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Zwergenbann: Roman

Zwergenbann: Roman

Titel: Zwergenbann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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verstehen; ihn erfüllten die gleichen Gefühle.
    Etwas mehr als eine halbe Stunde war seit der Begegnung mit dem Schrat verstrichen, als sie eine Stelle erreichten, an der die Felswand auf einer Länge von mehreren Dutzend Metern auf der rechten Seite des Pfades, dem sie folgten, steil abfiel und eine gute Aussicht auf die Hänge des Doralin freigab, die sie bereits erklommen hatten.
    Vielleicht täuschte die Perspektive etwas, aber es sah so aus, als hätten sie gerade erst den Fuß des Berges hinter sich gelassen und wären nicht annähernd so weit gekommen, wie Warlon gehofft hatte.
    »Wir sind zu oft in die Irre gelaufen«, stieß er zornig hervor. »Das hat viel Zeit gekostet, und wir haben wahrscheinlich mehr als die dreifache Strecke zurückgelegt.«
    Tatsächlich, so schätzte er, hätten sie die Strecke von der Höhle, in der sie die vergangene Nacht verbracht hatten, bis hierher mühelos im Laufe des Vormittags zurücklegen können, wenn sie sich hier ausgekannt und auf Anhieb den kürzesten Weg gewählt hätten.

    »Ich fürchte, wir werden niemanden finden, der uns den richtigen Weg über das Gebirge zeigt«, brummte Malcorion achselzuckend. »Also werden wir ihn auch weiterhin auf eigene Faust suchen müssen, und dabei werden wir auch zwangsläufig noch das ein oder andere Mal eine falsche Richtung einschlagen. Es bringt nichts, uns über etwas zu ärgern, das sich nicht ändern lässt. Suchen wir uns lieber einen Platz für die Nacht.«
    Es begann bereits zu dämmern, und nach Sonnenuntergang wurde es rasch dunkel - und noch kälter als am Tag - in den Bergen, aber auch diesmal hatten sie Glück. Der Berghang war so zerklüftet, dass es überall Einkerbungen, Ritzen und Spalten gab, von denen manche mehrere Meter tief in den Berg hineinführten und einige wenige sich sogar zu Höhlen erweiterten. Schon nach kurzem Suchen entdeckten sie eine Öffnung im Fels, hinter der eine gut zehn Schritte durchmessende Höhle lag; ein idealer Platz zum Übernachten.
    Diesmal gab es weit und breit kein Holz, mit dem sich ein Feuer entfachen ließ, nicht einmal etwas dürres Gestrüpp. Die einzigen Pflanzen, die in dieser Höhe noch wuchsen, waren einige vereinzelte Gräser.
    Um wenigstens den kalten Wind fernzuhalten, hängte Malcorion eine Decke vor den Eingang.
    Trotz der Kälte genoss es Warlon, wieder massiven Fels um sich herum zu spüren. Es war ein bisschen, als wären sie wieder in der Tiefenwelt, und obwohl er wusste, dass sie sich nicht unter der Erde, sogar nur an der äußersten Seite des Berges befanden, nur durch ein Stück Tuch von der Außenwelt getrennt, war es ein gutes Gefühl. Für ein paar Minuten gab er sich der Illusion hin, ehe Müdigkeit und Erschöpfung ihren Tribut forderten, und er einschlief.
    Selbst als er am nächsten Morgen aufwachte, hielt die Täuschung noch einige Sekunden lang an, und er wähnte sich wieder daheim in Elan-Dhor, bis ihm bewusst wurde, wo er sich wirklich befand. Ohne viel miteinander zu sprechen, aßen und tranken
sie etwas. In Gedanken waren sie alle bereits bei dem, was an diesem Tag vor ihnen liegen würde. Schon bald würden sie die Schneegrenze erreichen, und dann würde der Aufstieg erst richtig ungemütlich werden.
    Bevor sie aufbrachen, zogen sie jeden Fetzen Kleidung an, der sich noch in ihrem Gepäck befand, und das war auch dringend nötig. An diesem Tag schien es noch kälter als zuvor zu sein und die Temperatur fiel langsam aber beständig weiter, je höher sie ins Gebirge vordrangen.
    Glücklicherweise stießen sie auch diesmal wieder auf einen Pfad, bei dem es sich um ein ausgetrocknetes Bachbett zu handeln schien, und folgten ihm. Wie der Leib einer steinernen Schlange, die sich in den Fels gefressen hatte, führte der Weg in zahlreichen Windungen an der Flanke des Berges hinauf. Schon bald verwandelten sich die kleinen Pfützen, die sich in Vertiefungen des Gesteins beiderseits des Weges gebildet hatten, in glitzernde Eisnester, und bald darauf erreichten sie die Schneegrenze.
    Aus der feinen, puderähnlichen Schicht, die den Fels bedeckte, wurde schon bald eine mehr als knöcheltiefe Schneedecke, die ihr Vorankommen erschwerte. Die Temperaturen waren längst unter den Gefrierpunkt gefallen und machten ihnen erheblich zu schaffen.
    Erst jetzt erlaubte Malcorion ihnen, ihre zusammengerollt auf den Rucksäcken festgeschnallten Decken zu lösen und sie sich umzuhängen. Wäre es allein nach den Zwergen gegangen, hätten sie das schon bei ihrem Aufbruch

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