Zweite Chance fuer die Liebe
allem, weil er auch noch beobachten durfte, wie Lily einem der Blackstone-Kerle schöne Augen machte.
„Zieh kein solches Gesicht, du Idiot“, raunte Oliver ihm zu. „Heute ist mein Hochzeitstag.“
„Und warum ist das so?“, raunte er zurück.
„Was?“ Oliver sah ihn verständnislos an.
„Warum heiratest du heute?“
Oliver wartete, bis Tristan eine weitere adlige Witwe mit Handkuss begrüßt hatte und sich wieder aufrichtete. „Ist das eine Fangfrage?“
„Du hast immer gesagt, dass du deine Freiheit nie aufgeben wirst.“
„Das war, bevor ich mich in deine Schwester verliebt habe.“
„Ihr hättet auch einfach zusammenleben können.“
„Damit ein anderer sie mir wegschnappt?“ Oliver schüttelte den Kopf. „Die ganze Welt soll wissen, dass sie mir gehört. Sie ist die andere Hälfte meiner Seele, wir gehören zusammen. Ein Leben ohne sie kann ich mir nicht vorstellen.“
Tristan spielte mit den Ringen in seiner Tasche. „Mann, den Spruch solltest du der Glückwunschkartenindustrie verkaufen … Carlo!“ Tristan schüttelte dem italienischen Grafen, mit dem er am Abend zuvor den hundertjährigen Scotch dezimiert hatte, die Hand. „Schön, dass du es noch rechtzeitig zur Zeremonie geschafft hast.“
„Das ist der letzte der geladenen Gäste.“ Die Hochzeitsplanerin warf einen tadelnden Blick auf den Grafen und setzte schwungvoll ein Häkchen auf ihre Liste. „Wenn Sie sich dann jetzt hineinbegeben und zum Altar vorgehen wollen“, wandte sie sich an Oliver und Tristan.
Oliver ging voraus. Beim Altar angekommen, richtete er Tristans Krawatte.
„Lass meine Krawatte in Ruhe“, knurrte Tristan.
Oliver grinste. „Weißt du, du solltest es hinter dich bringen und es ihr sagen.“
Tristan zog mürrisch die Brauen zusammen. „Wem soll ich was sagen?“
Orgeltöne erklangen, und Oliver tupfte sich ein letztes Mal die Schweißtropfen von der Stirn. „Hör auf, so feige zu sein, Garrett. Jeder kann sehen, dass du in sie verliebt bist. Sag es ihr endlich.“
Tristan schluckte. „Muss ich wissen, von wem du redest?“
„Davon, dass du es ignorierst, verschwindet es nicht. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede. Ich hab’s versucht. Und jetzt lächle gefälligst. Deine Schwester bringt es sonst fertig und lässt uns die ganze Sache wiederholen.“ Ein unbeschreiblich glücklicher Ausdruck breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er sich umdrehte und seiner Braut entgegensah.
Auch Tristan schluckte, als er die Brautprozession auf den Altar zuschreiten sah, aber nicht wegen der Braut. Er hatte nur Augen für die Frau schräg hinter Jordana – Lily. Sie war so würdevoll, so schön und so voller Leben. Alle anderen verblassten neben ihr, sogar seine Schwester in ihrem traumhaften Brautkleid.
In diesem Moment war ihm, als fielen alle Puzzleteilchen an ihren Platz, als sähe er das vollständige, lückenlose Bild in seiner ganzen Herrlichkeit vor sich. Oliver hatte recht. Er liebte sie. Wahrscheinlich hatte er sie schon immer geliebt.
Eine Frage blieb allerdings noch zu klären. Eine essenzielle Frage.
Was empfand Lily für ihn?
Lily sah sich in dem großen Ballsaal um, den Jordana für den Empfang gemietet hatte. Überall runde Tische mit blütenweißem Leinen und einem wunderschönen Blumengesteck in der Mitte, an denen fröhliche Menschen saßen. Ja, es war die Hochzeit aus dem Bilderbuch, und nie hatte sie ihre Freundin glücklicher gesehen. Jordana strahlte von innen heraus, während sie lachend mit den Gästen plauderte.
„Ich wollte mich bei Ihnen bedanken, Miss Wild.“ Der Elfte Duke of Greythorn stand plötzlich überraschend neben Lilys Stuhl. „Dass Sie meiner Tochter immer eine gute und treue Freundin gewesen sind.“
„Ich bin es, die sich für Jordanas Freundschaft bedanken muss.“ Lily lächelte. Die offene Herzlichkeit des Herzogs erfreute sie zutiefst, wusste sie doch, dass er die Freundschaft zwischen den Mädchen früher nie gutgeheißen hatte.
„Tristan erzählte mir, was Sie im Laufe der Jahre für Jordana getan haben. Ich weiß, würden Ihre Eltern noch leben, wären sie stolz darauf, was aus Ihnen geworden ist.“
Lily fühlte Tränen in ihren Augen brennen, und hätte sie gestanden, hätte sie vermutlich vor diesem beeindruckenden Gentleman geknickst. Er schien zu spüren, mit welch überwältigenden Emotionen sie zu kämpfen hatte, tätschelte ihre Hand, wünschte ihr einen angenehmen Abend und kehrte wieder auf seinen Platz zurück.
Dann trat
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