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Zwergenbann: Roman

Zwergenbann: Roman

Titel: Zwergenbann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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Wir können froh sein, wenn wir es überhaupt noch zurück schaffen.«
    Genau das fürchtete auch Warlon. Nicht nur den anderen, auch ihm schien die Enttäuschung jede Kraft, jede Zuversicht geraubt zu haben. Dabei dachte er noch nicht einmal an die längerfristigen Konsequenzen ihres Scheiterns, war gar nicht in der Lage, an etwas anderes zu denken als daran, dass sie sämtliche Strapazen, die sie an diesem Tag durchlitten hatten, nun in umgekehrter Richtung noch einmal würden durchmachen müssen. Ein weiterer stundenlanger Marsch durch den Schnee, und das nur, um wieder dorthin zurückzukehren, von wo sie gekommen waren. Anschließend dann noch einmal mindestens ein halber Tagesmarsch, um wieder den Fuß der Berge zu erreichen und darüber nachzudenken, welche anderen Möglichkeiten ihnen noch blieben, um über die Grenze nach Udan zu gelangen.
    Aber Malcorion hatte recht, ihnen blieb nichts anderes übrig als eine Umkehr. Es hätte ihnen schon bewusst werden müssen, bevor sie in die Sackgasse gelaufen waren. Schon ein paar Stunden in dieser Hölle aus Schnee, Eis und Kälte hatten sie dem Tode deutlich näher gebracht. Auch wenn sie sich nicht verlaufen hätten und entgegen jeglicher Wahrscheinlichkeit von nun an stets den richtigen Weg finden würden, würden sie nicht noch mehrere weitere Tage und Nächte in dieser Umgebung überstehen, wahrscheinlich nicht einmal einen einzigen.
    Der Doralin hatte sie in die Knie gezwungen, dieser Tatsache mussten sie sich stellen, und daran war auch nichts zu beschönigen. Es gab für sie keinerlei Möglichkeit, ihn zu überwinden, jedenfalls nicht so schlecht, wie sie ausgerüstet waren.
    Nicht einmal echte Verzweiflung konnte Warlon empfinden. Die Kälte schien selbst seine Gefühle eingefroren zu haben. Alles, was er spürte, war eine tiefe Mutlosigkeit und Schwäche.
    »Ruhen wir uns wenigstens etwas aus«, murmelte er, doch Malcorion schüttelte den Kopf.
    »In dieser Kälte raubt eine Rast uns mehr Kraft, als sie uns
gibt«, behauptete er. »Wenn wir nur ein paar Minuten hier sitzen bleiben, kommen wir gar nicht mehr hoch, holen uns vielleicht sogar Erfrierungen. Solange wir gehen, halten die Bewegung und die Anstrengung uns wenigstens ein bisschen warm. Also los, hoch mit euch!«
    Warlon brauchte alle Willenskraft, die er noch aufbringen konnte, um sich wieder auf die Beine zu kämpfen und auch Ailin und Lokin hochzuziehen.
    Mit schleppenden Schritten machten sie sich auf den Rückweg. Sie gingen nun bergab, was ihnen den Marsch etwas erleichterte, außerdem versanken sie nicht mehr bei jedem Schritt bis zu den Knien im Schnee, da sie in den Spuren, die sie zuvor selbst gebahnt hatten, gehen konnten. Ein weiterer Vorteil war, dass der Wind ihnen nun nicht mehr ins Gesicht peitschte, dennoch hatte Warlon das Gefühl, dass sie kaum vorankamen. Nach einiger Zeit konnte er an nichts anderes mehr denken, als daran, sich an einem warmen, behaglichen Feuer auszustrecken und einzuschlafen.
    Immer wieder meinte er aus den Augenwinkeln Bewegungen zu entdecken, doch sobald er genauer hinsah, stellte er stets fest, dass seine Wahrnehmung ihn getäuscht hatte, oder dass nur der Wind etwas Schnee aufgewirbelt hatte. Einmal sah er sogar ganz deutlich ein paar Meter abseits des Weges ein Haus, aus dessen Kamin Rauch aufstieg und das Wärme und Gemütlichkeit verhieß. Er öffnete den Mund, um die anderen darauf aufmerksam zu machen, doch noch bevor er einen Ton herausbrachte, verschwand die Illusion und ließ nur Felsen und Schnee zurück.
    Warlon begriff, dass er zu halluzinieren begann, aber er war bereits zu lethargisch, als dass diese Erkenntnis ihn zu erschrecken vermochte.
    Von Zeit zu Zeit blickte er besorgt zu Ailin. Wenn sie es bemerkte, bemühte sie sich jedes Mal, sich ein aufmunterndes Lächeln abzuringen, das ihm zeigen sollte, dass mit ihr alles in Ordnung wäre, doch wirklich überzeugend wirkte es nicht. Immerhin
hielt sie durch, schleppte sich genau wie er und die anderen aus eigener Kraft voran.
    Nach einer Ewigkeit, wie es ihm vorkam, wurde die Schneeschicht endlich dünner und blieb wenig später ganz hinter ihnen zurück. Unter ihren Füßen befanden sich wieder nur Fels und Geröll.
    Im Vergleich zu der Eiseskälte am Ende der Schlucht, als sie sich zur Umkehr entschlossen hatten, mussten die Temperaturen bereits wieder beträchtlich gestiegen sein. Dennoch spürte er nichts davon. Er hatte das Gefühl, in einem unsichtbaren Kältepanzer zu stecken, der auch

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