgemagert und völlig erschöpft.
    »Weiter«, flüsterte Ivy ihm zu.
    »Wo gehen wir hin?«
    »Frag nicht, folge mir. Deine Liebste ist dir bestimmt schon auf den Fersen.«
    Es war ein Fehler, an Madison zu denken. Denn mit ihrem Namen kamen die Fragen, die Fassungslosigkeit und alles, was er immer noch für sie fühlte. Ivy begann noch mehr zu verblassen, bis sie fast verschwand. Mit aller Kraft zwang er sich dazu, sie festzuhalten.
    Sie nahm seine Hand und lief los, und Jay folgte ihr. Ivy führte ihn im Zickzack weiter in Richtung der 5th Avenue. Ein kalter Regen setzte ein und rann ihm aus dem Haar in den Kragen, durchweichte seine Kleidung. Graue Schleier verhüllten die Straßen. Ampellichter spiegelten sich in Pfützen der Prachtstraße Park Avenue. Ivy wollte über die Straße rennen, als sie abrupt bremste. Auf der anderen Straßenseite stand Matt. Inmitten der Anzugmänner und gestylten Businessfrauen wirkte er wie ein Steinzeitmensch. Und zwar einer von der Sorte, der seinen Jagdtanz schon hinter sich hatte und jetzt nur noch Beute machen wollte.
    Falls Jay noch den Rest eines Zweifels gehegt hätte, nun hätte er Gewissheit gehabt: Der massige Mann, der nun ohne Rücksicht auf den Verkehr über die Straße lossprintete, konnte unmöglich sein Onkel Matt sein. Und er war schnell, unglaublich schnell.
    »Deckung!« Ivy zog ihn zur Seite in den Schutz einer Mauer. Als die zweite Granate explodierte und eine Wolke aus Staub und prasselnden Trümmern und Steinsplittern in die Seitenstraße drückte, hatten sie schon die nächste Querstraße erreicht.
    »Hier rüber!« Autos wichen ihnen aus, Taxifahrer brüllten Verwünschungen und schüttelten die Fäuste. Aber auf dem Gehsteig stand reglos jemand und schien auf sie zu warten. Aidan. Schwer atmend wie nach einem langen Sprint starrte er Jay und Ivy an. Er sieht sie!
    Es war nur eine schwebende Sekunde, ein Herzschlag lang, während Jay zögerte und Aidan gespannt verharrte, statt auf ihn loszustürzen. Er gehört zu Wendigo, schrie es in Jays Kopf . Er ist hinter uns her.
    Aidan presste die Lippen zusammen und warf einen gehetzten Blick über die Schulter. Als er sich wieder zu Jay umwandte, deutete er mit einer winzigen Kopfbewegung nach rechts.
    Jay verstand und zerrte Ivy so grob nach rechts, dass sie strauchelte.
    Niemand folgte ihnen, sie hatten Matt tatsächlich abgehängt. Aber sicher nicht für lange.
    Kurz darauf erreichten sie die Querstraße der 5th Avenue. Ivy raste auf eine Treppe zu.
    »Was willst du da oben?«, schrie Jay.
    »Frag nicht, beeil dich!«
    Seine Sohlen dröhnten auf den Treppenstufen. Die Treppe führte auf eine schmale Stahlbrücke, die die 5th Avenue überspannte. Er konnte sich nicht an eine solche Brücke erinnern, aber sie war da, vielleicht provisorisch errichtet, während der Aufräumarbeiten nach dem Sturm. Das Gerüst schwankte bedenklich, als sie es betraten. Und nach ein paar Schritten sah er auch, warum.
    »Ivy, halt!« Er erwischte das Mädchen an der Schulter. Sie stolperten und stürzten auf das kalte Metall. Stahl knirschte und ruckte. Die Brücke, die haltlos mitten in die Luft ragte, sackte ein Stück nach unten. Halbe Brücke , dachte Jay. Als wäre sie einfach abgebrochen. Sein Arm umklammerte Ivys Taille, trotzdem rutschten sie ein Stück weiter zum Abgrund. Unter ihnen donnerten Lastwagen und Taxis dahin.
    »Lass mich los!«, keuchte Ivy.
    »Nein, die Brücke hört mitten über der

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