Zwergenbann: Roman
hat. Dort werden wir es ebenfalls versuchen.«
Etwas zögernd stiegen auch die Zwerge ab. Erst als Warlon spürte, dass sich unter seinen Füßen massiver, gesunder Fels befand, der lediglich von einer dünnen, herangewehten Erdschicht bedeckt war, wich seine Skepsis. Sie befanden sich bereits auf den Wurzeln der Berge, wie die Zwerge es nannten.
Sie setzten sich auf den Boden, während Malcorion die Pferde ausschirrte und ihnen das Zaumzeug abnahm, dann rieb er ihr dampfendes Fell mit dem wenigen Gras, das hier noch zu finden war, trocken.
»Das war’s für euch, ihr habt uns treu gedient«, murmelte er und strich ihnen über den Kopf. »Lauft und sucht euch einen Platz, wo es mehr und saftigeres Gras für euch gibt. Möge ein gütiges Geschick euch auf sicheren Wegen zurück zu eurem Stall führen oder sonstwohin, wo es euch gefällt.«
Die Tiere reagierten nicht, starrten ihn vor Erschöpfung nur mit hängenden Köpfen an. Erst als er ihnen einen Klaps auf das Hinterteil gab, trotteten sie langsam, fast widerwillig davon. Nicht nur Ailin atmete auf, als sie sich entfernten. Obwohl sie es ohne die Tiere kaum bis hierher geschafft hätten, waren sie Warlon unheimlich.
»Für uns ist die Zeit zum Ausruhen leider noch nicht gekommen«, wandte sich der Waldläufer an die Zwerge. »Heute haben wir unsere Füße schonen können; es wird Zeit, dass wir sie wieder ein bisschen bewegen, damit wir nicht einrosten. Solange es noch hell ist, sollten wir versuchen, einen besseren Platz für die Nacht zu finden.«
Warlon warf einen Blick zurück auf das tote Land. Trotz seiner Müdigkeit war auch er nicht versessen darauf, hier, so dicht an seinen Ausläufern, zu rasten. Zwar konnten sich die Ghoule nicht durch den Fels graben, aber vielleicht wurden sie im Schutz der Dunkelheit mutiger und schlichen sich über die Oberfläche an sie heran. Erst höher in den Bergen würde er sich sicherer fühlen.
Immer steiler und unwegsamer wurde das Gelände nun, doch nach einiger Zeit stießen sie auf eine Art natürlich entstandenen Pfad, der an der Flanke des Berges entlang hinaufführte und ihnen ihr Vorankommen ungemein erleichterte.
Als sie eine kleine Höhle entdeckten, beschlossen sie, dort die Nacht zu verbringen, obwohl es noch mindestens eine halbe
Stunde hell bleiben würde. Aber es war fraglich, ob sie noch einmal einen so geeigneten Ort für ein Nachtlager finden würden, und sie waren alle durchgefroren von dem mittlerweile schneidenden Wind, der von den Berghängen herabfegte. Malcorion entfachte ein Feuer, um die Kälte wenigstens vorübergehend aus der Höhle zu vertreiben. Aus Mangel an trockenem Holz konnten sie es jedoch nicht lange am Brennen halten.
Am nächsten Morgen gelang es Malcorion, noch einmal ein wenig Holz zu sammeln. Es reichte gerade aus, einen Kessel mit Wasser zum Kochen zu bringen, in dem er aus getrockneten Kräutern eine Art Tee zubereitete. Der Sud schmeckte scheußlich, aber wenigstens wärmte die heiße Flüssigkeit sie von innen.
Den gesamten Tag stiegen sie an den Flanken des Berges höher. Es gab Pfade hier, doch waren sie auf natürlichem Wege entstanden, und längst nicht alle erwiesen sich als gute Wahl. Mehr als einmal endeten sie im Nichts, an einem Abgrund oder einer Felswand, die zu steil war, um sie zu ersteigen. Dann blieb ihnen nichts anderes übrig, als umzukehren und ein gutes Stück Weges zurückzugehen, manchmal eine Stunde lang oder sogar mehr.
Einmal entdeckten sie weit vorne Wild, eine Art Gemse, die zu ihrem Leidwesen jedoch bei ihrem Näherkommen mit hastigen Sätzen floh. Malcorion hatte bereits nach seinem Bogen gegriffen, um das Tier zu erlegen und ihre schwindenden Vorräte zu ergänzen, doch es war zu schnell gewesen.
Ansonsten begegneten sie zu Warlons Erleichterung keinem Bewohner der Bergwelt. Von den Monstern, die hier angeblich hausen sollten, war weit und breit nichts zu entdecken. Möglicherweise handelte es sich bei den Ruul ja doch nur um eine Legende.
Als wären seine Gedanken ein Auslöser gewesen, verharrte Malcorion plötzlich. Warlon wollte fragen, was los sei, doch mit einer Handbewegung bedeutete der Waldläufer ihm, still zu bleiben. Einige Sekunden lang lauschte er mit schräg gelegtem Kopf und sein Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an. Auch Warlon
horchte angestrengt, doch außer dem Heulen des Windes konnte er absolut nichts hören.
Malcorion wich vom Pfad ab. Sie umrundeten einen großen Felsbrocken, und jetzt konnte auch Warlon
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