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Zwergenbann: Roman

Zwergenbann: Roman

Titel: Zwergenbann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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hören, was der Waldläufer bereits zuvor wahrgenommen hatte. Es handelte sich um etwas, das wie eine Mischung aus Pfeifen, Zirpen und Heulen klang, wobei die Töne so hoch waren, dass sie gerade noch im Bereich des Hörbaren lagen.
    Fragend blickte er Malcorion an, doch der zuckte nur mit den Schultern und zog sein Schwert. Die Zwerge taten es ihm gleich.
    Sie kletterten zwischen weiteren Felsbrocken hindurch, dann sahen sie plötzlich den Verursacher des Geräuschs vor sich. Das Wesen war kaum größer als einen halben Meter. Es besaß zwei kurze Arme und zwei ebenfalls ziemlich kurze Beine, dazu einen Leib, der wie ein halb aufgeblasener Sack schlaff herunterhing und ohne Hals in den Kopf überging. Seine dunkelgraue Haut war von Falten und Runzeln übersät, wirkte wie ein Stück stark verwitterter Fels. Bekleidet war das Wesen trotz der Kälte nur mit einem Lendenschurz.
    Der Grund, warum es so zeterte, war offensichtlich: Es war in eine primitive, aber wirkungsvolle Falle geraten. Eine Schlinge hatte sich um seinen Knöchel geschlossen und es nach oben gerissen, sodass es mit dem Kopf nach unten hilflos in etwa einem Meter Höhe hing. Als es die Ankömmlinge bemerkte, verstummte es und starrte ihnen mit großen Augen entgegen.
    Warlon begann zu lachen, und auch Lokin musste grinsen.
    »Ist das eines der gefürchteten Ungeheuer, von denen du erzählt hast?«, fragte er.
    »Wohl kaum«, erwiderte der Waldläufer. »Ich habe so etwas noch nie gesehen. Es sieht eigentlich recht harmlos aus. Ob es wohl intelligent ist?«
    »Das ist es«, bestätigte Warlon. »Zumindest intelligent genug, um eine Menge Unfug zu treiben und alles zu stehlen, dessen es habhaft werden kann. Das ist ein Schrat. In der Tiefenwelt haben
wir ständig Ärger mit den Burschen. Verschwinden wir von hier.«
    »Wartet mal«, widersprach Malcorion. »Wenn es sich um ein intelligentes Wesen handelt, dann können wir es nicht einfach hier hängen lassen. Es würde seinen Tod bedeuten.«
    Wie zur Bestätigung seiner Worte gab der Schrat erneut ein klagendes, hohes Fiepsen von sich.
    »Es ist nur ein Schrat«, sagte Warlon abfällig. »Was hier geschieht, geht uns nichts an. Wir sollten uns nicht einmischen. Irgendjemand muss diese Falle aufgestellt haben, und ich glaube nicht, dass dieser Jemand sehr erfreut darüber wäre, wenn wir seine Beute befreien. Womöglich befindet er sich irgendwo in der Nähe.«
    »Trotzdem«, beharrte Malcorion. »Wenn ich so gedacht hätte, dann hätte ich mich auch in eure Angelegenheiten nicht einzumischen brauchen, als ihr auf der Suche nach mir in den Finsterwald kamt und von den Trollen und Tzuul gejagt wurdet. Ich werde es befreien. Vielleicht kann es uns ja sogar helfen, das Gebirge zu überqueren.« Er trat auf das Wesen zu und durchtrennte mit seinem Schwert den Strick, durch den es gehalten wurde. Kopfüber stürzte es zu Boden, rappelte sich aber gleich wieder auf. »Ich weiß nicht, ob du mich verstehst, aber du brauchst keine Angst zu haben«, redete der Waldläufer auf den Schrat ein, steckte sein Schwert in die Scheide und streckte vorsichtig die Hand nach ihm aus. »Ich tue dir nichts.«
    »Natürlich versteht er dich«, sagte Warlon. »Schrate sind zwar Quälgeister, aber sie sind nicht dumm und können sehr wohl reden.«
    Ein Lächeln glitt über das zerknitterte Gesicht des Wesens. Blitzschnell schoss sein Kopf vor und noch bevor der Waldläufer reagieren konnte, biss es ihn kräftig in die Finger. Gleich darauf versetzte es ihm noch einen Tritt gegen das Schienbein, dann fuhr es herum und verschwand wieselflink in einem schmalen Spalt zwischen zwei Felsen.

    Lauthals fluchend schüttelte Malcorion seine Hand aus.
    »Ich habe dich gewarnt«, sagte Warlon mit einem breiten Grinsen, ohne sich die geringste Mühe zu geben, seine Schadenfreude zu verbergen. »Das kommt davon, wenn man Mitleid mit einem Schrat hat. Was hast du erwartet? Etwa Dankbarkeit?«
    »Schönen Dank für euer Mitgefühl«, stieß der Waldläufer giftig hervor und massierte seine Finger. Die Zähne des Schrats hatten deutliche Abdrücke in seiner Haut hinterlassen, die sogar leicht bluteten. Er warf noch einen letzten erbosten Blick in die Richtung, in der das Wesen verschwunden war, dann kehrten sie zum Pfad zurück und setzten schweigend ihren Aufstieg in das Gebirge fort.
     
     
    »Das ist alles, was wir geschafft haben?«, fragte Lokin mit einer Mischung aus Ungläubigkeit, Entsetzen und Verzweiflung. Warlon konnte ihn gut

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