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Zwergenbann: Roman

Zwergenbann: Roman

Titel: Zwergenbann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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älter geworden. So wie ich, wie wir alle. Wie unser ganzes Volk, das bald nicht mehr an diesen Gestaden weilen wird, die ohne uns öde und trostlos sein werden. Bist du gekommen, um uns die letzte Ehre zu erweisen?«
    Wieder starrte er nur mit leerem Blick vor sich hin, schien die Anwesenheit des Waldläufers bereits vergessen zu haben und erneut in seiner Schwermut versunken zu sein. Ganz anders Malcorion, der sich mit sichtlicher Erschütterung abwandte.

    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Ailin.
    »Der Fluch der Elben«, stieß Malcorion mit brüchiger Stimme hervor. »Das, was mit diesem ganzen Volk geschieht, was es tötet. Seine Melancholie, seine Trauer um sich selbst. Es nimmt an nichts mehr Anteil. Die Jüngeren weigern sich, erwachsen zu werden, leben nur für den Augenblick und haben außer Vergnügungen nichts mehr im Sinn. Noch bei meinem letzten Besuch war auch Thiawon so. Aber früher oder später holt das Alter sie doch irgendwann ein. Sie werden sich der Lage ihres Volkes bewusst und verfallen in Resignation, warten nur noch auf das Ende. Ihr habt es ja gerade selbst erlebt. Ein großer Teil des Elbenvolkes schwankt mittlerweile zwischen diesen beiden Extremen.« Er warf noch einmal einen Blick zu dem in sich gekehrten Elb, dann wandte er sich ab. »Kommt weiter, ich ertrage es nicht, ihn so zu sehen.«
    Trotz der Wärme um sie herum schauderte Warlon plötzlich. Der Waldläufer hatte nicht übertrieben, als er davon gesprochen hatte, dass dieses Volk zum Untergang verurteilt war, aber hauptsächlich deshalb, weil es sich längst aufgegeben hatte, nur noch vergangenen Zeiten hinterherträumte und sich selbst bedauerte.
    Mit einem Mal begann er tatsächlich so etwas wie Verständnis für Lhiuvan und dessen Verhalten zu verspüren. Auch er würde schier unerträglichen Zorn fühlen, wenn sein Volk sich auf diese Art entwickeln würde, während er selbst immer noch so wäre wie jetzt und er nichts gegen das Verhängnis unternehmen könnte, und vielleicht würde auch er diesen Zorn blindlings auf alle entladen, die fremd und anders wären.
    Vielleicht mochte es auch für das Zwergenvolk keine große Zukunft mehr geben, aber es gab doch einen großen Unterschied. Sie verfielen nicht in Resignation und ergingen sich in Selbstmitleid, sondern stellten sich den Herausforderungen und kämpften gegen das Schicksal an.
    Warlons Hoffnungen, an diesem Ort Hilfe zu finden, schwanden immer mehr.

    Sie stiegen ganz zum Grund des Tals hinab und ließen die Wohnstätten der Elben hinter sich. In der Nähe des Flussufers wanderten sie unter den Kronen der Bäume durch die goldenen Gärten und Parks, aber Warlon achtete kaum auf die Schönheit der Umgebung.
    Was er in der Stadt beobachtet hatte, setzte sich auch hier fort. Eine Gruppe von gut zwei Dutzend Elben tanzte in einem der Gärten herum. Die meisten von ihnen waren Kinder und Jugendliche, aber auch mehrere Erwachsene waren dabei. Ein albernes Lied singend kamen sie auf den Waldläufer und die Zwerge zu, fassten sich an den Händen und tanzten ein paar Mal in einem Kreis um sie herum, ehe sie sich lachend wieder entfernten.
    Andere Elben hingegen saßen irgendwo oder wanderten gedankenverloren und mit leerem Blick umher, fast wie Schlafwandler. Oder als würden sie geistig in einer völlig anderen Welt leben. Gelegentlich begann einer von ihnen ohne erkennbaren Anlass über irgendetwas zu klagen. Warlon fiel auf, dass es sich vor allem um Männer handelte.
    »Was ist mit den Frauen?«, wandte er sich an Malcorion. »Bislang haben wir erst wenige Elbenfrauen zu Gesicht bekommen.«
    »Sie sind praktischer veranlagt, vielleicht auch pragmatischer«, behauptete der Waldläufer. »Deshalb sind sie für das Selbstmitleid und Jammern nicht so anfällig. Hauptsächlich sorgen sie dafür, dass alles seinen geregelten Gang geht.«
    »Ha, die Frauen arbeiten, und die Männer sitzen faul herum«, sagte Lokin lachend. »So könnte mir das auch gefallen.«
    »Dummschwätzer«, fuhr Ailin ihn an. »Wärst du wirklich gerne so wie die da?« Sie deutete auf einige Elben, die ihnen mit gesenkten Köpfen und leidvollen Mienen entgegenkamen. Lokin antwortete nicht.
    »Aber was ist mit Lhiuvan?«, fragte Warlon. »Du sagtest, er wäre noch so, wie die Elben früher waren, und er wäre nicht der Einzige.«
    »Sie sind so etwas wie Rebellen. Das Erbe ihres Volkes ist noch
stark in ihnen, und sie haben sich als immun gegen Resignation und Selbstaufgabe erwiesen. Lange Zeit haben sie

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